148 | Christina Lutter
ferenz zu soziologischen Kategorien: Was »monastisch« gedacht Inklusion meint,
ist soziologisch formuliert Ausschluss aus der Gesellschaft. Zugleich lässt sich die
monastische Semantik systemtheoretisch auch als »Selbstexklusion in einer stratifizierten
Gesellschaft lesen, als Exklusion aus der Inklusion auch in den Stand«. ⁹
Aber was bedeutet das jeweils für die Praxis – und zwar sowohl für jene der
Verhandlung von Reformvorstellungen und ihrer Umsetzung in normative Vorschriften
als auch für jene der jeweils kontextspezifischen religiösen Lebensformen?
Beide Beiträge setzen sich anhand unterschiedlicher Überlieferungsformen
mit dieser Frage auseinander. Ein Kernaspekt des Verhältnisses zwischen Kloster
und Welt ist für koinobitisch lebende Menschen ihre Bindung an das Kloster,
praktisch gewandt in die Bestimmungen zur Klausur, die für Männer und Frauen
unterschiedlich bewertet wurde. ¹⁰ Die Aspekte der ortsgebundenen gemeinsamen
spirituellen und sozialen Praxis zur Einübung und Perfektionierung von monastischen
Tugenden betonen beide Beiträge. Aber – um die Eingangsfragen Röckeleins
aufzunehmen – was leistet Inklusion für die betroffenen Personen, Institutionen
sowie für die Gesellschaft? Und wie entsteht aus einer Gruppe von Menschen, die
sich aus vergleichbaren, aber auch unterschiedlichen Motiven, mehr oder weniger
freiwillig für ein Leben im Kloster entschieden haben, eine geistliche Gemeinschaft?
Oder anders gefragt: Wie kann der soziale Raum »Kloster« Rahmen dafür werden,
dass soziale Gruppen zu Gemeinschaften werden und als solche nachhaltig Bestand
haben? ¹¹ Generell wird man davon ausgehen dürfen, dass nicht nur Inklusion bzw.
Exklusion an sich, sondern vor allem die regelmäßige Praxis des täglichen gemeinsa-
9 Alois Hahn/Cornelia Bohn, Partizipative Identität, Selbstexklusion und Mönchtum, in: Das Eigene
und das Ganze. Zum Individuellen im mittelalterlichen Religiosentum, hg. von Gert Melville/Markus
Schürer (Vita regularis. Abhandlungen 16), Münster 2002, S. 3 –25, hier S. 16.
10 Grundsätzlich Jean Leclercq, La clôture. Points de repère historiques, in: Collectanea Cisterciensia 43,
1981, S. 366 –376; Gisela Muschiol, Von Benedikt bis Bernhard. Klausur zwischen Regula und Realität,
in: 9. Internationaler Regula-Benedicti-Kongreß, Rom, 9.–14. September 1996 (Regulae Benedicti Studia
19), St. Ottilien 1997, S. 27– 42. Zur rezenten Diskussion vgl. die gesammelten Aufsätze von Franz Josef
Felten, Vita religiosa sanctimonialium. Norm und Praxis des weiblichen religiösen Lebens vom 6. bis
zum 13. Jahrhundert, hg. von Christine Kleinjung, Korb 2011; die Beiträge in: Female ›vita religiosa‹
between Late Antiquity and the High Middle Ages. Structures, developments and spatial contexts, hg.
von Gert Melville/Anne Müller (Vita regularis. Abhandlungen 47), Berlin 2011; weitere bibliografische
Angaben im Beitrag von Hedwig Röckelein in diesem Band.
11 Grundlegend zur Konzeption des Begriffs der sozialen Gruppen ist Otto Gerhard Oexle, Soziale Gruppen
in der Ständegesellschaft: Lebensformen des Mittelalters und ihre historischen Wirkungen, in: Die
Repräsentation der Gruppen. Texte – Bilder – Objekte, hg. von dems./Andrea von Hülsen-Esch, Göttingen
1998, S. 9 – 44. Vgl. zum Verhältnis von Gruppen und Gemeinschaften Christina Lutter, Social
Groups, Personal Relations, and the Making of Communities in Medieval vita monastica, in: Making
Sense as Cultural Practice. Historical Perspectives, hg. von Jörg Rogge (Mainzer Historische Kulturwissenschaften
17), Bielefeld 2013, S. 45 – 61. U. a. diesen Fragen widmet sich auch mein Forschungsprojekt
»Social and Cultural Communities in High and Late Medieval Central Europe« im Rahmen des vom
österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) geförderten SFB 42 VIS-
COM »Visions of Community« siehe http://www.univie.ac.at/viscom/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2014).
ferenz zu soziologischen Kategorien: Was »monastisch« gedacht Inklusion meint,
ist soziologisch formuliert Ausschluss aus der Gesellschaft. Zugleich lässt sich die
monastische Semantik systemtheoretisch auch als »Selbstexklusion in einer stratifizierten
Gesellschaft lesen, als Exklusion aus der Inklusion auch in den Stand«. ⁹
Aber was bedeutet das jeweils für die Praxis – und zwar sowohl für jene der
Verhandlung von Reformvorstellungen und ihrer Umsetzung in normative Vorschriften
als auch für jene der jeweils kontextspezifischen religiösen Lebensformen?
Beide Beiträge setzen sich anhand unterschiedlicher Überlieferungsformen
mit dieser Frage auseinander. Ein Kernaspekt des Verhältnisses zwischen Kloster
und Welt ist für koinobitisch lebende Menschen ihre Bindung an das Kloster,
praktisch gewandt in die Bestimmungen zur Klausur, die für Männer und Frauen
unterschiedlich bewertet wurde. ¹⁰ Die Aspekte der ortsgebundenen gemeinsamen
spirituellen und sozialen Praxis zur Einübung und Perfektionierung von monastischen
Tugenden betonen beide Beiträge. Aber – um die Eingangsfragen Röckeleins
aufzunehmen – was leistet Inklusion für die betroffenen Personen, Institutionen
sowie für die Gesellschaft? Und wie entsteht aus einer Gruppe von Menschen, die
sich aus vergleichbaren, aber auch unterschiedlichen Motiven, mehr oder weniger
freiwillig für ein Leben im Kloster entschieden haben, eine geistliche Gemeinschaft?
Oder anders gefragt: Wie kann der soziale Raum »Kloster« Rahmen dafür werden,
dass soziale Gruppen zu Gemeinschaften werden und als solche nachhaltig Bestand
haben? ¹¹ Generell wird man davon ausgehen dürfen, dass nicht nur Inklusion bzw.
Exklusion an sich, sondern vor allem die regelmäßige Praxis des täglichen gemeinsa-
9 Alois Hahn/Cornelia Bohn, Partizipative Identität, Selbstexklusion und Mönchtum, in: Das Eigene
und das Ganze. Zum Individuellen im mittelalterlichen Religiosentum, hg. von Gert Melville/Markus
Schürer (Vita regularis. Abhandlungen 16), Münster 2002, S. 3 –25, hier S. 16.
10 Grundsätzlich Jean Leclercq, La clôture. Points de repère historiques, in: Collectanea Cisterciensia 43,
1981, S. 366 –376; Gisela Muschiol, Von Benedikt bis Bernhard. Klausur zwischen Regula und Realität,
in: 9. Internationaler Regula-Benedicti-Kongreß, Rom, 9.–14. September 1996 (Regulae Benedicti Studia
19), St. Ottilien 1997, S. 27– 42. Zur rezenten Diskussion vgl. die gesammelten Aufsätze von Franz Josef
Felten, Vita religiosa sanctimonialium. Norm und Praxis des weiblichen religiösen Lebens vom 6. bis
zum 13. Jahrhundert, hg. von Christine Kleinjung, Korb 2011; die Beiträge in: Female ›vita religiosa‹
between Late Antiquity and the High Middle Ages. Structures, developments and spatial contexts, hg.
von Gert Melville/Anne Müller (Vita regularis. Abhandlungen 47), Berlin 2011; weitere bibliografische
Angaben im Beitrag von Hedwig Röckelein in diesem Band.
11 Grundlegend zur Konzeption des Begriffs der sozialen Gruppen ist Otto Gerhard Oexle, Soziale Gruppen
in der Ständegesellschaft: Lebensformen des Mittelalters und ihre historischen Wirkungen, in: Die
Repräsentation der Gruppen. Texte – Bilder – Objekte, hg. von dems./Andrea von Hülsen-Esch, Göttingen
1998, S. 9 – 44. Vgl. zum Verhältnis von Gruppen und Gemeinschaften Christina Lutter, Social
Groups, Personal Relations, and the Making of Communities in Medieval vita monastica, in: Making
Sense as Cultural Practice. Historical Perspectives, hg. von Jörg Rogge (Mainzer Historische Kulturwissenschaften
17), Bielefeld 2013, S. 45 – 61. U. a. diesen Fragen widmet sich auch mein Forschungsprojekt
»Social and Cultural Communities in High and Late Medieval Central Europe« im Rahmen des vom
österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) geförderten SFB 42 VIS-
COM »Visions of Community« siehe http://www.univie.ac.at/viscom/ (zuletzt abgerufen am 4.3.2014).