3. Die Veränderungen durch die correctio | 149
politisch und spirituell an Bedeutung verloren.647 Dass Lambert schließlich durch
die päpstliche Autorität das Bleiben der cluniazensischen Professmönche und die
weitere Orientierung an der cluniazensischen Lebensweise erwirken konnte, war
für ihn ein wichtiger persönlicher Erfolg.648
Angesichts der nun folgenden Konflikte und inneren Zwistigkeiten, verwundert
es, dass ein Großteil der Mönche von Saint-Bertin auch nach dem Tod Lamberts
weiterhin großen Wert auf die Gegenwart der cluniazensischen Professmönche leg-
te. Aber auch die Cluniazenser selbst scheinen letztlich Interesse an ihrem Verblei-
ben in Sithiu gehabt zu haben. Letzteres erklärt sich dadurch, dass ihre Präsenz in
der Gemeinschaft den weiterhin erhobenen Anspruch Clunys auf Saint-Bertin zum
Ausdruck brachte. Für die Gemeinschaft von Sithiu hingegen stellte die Präsenz
der Cluniazenser eine Art Gütezeichen dar, das ihr den Zustrom von Mönchen
und Schenkungen garantierte.649 Dies hatte zur Folge, dass die neu eingetretenen
Mönche zu wichtigen Unterstützern der Cluniazenser wurden, wählten sie doch
ihretwegen und der strengen Disziplin wegen die Abtei in Sithiu aus.650 Simon ist
sich dessen durchaus bewusst und kann sich diesbezüglich auch eines kritischen
Kommentars nicht erwehren. So bemerkt er, dass Abt Lambert, ohne Zweifel zu
hegen, auch jene Mönche aufgenommen habe, die ihm und seinen Nachfolgern so
große Schwierigkeiten bereiten sollten.651 Simon wirft Lambert also mangelnde Prü-
fung der Aspiranten und fehlende Menschenkenntnis vor und zudem ein zu starkes
Interesse an den wirtschaftlichen Folgen in Form von reichen Schenkungen.652 Die
Mönche, auf die er anspielt, sind mit großer Wahrscheinlichkeit jene, die in der
Folge die Profess in Cluny ablegen sollten. Doch welche Motive gab es, um diesen
Schritt zu tun?
Führt man sich die Ereignisse um die Krankheit Abt Lamberts 1123 noch einmal
vor Augen, wird deutlich, dass diejenigen Brüder, die nach wichtigen Positionen im
Kloster strebten, aus den Reihen der »flandrisch-cluniazensischen« Professmönche
stammten. Für ihr Streben nach einer Karriere in Saint-Bertin war die abgelegte
647 Zur Rolle Saint-Bertins innerhalb der flandrischen Klosterlandschaft vgl. S. Vanderputten, Crisis of
Cenobitism. Nach der Krise des 11. Jahrhunderts stieg die Bedeutung Saint-Bertins durch Lamberts
correctio.
648 M. Sdralek, Wolfenbüttler Fragmente, S. 114-115.
649 A. Bijsterfeld, Do ut des.
650 Simon, Gesta, II, c. 68, S. 649: »Novitas et fervor religionis plurimos incitaverat.«
651 Simon, Gesta, II, c. 67, S. 649: »[...] quos dum pater Lambertus non discernit dubie, recipit qui ei suisque
in longum successoribus totique aecclesiae postea multum oneri fuere.«
652 Simon, Gesta, II, c. 68, S. 649: »Crevit [...] exterius vero rerum copia [...].«
politisch und spirituell an Bedeutung verloren.647 Dass Lambert schließlich durch
die päpstliche Autorität das Bleiben der cluniazensischen Professmönche und die
weitere Orientierung an der cluniazensischen Lebensweise erwirken konnte, war
für ihn ein wichtiger persönlicher Erfolg.648
Angesichts der nun folgenden Konflikte und inneren Zwistigkeiten, verwundert
es, dass ein Großteil der Mönche von Saint-Bertin auch nach dem Tod Lamberts
weiterhin großen Wert auf die Gegenwart der cluniazensischen Professmönche leg-
te. Aber auch die Cluniazenser selbst scheinen letztlich Interesse an ihrem Verblei-
ben in Sithiu gehabt zu haben. Letzteres erklärt sich dadurch, dass ihre Präsenz in
der Gemeinschaft den weiterhin erhobenen Anspruch Clunys auf Saint-Bertin zum
Ausdruck brachte. Für die Gemeinschaft von Sithiu hingegen stellte die Präsenz
der Cluniazenser eine Art Gütezeichen dar, das ihr den Zustrom von Mönchen
und Schenkungen garantierte.649 Dies hatte zur Folge, dass die neu eingetretenen
Mönche zu wichtigen Unterstützern der Cluniazenser wurden, wählten sie doch
ihretwegen und der strengen Disziplin wegen die Abtei in Sithiu aus.650 Simon ist
sich dessen durchaus bewusst und kann sich diesbezüglich auch eines kritischen
Kommentars nicht erwehren. So bemerkt er, dass Abt Lambert, ohne Zweifel zu
hegen, auch jene Mönche aufgenommen habe, die ihm und seinen Nachfolgern so
große Schwierigkeiten bereiten sollten.651 Simon wirft Lambert also mangelnde Prü-
fung der Aspiranten und fehlende Menschenkenntnis vor und zudem ein zu starkes
Interesse an den wirtschaftlichen Folgen in Form von reichen Schenkungen.652 Die
Mönche, auf die er anspielt, sind mit großer Wahrscheinlichkeit jene, die in der
Folge die Profess in Cluny ablegen sollten. Doch welche Motive gab es, um diesen
Schritt zu tun?
Führt man sich die Ereignisse um die Krankheit Abt Lamberts 1123 noch einmal
vor Augen, wird deutlich, dass diejenigen Brüder, die nach wichtigen Positionen im
Kloster strebten, aus den Reihen der »flandrisch-cluniazensischen« Professmönche
stammten. Für ihr Streben nach einer Karriere in Saint-Bertin war die abgelegte
647 Zur Rolle Saint-Bertins innerhalb der flandrischen Klosterlandschaft vgl. S. Vanderputten, Crisis of
Cenobitism. Nach der Krise des 11. Jahrhunderts stieg die Bedeutung Saint-Bertins durch Lamberts
correctio.
648 M. Sdralek, Wolfenbüttler Fragmente, S. 114-115.
649 A. Bijsterfeld, Do ut des.
650 Simon, Gesta, II, c. 68, S. 649: »Novitas et fervor religionis plurimos incitaverat.«
651 Simon, Gesta, II, c. 67, S. 649: »[...] quos dum pater Lambertus non discernit dubie, recipit qui ei suisque
in longum successoribus totique aecclesiae postea multum oneri fuere.«
652 Simon, Gesta, II, c. 68, S. 649: »Crevit [...] exterius vero rerum copia [...].«