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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0118
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114 | I. Die Abtei von Saint-Bertin

und berieten immer wieder, wie sie ihre Freiheit verteidigen könnten.486 Darin seien
sie vom Prior der Abtei bestärkt worden, weshalb Lambert diesen ins Exil nach
Anchin schickte.487 Er befürchtete nämlich, dass aus der kleinen Angelegenheit, die
in erster Linie seine Person betraf, eine weit größere erwachsen könne, die die Frage
nach der Freiheit der Abtei in den Mittelpunkt rückte.488
Als Pontius aber erfuhr, dass ganz Flandern durch seine Bitte erschüttert wurde,
sandte er eine vom Prior von Abbeville geleitete Gesandtschaft nach Sithiu. Lam-
bert, der den Wünschen der Cluniazenser entsprechen wollte, reiste daraufhin mit
dieser zur Gräfin und bat sie um Geleit für Abt Pontius, damit dieser nach Saint-
Bertin kommen könne, als sei es sein Eigentum. Diese Formulierung »quasi ad pro-
priam« sei vom jungen Grafen Balduin, von Clementia und den Großen allerdings
äußerst schlecht aufgenommen worden. Die Gesandtschaft erhielt keine Antwort,
sondern lediglich den Hinweis, dass man darüber genau beraten müsse, und reiste
daher unverrichteter Dinge zurück nach Saint-Bertin. Indessen waren die Diener
der Gesandten, die in Sithiu zurückgeblieben waren, von den dortigen Mönchen
schwer beschimpft und misshandelt worden.489
Abt Lambert wollte sich dafür am darauffolgenden Tag bei Pontius entschuldi-
gen und reiste zusammen mit Johannes von Therouanne und Gelduin, dem ehema-
ligen Abt von Anchin, nach Abbeville, um den Abt von Cluny zufriedenzustellen.
Doch dieser zeigte nun, wie Simon bemerkt, seine ganze Macht: Er erklärte, dass er
die Entschuldigung erst dann annehmen werde, wenn man die Prioren von Sithiu
am folgenden Tag nach Rombly brächte, damit sie vor ihm die Profess ablegten,
um damit jeglichen weiteren Verdacht aus der Welt zu schaffen. Andernfalls solle
Lambert ihm alle Cluniazenser aus Sithiu zurückschicken.490
486 Simon, Gesta, II, c. 90, 91, S. 653: »Quo Cluniacenses mandato suscepto, coniectura non fallaci animad-
verterunt, Sithiensium hoc factum consilio. Unde Cluniacensis Sithiensem conveniens abbatem, ita eum
ab incepta libertatis defensione avertit, ut omnes Cluniacensibus resistentes Lambertus abbas haberet
exosos.«
487 Simon, Gesta, II, c. 91, S. 653: » Unde abbas commotus, priorem, cuius consilio ad hoc animabantur,
Acquicincti exilio religavit.«
488 Simon, Gesta, II, c. 91, S. 653: »Hine etenim timebat valde inferior cum fortioribus inire conflictum;
idem vero metuebat, ne aecclesia a fundamentis libera sui causa sub Cluniacensi servitute perpetuum
quantum ad seculum subiret improperium.«
489 Simon, Gesta, II, c. 92, S. 653: »Audiens autem Cluniacenis terram conturbari, dirigit priorem Abbatis-
villae cum aliis prudentibus ad abbatem Lambertum, ut ei conductum querat a comitissa veniendi ad
aecclesiam Sancti Bertini. Abbas vero volens satisfacere Cluniacensibus, cum responsalibus eorum ad
comitissam proficiscitur. Nuncii cum abbate rogant dominam, ut conductum det Cluniacensi Pontio ad
aecclesiam Sancti Bertini veniendi, quasi ad propriam. Puer Balduinus cum matre et proceribus >quasi
ad propriarm egre tulerunt et eis se accipiendas inducias super hoc respondendi communi consilio cen-
suerunt. Reversi sunt nuncii absque effectu. Quorum famuli Sithiu a nostris valde deturpati et iniurati
sunt.«
490 Simon, Gesta, II, c. 93, S. 653: »Postera vero die de omnibus se volens excusare abbas Lambertus, cum
episcopo lohanne et cum Gelduino, tune apud nos incluso, dudum abbate Aquicinensi, ad Cluniacensem
 
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