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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0175
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3. Die Veränderungen durch die correctio | 171

ten Hälfte des 12. Jahrhunderts nur allzu gut kannten.754 Simons Bericht über den
Vogt von Arques war also auch in dieser Beziehung von höchster Aktualität.
Die vier Beispiele haben gezeigt, dass der Abt von Saint-Bertin wie viele sei-
ner Amtskollegen jener Zeit vor allem mit den Übergriffen der Ministerialen des
Klosters, des Grafen oder anderer Herren zu kämpfen hatte. Die zahlreichen durch
Bischof oder Graf herbeigeführten Einigungen zwischen den Streitparteien doku-
mentieren, mit welcher Entschlossenheit Abt Lambert gegen die Usurpation von
klösterlichem Besitz und Rechten vorging. Die mitunter gewaltsamen Übergriffe
der Ministerialen geschahen, wie Vanderputten betont, in diesem Wissen: Teinard,
Gerbodo, aber auch Idesbald gelang es letztlich durch eine gezielte Provokation die
eigenen Interessen weitestgehend umzusetzen und Anerkennung zu finden, wäh-
rend sie wiederum die Autorität des Abtes, des Bischofs und des Grafen anerkann-
ten. Der »Amtseid« Lamberts von Reningelst zeigt zugleich, dass die Mönche bei
derartigen Konflikten auch durchaus offensiv und präventiv vorgehen konnten. Die
gesamte Besitz- und Restitutionspolitik Lamberts darf als ein sehr wichtiger Teil der
correctio des Klosters gewertet werden.
3.4.5. Schenkungen pro remec//o animae
Neben der Beilegung von Konflikten werden in den Urkunden von Saint-Bertin
vor allem fromme Schenkungen dokumentiert. Die Gesta abbatum Simons führen
für die Zeit Abt Lamberts acht Urkunden auf, in denen explizit auf das Seelenheil
des Stifters hingewiesen wird; in den zusätzlich durch De Witte überlieferten Ur-
kunden sind es drei.755 Iogna-Prat und Bijsterfeld sehen einen kausalen Zusam-
menhang zwischen dem Anstieg derartiger Schenkungsurkunden und der clunia-
zensischen Lebensweise. Da die Mönche aus cluniazensischen Gemeinschaften als
Spezialisten für das Totengedenken angesehen wurden, habe der Adel vornehmlich
diese Klöster mit zahlreichen Schenkungen bedacht. Die Urkundenklausel pro re-
medio animae sei daher ein wichtiges Indiz für eine mögliche cluniazensische Prä-
gung einer Gemeinschaft.756 So erklärt Bijsterveld die Häufung dieser Lormel in
754 Vgl. das Kloster von Marchiennes: S. Vanderputten, Fulcard’s Pigsty; H. Platelle, Crime et chätiment.
755 Davon entfallen drei auf Bischöfe (zwei auf Johannes von Therouanne (1112), (1119) (B. Guerard, Cartu-
laire, S. 233-234, 238-239), Lambert von Tournai (1119) (Ders., S. 229-230), eine auf den Archidiakon
Clarembald (1102) (Ders., S. 220-221), eine auf Graf Robert II. (1102) (Ders., S. 222), eine auf Manasses
von Boulogne (vor 1137) (Ders., S. 246) und eine auf Ida von Boulogne (1098) (Ders., S. 227-228),
Idesbald (1111?) (Ders., S. 232), vier Brüder (1119) (Ders. 245-246). D. d’Haignere, Les chartes de Saint-
Bertin, Bd. 1, D 111, S. 43, D 136, S. 52, indirekt D 151, S. 59. Nach Lamberts Tod 1125 zudem D 183,
S. 75, D 184, S. 76, D 192, S. 80.
756 J. A. Bijsterveld, Do ut des; D. Iogna-Prat, Des morts tres speciaux aux morts ordinaires.
 
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