182 | Jens Röhrkasten
die zunächst von Umbrien aus in andere Teile Italiens, dann aber auch in entferntere
Regionen gesandt wurden, scheinen zunächst regelmäßig wieder nach Assisi
zurückgekehrt zu sein, wo sie sich auf ihren Kapiteln trafen, doch ab 1219 wurden
zuerst in Italien Ordensprovinzen eingerichtet, deren Zahl mit der Entwicklung
des Ordens zunahm. ³ Entsprechend dem Aufbau der beiden Orden wiesen die auf
dieser Unterteilung aufbauenden Strukturen deutliche Parallelen auf; sie bestanden
aus regelmäßigen Konventskapiteln, Provinzial- und Generalkapiteln, in denen
Normen schärfer definiert oder Konstitutionen modifiziert werden konnten. Dazu
kamen bei den Franziskanern die Kapitel der Kustodien. ⁴ Damit verbunden waren
die in ihrer Praxis weitgehend unabhängigen Visitationen, die als weitere Kontrollinstanz
fungierten. Bei den Dominikanern wurden sie noch vom Ordensgründer
eingesetzt, bei den Franziskanern sind sie seit 1229 nachweisbar. ⁵ Konformität und
Disziplin wurden im Extremfall mit Hilfe von Sanktionen durchgesetzt, die sich
in beiden Orden in Anlehnung an die Praktiken des traditionellen Mönchtums zu
einem tief gestaffelten Spektrum von Maßnahmen entwickelten, in denen auch die
Inhaftierung von Religiosen oder sogar ihre Entfernung aus der Gemeinschaft vorgesehen
war. Die Amtsführung sowie die Lebensführung und Disziplin aller Prioren
und Minister sowie ihrer Stellvertreter unterlag ebenfalls der Kontrolle, die
es Vorgesetzten oder Gremien ermöglichte, sie zu maßregeln oder gegebenenfalls
sogar zu suspendieren oder abzusetzen. ⁶
3 Max Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche, 2 Bde., Paderborn 1907, Bd.
2, S. 328; Provinciale Ordinis Fratrum Minorum vetustissimum secundum codicem Vaticanum Nr. 1960,
hg. von Konrad Eubel, Quaracchi 1892, S. 5 – 8; Girolamo Golubovich, Series provinciarum Ordinis
Fratrum Minorum saec. XIII et XIV, in: Archivum Franciscanum Historicum 1, 1908, S. 1–22; Andrew
George Little, The Constitution of Provincial Chapters in the Minorite Order, in: Essays in Medieval
History Presented to Thomas Frederick Tout, hg. von Andrew George Little/Frederick Maurice Powicke,
Manchester 1925, S. 249 –267.
4 Georgina Rosalie Galbraith, The Constitution of the Dominican Order 1216 to 1360, Manchester 1925,
S. 40 –109; William Hinnebusch, The History of the Dominican Order. Origins and Growth to 1500,
Bd. 1, New York 1966, S. 176 –187, 346 f.; Heribert Holzapfel, Handbuch der Geschichte des Franziskanerordens,
Freiburg im Breisgau 1909, S. 157 f., 185 –190; Simon Tugwell, The Evolution of Dominican
Structures of Government. I: The First and the Last Abbot, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 69,
1999, S. 5 – 60; Ders., II: The First Dominican Provinces, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 70, 2000,
S. 5 –109; Ders., III: The Early Development of the Second Distinction of the Constitutions, in: Archivum
Fratrum Praedicatorum 71, 2001, S. 5 –183; Ders., IV: Election, Confirmation and ‚Absolution‘ of Superiors,
in: Archivum Fratrum Praedicatorum 72, 2002, S. 26 –159; Ders., V: Terminology, Nomenclature and
ordo of Dominican Provinces, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 75, 2005, S. 29 –94.
5 Galbraith, The Constitution (wie Anm. 4), S. 142; Anno Domini 1229 frater Johannes Anglicus primus
visitator in Theutoniam est missus. Chronica Fratris Jordani, hg. von Heinrich Boehmer (Collection
d’Études et de Documents 6), Paris 1908, cap. 56, S. 49; John Moorman, A History of the Franciscan
Order, Oxford 1968, S. 98.
6 Zur Autorität der Diffinitoren im dominikanischen Provinzialkapitel: Si autem, quod absit, incorrigibilis
extiterit, ipsum usque ad capitulum generale suspendant ab officio prioratus, priorem loci, ubi capitulum
provinciale celebratur, loco eius substituentes, et excessum eius ad capitulum referant generale
scripto communiter sigillato. Antoninus Hendrik Thomas, De oudste Constituties van de Dominicanen
die zunächst von Umbrien aus in andere Teile Italiens, dann aber auch in entferntere
Regionen gesandt wurden, scheinen zunächst regelmäßig wieder nach Assisi
zurückgekehrt zu sein, wo sie sich auf ihren Kapiteln trafen, doch ab 1219 wurden
zuerst in Italien Ordensprovinzen eingerichtet, deren Zahl mit der Entwicklung
des Ordens zunahm. ³ Entsprechend dem Aufbau der beiden Orden wiesen die auf
dieser Unterteilung aufbauenden Strukturen deutliche Parallelen auf; sie bestanden
aus regelmäßigen Konventskapiteln, Provinzial- und Generalkapiteln, in denen
Normen schärfer definiert oder Konstitutionen modifiziert werden konnten. Dazu
kamen bei den Franziskanern die Kapitel der Kustodien. ⁴ Damit verbunden waren
die in ihrer Praxis weitgehend unabhängigen Visitationen, die als weitere Kontrollinstanz
fungierten. Bei den Dominikanern wurden sie noch vom Ordensgründer
eingesetzt, bei den Franziskanern sind sie seit 1229 nachweisbar. ⁵ Konformität und
Disziplin wurden im Extremfall mit Hilfe von Sanktionen durchgesetzt, die sich
in beiden Orden in Anlehnung an die Praktiken des traditionellen Mönchtums zu
einem tief gestaffelten Spektrum von Maßnahmen entwickelten, in denen auch die
Inhaftierung von Religiosen oder sogar ihre Entfernung aus der Gemeinschaft vorgesehen
war. Die Amtsführung sowie die Lebensführung und Disziplin aller Prioren
und Minister sowie ihrer Stellvertreter unterlag ebenfalls der Kontrolle, die
es Vorgesetzten oder Gremien ermöglichte, sie zu maßregeln oder gegebenenfalls
sogar zu suspendieren oder abzusetzen. ⁶
3 Max Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche, 2 Bde., Paderborn 1907, Bd.
2, S. 328; Provinciale Ordinis Fratrum Minorum vetustissimum secundum codicem Vaticanum Nr. 1960,
hg. von Konrad Eubel, Quaracchi 1892, S. 5 – 8; Girolamo Golubovich, Series provinciarum Ordinis
Fratrum Minorum saec. XIII et XIV, in: Archivum Franciscanum Historicum 1, 1908, S. 1–22; Andrew
George Little, The Constitution of Provincial Chapters in the Minorite Order, in: Essays in Medieval
History Presented to Thomas Frederick Tout, hg. von Andrew George Little/Frederick Maurice Powicke,
Manchester 1925, S. 249 –267.
4 Georgina Rosalie Galbraith, The Constitution of the Dominican Order 1216 to 1360, Manchester 1925,
S. 40 –109; William Hinnebusch, The History of the Dominican Order. Origins and Growth to 1500,
Bd. 1, New York 1966, S. 176 –187, 346 f.; Heribert Holzapfel, Handbuch der Geschichte des Franziskanerordens,
Freiburg im Breisgau 1909, S. 157 f., 185 –190; Simon Tugwell, The Evolution of Dominican
Structures of Government. I: The First and the Last Abbot, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 69,
1999, S. 5 – 60; Ders., II: The First Dominican Provinces, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 70, 2000,
S. 5 –109; Ders., III: The Early Development of the Second Distinction of the Constitutions, in: Archivum
Fratrum Praedicatorum 71, 2001, S. 5 –183; Ders., IV: Election, Confirmation and ‚Absolution‘ of Superiors,
in: Archivum Fratrum Praedicatorum 72, 2002, S. 26 –159; Ders., V: Terminology, Nomenclature and
ordo of Dominican Provinces, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 75, 2005, S. 29 –94.
5 Galbraith, The Constitution (wie Anm. 4), S. 142; Anno Domini 1229 frater Johannes Anglicus primus
visitator in Theutoniam est missus. Chronica Fratris Jordani, hg. von Heinrich Boehmer (Collection
d’Études et de Documents 6), Paris 1908, cap. 56, S. 49; John Moorman, A History of the Franciscan
Order, Oxford 1968, S. 98.
6 Zur Autorität der Diffinitoren im dominikanischen Provinzialkapitel: Si autem, quod absit, incorrigibilis
extiterit, ipsum usque ad capitulum generale suspendant ab officio prioratus, priorem loci, ubi capitulum
provinciale celebratur, loco eius substituentes, et excessum eius ad capitulum referant generale
scripto communiter sigillato. Antoninus Hendrik Thomas, De oudste Constituties van de Dominicanen