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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0196
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192 | I. Die Abtei von Saint-Bertin

Saint-Remi nicht in der Grafschaft Flandern lag. Das Bild der Bächlein, durch die
die religio nun nach Frankreich geflossen sei, ist besonders aussagekräftig. Wurde
Saint-Bertin zu Beginn des 12. Jahrhunderts durch Mönche, die von außerhalb der
Grafschaft Flandern gekommen waren, einer correctio unterzogen, hat sich nun
wenige Jahrzehnte später die Situation verkehrt. In Simons Darstellung ist somit
mehr als nur Freude über den besonderen Erfolg seiner Gemeinschaft herauszule-
sen. Eine gewisse Genugtuung und sicher auch Stolz über das Erreichte finden ihren
Ausdruck in der genannten Metapher.
4.2. Die Gesta abbatum und die correctio
4.2.1. Buch I und die correctio
Das erste Buch der Gesta abbatum wurde in der Forschung in Hinblick auf die
correctio Saint-Bertins lange Zeit wenig beachtet, da es sich inhaltlich mit den Äbten
des 11., und nicht des 12. Jahrhunderts befasst. Uge wies bereits darauf hin, dass
die von Simon vorgenommene Auswahl der Ereignisse und Themen vor dem Hin-
tergrund ihres Entstehungskontexts noch zu untersuchen seien, eine Forschungslü-
cke, die durch eine Studie Vanderputtens zum Teil geschlossen werden konnte.823
Nach Vanderputten hatte das erste Buch der Gesta abbatum dazu gedient, die
correctio seines Lehrers Lamberts maßgeblich zu unterstützen. Die Auswahl der
Abbatiate sei ganz bewusst vorgenommen worden und spiegle jene Ideale klöster-
licher Führung wider, die in der Zeit um 1100 von besonderer Aktualität waren.824
Im Folgenden soll gezeigt werden, dass sich Lamberts correctio in vielen weiteren
Themen und res gestae des ersten Buchs der Gesta abbatum widerspiegelt. Zuvor
soll der Versuch einer genaueren Datierung dieses Texts unternommen werden.825
Simon stellt dem ersten Buch seiner Gesta abbatum einen Prolog voran, der
nicht nur über die Umstände der Entstehung seines Werks Auskunft gibt, sondern
auch auf dessen konkrete Funktion zu sprechen kommt. Demnach erhielt Simon
823 K. Uge, Creating the Monastic Past, S. 50-94 zeigt eben dies für Folcuins Chronik und weist darauf hin
(S. 89), dass auch Simons Gesta unter einem vergleichbaren Licht zu sehen seien.
824 S. Vanderputten, Individual Experience.
825 A. Berthod, Notice du cartulaire de Simon, S. 227-230 datiert den Bibliothekskatalog, der ursprünglich
dem ersten Buch der Gesta folgte, auf das Jahr 1104, gibt dafür aber keine Begründung: »Ces manuscrits
form ent aujourd’hui le tres-petit nombre de ceux qu’on voit ä St. Bertin; quelques peu considerables
qu’ils soient, ils nous offrent du moins le tableau de la Bibliotheque de ce Monastere, teile qu’elle etoit
environ l’an 1104 [...]«. Da die Handschrift und der beschriebene Bibliothekskatalog verloren gegangen
sind, lassen sich keine Aussagen darüber treffen, ob auch Buch I und der Prolog des Werks bereits 1104
entstanden sein könnten.
 
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