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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0034
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30 | 1. Flandern und die vita religiosa

fach festgestellt wurde, deutlich von der Lebensweise Clunys unterschieden und
sich am Geist der Zisterzienser orientiert.57 Grund zu dieser Annahme eines »spi-
rituellen Sonderwegs« gaben vor allem die für die 1130er Jahren nachgewiesenen
Generalkapitel der Kirchenprovinz Reims.

1.3. Die Generalkapitel der Kirchenprovinz Reims
Aus mehreren Quellen ist bekannt, dass sich einige Äbte der Kirchenprovinz Reims
in den 1130er Jahren mehrmals zu einem Generalkapitel versammelt hatten, um
über Fragen der Lebensweise und der Disziplin zu beraten.58 Damit griffen diese -
im Auctarium Aquicinense als abbates comprovinciales bezeichneten - Äbte eine
Institution auf, die vor allem von den Zisterziensern mit großem Erfolg entwickelt
wurde und auf eine Vereinheitlichung und Kontrolle der klösterlichen Lebensweise
abzielte.59 In der Zeit um 1130 sollte dieses Modell aber nicht zuletzt in Cluny Schu-
le machen, wo Petrus Venerabilis 1131 das erste Generalkapitel der Cluniazenser
einberufen hatte.60
Das erste Generalkapitel der nordfranzösischen Kirchenprovinz fand nach Urs-
mer Berliere während oder nach dem Konzil von Reims 1131 (18.-29. Oktober)
statt und könnte in der Abtei von Saint-Thierry getagt haben.61 Während die Mehr-
zahl der versammelten Äbte aus dem Raum Nordfrankreichs kam, ist mit dem Abt
von Saint-Amand nur ein flandrisches Kloster als Teilnehmer direkt zu fassen. In
der Forschung wurde dennoch immer wieder darauf hingewiesen, dass auch die
Abtei von Anchin und insbesondere die Äbte Alvisus und Gossuin eine bedeutende
Rolle auf diesen Versammlungen spielten.62 Dies galt gleichermaßen für Gottfried
57 Zu den Gewohnheiten von Cluny in Anchin vgl. J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 124-128; S. Van-
derputten, A Time of Great Confusion, S. 48: »By the early 1130s, the majority of Benedictine houses in
Flanders, although one would be hard-pressed to design them as >Cluniac< in the strict sense of the word,
were observing an adapted version of the Cluniac customary.«
58 Die Quellen zu den Generalkapiteln der Kirchenprovinz Reims wurden erstmals von U. Berliere, Docu-
ments inedits zusammengestellt und mit S. Ceglar, Guillaume de Saint-Thierry intensiver erforscht. Es
handelt sich zum einen um Dokumente, die in direktem Zusammenhang mit den Versammlungen stehen,
zum andern um historiographische Texte, die über diese berichten.
59 Zur Bezeichnung abbates comprovinciales vgl. Auctarium Aquicinense, S. 395.
60 Zu den Generalkapiteln vgl. E Cygler, Das Generalkapitel; zum ersten Generalkapitel der Cluniazenser
vgl. ebd., S. 322-327.
61 U. Berliere, Documents inedits, S. 92; Ders., Les chapitres generaux, S. 260; S. Ceglar, Guillaume de Saint-
Thierry, S. 301.
62 Es handelt sich um die Abte von Saint-Nicolas-aux-Bois, Mont-Saint-Quentin, Saint-Eloi in Noyon,
Saint-Thierry in Reims, Chezy-sur-Marne, Rebais, Lagny-sur-Marne, Liessies, Saint-Vincent in Laon,
Orbais, Saint-Michel-en-Thierache, Homblieres, Saint-Lucien in Beauvais, Hautmont, Saint-Sepulchre
in Cambrai, Saint-Amand, Hasnon, Saint-Jean in Laon. Lobbes, Anchin und Saint-Medard werden in
der Handschrift aus Saint-Martin in Tournai (Paris, BnF, ms. lat 2677, fol. 83v-84r) nicht aufgeführt.
 
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