Metadaten

Innovationen durch Deuten und Gestalten: Klöster im Mittelalter zwischen Jenseits und Welt — Klöster als Innovationslabore, Band 1: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

DOI Artikel:
Ertl, Thomas: Pragmatische Visionäre? Die mendikantische Sicht der Welt im 13. Jahrhundert
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31468#0254
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Pragmatische Visionäre?
Die mendikantische Sicht der Welt im 13. Jahrhundert
Thomas Ertl
Eine mendikantische Sicht der Welt hat es nie gegeben, zumindest nicht im engen
Wortsinn. Die weiblichen und männlichen Mitglieder der großen und kleinen
Bettelorden kamen zwar zu einem beträchtlichen Teil aus einer ähnlichen sozialen
Schicht: eher städtisch als ländlich, eher bürgerlich als adelig, eher besitzend als
mittellos. ¹ Bildungsgrad, Motivation des Ordenseintritts, Ziele des mönchischen
Lebens sowie individuelle Ansichten und Persönlichkeit variierten jedoch zwischen
und innerhalb von Ländern, Konventen und Generationen. ² Diese große innere
Diversität ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, in welcher Geschwindigkeit
sich vor allem die beiden großen Bettelorden im 13. Jahrhundert ausbreiteten und
damit zur Heimat von Tausenden von Laien und Klerikern wurden. ³ Trotz einer
zunehmenden Klerikalisierung und Standardisierung der Novizenausbildung wird
man auch in späteren Jahrhunderten nicht von einer intellektuellen Gleichschaltung
der Bettelmönche sprechen können. ⁴ Die inneren Spannungen und Spaltungen
1 Zur gehobenen sozialen Herkunft vieler Mitglieder des Franziskanerordens vgl. Williel Thomson, Friars
in the Cathedral. The First Franciscan Bishops, 1226 –1261, Toronto 1975, S. 150 f.
2 Zu Franziskus selbst vgl. Kaspar Elm, Franziskus und Dominikus. Wirkungen und Antriebskräfte zweier
Ordensstifter, in: Ders., Vitasfratrum. Beiträge zur Geschichte der Eremiten- und Mendikantenorden des
zwölften und dreizehnten Jahrhunderts. Festgabe zum 65. Geburtstag, hg. von Dieter Berg, Werl 1994,
S. 121–142.
3 John Moorman, A history of the Franciscan order from its origins to the year 1517, Oxford 1968, S. 155 –
176; Jacques Le Goff, Apostolat mendiant et fait urbain dans la France médiévale: l’implantation géographique
et sociologique des ordres mendiants (XII ᵉ –XV ᵉ s.), in: Revue d’histoire de l’église de France
54, 1968, S. 69 –76; Rosalind B. Brooke, La prima espansione francescana in Europa, in: Espansione del
Francescanismo tra Occidente e Oriente nel secolo XIII. Atti del VI Convegno internazionale, Assisi,
12–14 ottobre 1978 (Atti del convegno internazionale/Società internazionale di studi Francescani 6), Assisi
1979, S. 123 –150.
4 Zur Klerikalisierung vgl. Lawrence Landini, The Causes of the Clericalization of the Order of Friars
Minor (1209 –1260) in the Light of Early Franciscan Sources, Chicago 1968. Zur Entwicklung des Noviziats
Mirko Breitenstein, Das Noviziat im hohen Mittelalter. Zur Organisation des Eintrittes bei den
Cluniazensern, Cisterziensern und Franziskanern (Vita regularis. Abhandlungen 38), Münster 2008. Zu
Gehorsam vgl. Oboedientia. Formen und Grenzen von Macht und Unterordnung im mittelalterlichen
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften