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Arno
Scutum canonicorum: Edition, Übersetzung, Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 11: Regensburg: Schnell + Steiner, 2022

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https://doi.org/10.11588/diglit.72133#0038
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2.3 Struktur und Inhalt

37

findet.146 Der Verzehr von Fleisch solle jedoch den Kranken, den Knaben und den
Schwachen sowie den Gästen zur Stärkung gereicht werden.147 Außerdem wird nach
Arnos Scutum den ärmeren Konventen, die nicht genügend über Fisch- und Milch-
produkte verfügten, der Gebrauch von Fett zur Zubereitung von Gemüse und Hülsen-
früchten dienstags und donnerstags gestattet.148 In diesem Aspekt orientiert sich
Arno an den Marbacher Consuetudines, die den Verzehr von Fleisch an bestimmten
Tagen für den gesamten Konvent zuließen.149 Arno kritisiert in diesem Kontext die-
jenigen Stifte, in denen der Fleisch- und Fettgenuss grundsätzlich verboten und nicht
einmal Gästen, Kranken oder Knaben erlaubt war. Diese würden sich anmaßen, „hei-
liger, besser, weiser und umsichtiger als Augustinus und Benedikt sein" zu wollen.150
„Aber wir wagen es in Übereinstimmung mit dem Ausspruch des Apostels auch
nicht, diejenigen zu verachten, die [Fleisch] essen und den Fleischverzehr maßvoll
einmal oder zweimal in der Woche den Tischen der unter der Regel lebenden Brüder
gestatten."151 Arno interpretiert dieses grundsätzliche Verbot des Fleischverzehrs
eher als Zeichen von Aberglaube denn als Frömmigkeit, da es weder von den Weisun-
gen der Regel noch durch das Vorbild der Vorgänger vorgegeben sei.152 Insgesamt
tritt Arno hinsichtlich der Abstinenz für eine gemäßigte Linie ein, die jedoch Inter-
pretationsspielraum in beide Richtungen zulässt und daher durchaus einen versöhn-
lichen und vermittelnden Charakter besitzt.
Schweigen, Schriftlesung und Psalmengesang
In seinem Scutum normiert Arno zudem die Zeit des Schweigens, das er als Pflege
der Frömmigkeit (cultum esse pietatis silentium) definiert.153 Das Schweigegebot
gilt nachts und während des Gottesdienstes, in den Zeiten der Schriftlesung (zwei

146 Consuetudines canonicorum regularium Springirsbacenses-Rodenses, ed. Weinfurter, CCCM
48, cap. 35, 199, S. 107.

147 Scientes quoque bonum esse non comedere carnes, sie in communibus refectoriis esum earum
abstinent, ut tamen earum usum infirmis, quousque vires reparent, puerisque ac debilibus nec
non et hospitibus, convenientibus temporibus et locis non negent. Arno von Reichersberg, Scutum
canonicorum, S. 160.

148 Vgl. ebd.

149 Vgl. Siegwart, Consuetudines, cap. 96-97, §§ 223-225, S. 204-205; Weinfurter, Salzburger Bis-
tumsreform, S. 277.

150 Nam esse velle quempiam nostri temporis hominem Augustino et Benedicto sanctiorem, meliorem,
sapientiorem ac discretiorem... Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 160.

151 Sed neque comedentes et usum carnium semel aut bis in ebdomada mensis regularium fratrum
temperat^ admittentes; apostolica conventi sententia spernere audemus, maxime si in illis regio-
nibus vectitant, ubifratrum eiusdem ordinis districtius viventium maior multitudo aliud fieri non
requirat. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 162.

152 ... sicut esse puto, supersticionis aliquid presumere cenobium, quod nec regularia dictant precep-
ta nec maiorum cohortantur exempla... Ebd.

153 Vgl. Arno von Reichersberg, Scutum canonicorum, S. 162. Zur Symbolkraft und Wertigkeit mo-
nastischen Schweigens siehe ausführlich Sonntag, Klosterleben, S. 248-262.
 
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