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Edition und Übersetzung 111
los, war leicht in die Flucht zu schlagen. Aber der Herr Bischof, der die Menge
schonen wollte, gab seinen Leuten Anordnung, dass sie noch ein wenig an ihrer
Stelle verharren sollten. Es fanden sich nun einige Männer, die es auf sich nahmen,
beiderseitige Friedensverhandlungen zu unternehmen. Und man kam zu
folgendem Vergleich: dass sie innerhalb von 15 Tagen dem Herrn Bischof nach
Gnade oder Recht die Sühneleistung erbringen müssten. Es handelte sich dabei
um die mächtigsten und angesehensten Männer des Landes, denen man wohl
vertrauen konnte.
43. Nachdem diese Angelegenheit so geregelt war, konnte es nicht mehr aufgeschoben
werden, dass er gemäß der Vereinbarung am folgenden Tag zum
Würzburger Bischof ²⁶⁶ nach Seligenstadt ²⁶⁷ eilte, um ihm mit der Handauflegung
die Bischofsweihe zu erteilen und ihm die Fülle des Amts zu übertragen. Aber
kaum, dass der Herr Metropolit die Stadt verlassen hatte, da brachen jene den
Vertrag, verletzten die Treue, zerstörten das Gut der Eintracht und brachten ²⁶⁸
Recht und Unrecht durcheinander. Zusammen mit dem ganzen Volk, dem er zuvor
Verzeihung gewährt hatte, besetzten sie in ungeheuerlicher und gotteslästerlicher
Vermessenheit sogar das Haus ²⁶⁹ des Herrn, nämlich die Domkirche ²⁷⁰ – auf dass
von dort selbst das Gericht käme –, versahen sie mit Waffen und verschanzten sich
darin. Und vor dem Altar, vor dem Tisch des Herrn, wo das Blut und der Leib
Christi bereitet werden, wo des Mysteriums der Leiden Christi gedacht wird, da
vollzogen sie einen ‚Gottesdienst‘ der Schamlosigkeit, bereiteten eine Lasterhöhle
abscheulicher Wollust, ein Bordell der Huren, einen Dirnentempel der sündhaftesten
Ausschweifungen und Unzucht. Nachdem ²⁷¹ sie dann die Türen aufgebrochen
hatten, drangen sie zur Schatzkammer des Domes vor, wo das Allerheiligste
aufbewahrt wurde, stellten Diebe, Wegelagerer, Kirchenräuber und sündhafteste
Spießgesellen des Satans dort als Wächter auf und zerstörten, weder Gott, noch
den Menschen, noch gar das Heilige achtend, mit frevelhafter und ruchlosester
Hand das Heiligtum. Und alles schändend, den ganzen Schatz der Kirche und des
Herrn Bischofs, alles was heilig, alles was Gott geweiht, alles was darinnen unter
Gottes Schutz niedergelegt war, alles entweihten sie. Sogar die geweihten Gewänder
und den ganzen Schmuck des Gotteshauses, die alten Urkunden, die Bücher- und
Urkundenschränke zerstörten sie. Und so wie die Perlen ²⁷² , die durch die Tritte
269 1. Petr. 4,17: Quoniam tempus est, ut incipiat iudicium a domo Dei; si autem primum a nobis,
qui finis eorum, qui non credunt Dei evangelio?
270 Dom St. Martin in Mainz.
271 MGH D F I. 289, S. 103: et fracto eius erario; Das Briefbuch Abt Wibalds von Stablo, Nr. 439,
S. 911, Z. 2: eorumque perfringens eraria.
272 Matth. 7,6: neque mittatis margaritas vestras ante porcos.
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los, war leicht in die Flucht zu schlagen. Aber der Herr Bischof, der die Menge
schonen wollte, gab seinen Leuten Anordnung, dass sie noch ein wenig an ihrer
Stelle verharren sollten. Es fanden sich nun einige Männer, die es auf sich nahmen,
beiderseitige Friedensverhandlungen zu unternehmen. Und man kam zu
folgendem Vergleich: dass sie innerhalb von 15 Tagen dem Herrn Bischof nach
Gnade oder Recht die Sühneleistung erbringen müssten. Es handelte sich dabei
um die mächtigsten und angesehensten Männer des Landes, denen man wohl
vertrauen konnte.
43. Nachdem diese Angelegenheit so geregelt war, konnte es nicht mehr aufgeschoben
werden, dass er gemäß der Vereinbarung am folgenden Tag zum
Würzburger Bischof ²⁶⁶ nach Seligenstadt ²⁶⁷ eilte, um ihm mit der Handauflegung
die Bischofsweihe zu erteilen und ihm die Fülle des Amts zu übertragen. Aber
kaum, dass der Herr Metropolit die Stadt verlassen hatte, da brachen jene den
Vertrag, verletzten die Treue, zerstörten das Gut der Eintracht und brachten ²⁶⁸
Recht und Unrecht durcheinander. Zusammen mit dem ganzen Volk, dem er zuvor
Verzeihung gewährt hatte, besetzten sie in ungeheuerlicher und gotteslästerlicher
Vermessenheit sogar das Haus ²⁶⁹ des Herrn, nämlich die Domkirche ²⁷⁰ – auf dass
von dort selbst das Gericht käme –, versahen sie mit Waffen und verschanzten sich
darin. Und vor dem Altar, vor dem Tisch des Herrn, wo das Blut und der Leib
Christi bereitet werden, wo des Mysteriums der Leiden Christi gedacht wird, da
vollzogen sie einen ‚Gottesdienst‘ der Schamlosigkeit, bereiteten eine Lasterhöhle
abscheulicher Wollust, ein Bordell der Huren, einen Dirnentempel der sündhaftesten
Ausschweifungen und Unzucht. Nachdem ²⁷¹ sie dann die Türen aufgebrochen
hatten, drangen sie zur Schatzkammer des Domes vor, wo das Allerheiligste
aufbewahrt wurde, stellten Diebe, Wegelagerer, Kirchenräuber und sündhafteste
Spießgesellen des Satans dort als Wächter auf und zerstörten, weder Gott, noch
den Menschen, noch gar das Heilige achtend, mit frevelhafter und ruchlosester
Hand das Heiligtum. Und alles schändend, den ganzen Schatz der Kirche und des
Herrn Bischofs, alles was heilig, alles was Gott geweiht, alles was darinnen unter
Gottes Schutz niedergelegt war, alles entweihten sie. Sogar die geweihten Gewänder
und den ganzen Schmuck des Gotteshauses, die alten Urkunden, die Bücher- und
Urkundenschränke zerstörten sie. Und so wie die Perlen ²⁷² , die durch die Tritte
269 1. Petr. 4,17: Quoniam tempus est, ut incipiat iudicium a domo Dei; si autem primum a nobis,
qui finis eorum, qui non credunt Dei evangelio?
270 Dom St. Martin in Mainz.
271 MGH D F I. 289, S. 103: et fracto eius erario; Das Briefbuch Abt Wibalds von Stablo, Nr. 439,
S. 911, Z. 2: eorumque perfringens eraria.
272 Matth. 7,6: neque mittatis margaritas vestras ante porcos.