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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0130
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126 | I. Die Abtei von Saint-Bertin

Saint-Bertin zu kämpfen gehabt, die aufrührerischen Mönche aber schließlich aus
der Gemeinschaft entfernen können.531
Der Tod Abt Lamberts 1125 verschärfte die Situation erneut: Nachdem die
Cluniazenser nämlich von seinem Ableben erfahren hatten, seien sie nach Rom
geeilt und erhielten von Papst Honorius II. eine Urkunde zu ihren Gunsten.532 Die
etwas später eingetroffene Gesandtschaft aus Saint-Bertin habe dagegen nichts mehr
für ihre Freiheit bewirken können. Stattdessen ließ der Papst, der den Cluniazensern
sehr wohlgesonnen gewesen sei, verlauten, dass Abt Johannes II. sich binnen vierzig
Tagen nach Cluny begeben solle, um dort die Profess abzulegen. Johannes II. sei
daraufhin sofort nach Rom gereist und habe erreicht, dass der Beschluss ausgesetzt
und die Angelegenheit erneut vor den Kardinälen verhandelt wurde.533 Seine dritte
Romreise wurde allerdings durch den Tod Papst Honorius’ II. (1130) und das daraus
erwachsene Schisma überschattet.534 Johannes II. ergriff Partei für Anaklet II., der
die Abtei von Saint-Bertin bereits von einem Besuch im Jahr 1121 kannte, als er noch
als Kardinallegat tätig war, und erhielt von diesem die erwünschte Bestätigung der
Freiheit Sithius.535 Doch diese Wahl erwies sich längerfristig als Fehler, was Simon
bitter beklagte, da sich Innozenz II. bekanntlich als Papst durchsetzen konnte und
Johannes II. schließlich exkommuniziert und seines Amtes enthoben wurde.536
531 Simon, Gesta, II, c. 112, S. 658: »Vix tribus post haec mensibus emensis, Calixtus, qui de Viennensi
epicopo factus apostolicus et Clementiae comitissae germanus, moritur; successit Honorius. Dumque
securitatem et prosperitatem sibi opinaretur affuturam, subito Sithienses levitate solita contra eum con-
spirantes, eum deponere vi, non accusatione, nituntur. Sed praemunitus hominum suorum consilio,
conspiratores captos per diversa coenobia dispersit.«
532 JL7194.
533 Simon, Gesta, II, c. 126, S. 660.
534 Zum Anaklet-Schisma vgl. den konzisen Überblick mit ausführlicher Bibliographie von C. Giraud, Les
sermons inedits de Guillaume le Framjais, S. 350-360.
535 Der Aufenthalt des Kardinallegaten Petrus Pierleoni wird erwähnt im Chronicon monasterii Aldenbur-
gensis majus, Sp. 1543A-B: »Anno dominici incarnationis millesimo centesimo vicesimo primo, indic-
tione XIIIa [...] levatum et translatum est sacrum corpus beati Arnulphi episcopi kal. Maii a Lamberto
Tornacensi episcopo, quando Romanus cardinalis presbyter Petrus de Leone hospitabatur apud Sanctum
Bertinum, visitans has regiones.« Von diesem Aufenthalt zeugen zudem zwei Urkunden, die die Zins-
zahlungen an das Kloster in Erinnerung rufen: D. d’Haignere, Les chartes de Saint-Bertin, Bd. 1, D 19,
S. 55; D 143, S. 55-56. C. Giraud, Les sermons inedits de Guillaume le Framjais, S. 363, Anm. 86 ver-
mutet, dass Gregor von San Angelo, der künftige Innozenz II., sich ebenfalls zu dieser Zeit in Flandern
aufhielt.
536 Simon, Gesta, II, c. 127, S. 660: »Auditoque prudentiam sed non recepto consilio, ut cum pace rediens
neutri parti faveret donec terminata discordia esset, ab Anacleto, qui Cluniaci a puero monachus erat,
privilegium ecclesiae Sithiensis impetravit. Unde Innocentius propter hoc illum excommunicavit.« Inte-
ressant ist bei Simons Argumentation u. a. der Verweis auf Anaklets cluniazensische Vergangenheit, die
ihm hätte Warnung sein sollen, zumal er sich sicherlich an dessen Besuch in Saint-Bertin 1121 erinnerte.
Zum Privileg Anaklets vom 29. August 1130 vgl. JL 8410. Der exkommunizierte Johannes erhielt ein
Trostschreiben Anaklets, in dem der Erzbischof von Reims als »idiota Remensis« bezeichnet wird (MPL
179, Sp. 717B). Nach seiner Absetzung begab sich Johannes II. zu Anaklet nach Rom (Simon, Gesta, II,
c. 132, S. 661).
 
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