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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0345
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2. Die restauratio der Abtei von Saint-Martin (1092-1105) | 341

gewartet hatte.1364 Fünfzig Jahre nach der Wiederherstellung der Gemeinschaft von
Saint-Martin sah Hermann eine geeignete Gelegenheit, den inständigen Bitten der
Mitbrüder zu entsprechen und die Anfänge der Gemeinschaft niederzuschreiben,
damit sie von den künftigen Generationen nicht vergessen werden.1365 Hermann
hatte dies bislang abgelehnt, da er sich nicht des Vorwurfs schuldig machen wollte,
sich bei den noch lebenden Brüdern einzuschmeicheln. Nun gehörte er jedoch zu
den wenigen Brüdern, die die Frühzeit des Klosters selbst noch erlebt hatten und
darüber berichten konnten.1366
Der Redaktionsbeginn des Liber de restauratione kann also anhand des Prologs
auf das Jahr 1143 datiert werden. Die große Detailfreudigkeit Hermanns lässt aller-
dings darauf schließen, dass große Teile des Werkes in Tournai selbst geschrieben
oder ausgearbeitet wurden.1367 Der Liber de restauratione deckt in seinem Haupter-
zählstrang einen Zeitraum ab, der sich von der restauratio des Klosters 1092 bis in
die Zeit der Abfassung dieses Textes erstreckt. Der Erzählstrang ist allerdings nicht
konsequent linear, sondern wird immer wieder von ausführlichen Exkursen unter-
brochen.1368 Hermann verwebt dadurch ganz unterschiedliche Themenbereiche mit
der Frühgeschichte seines Klosters: Neben Exkursen zur Reichsgeschichte, zu den
Grafen von Flandern und zur Geschichte der eigenen Familie, finden sich Visionen
und Legenden, aber auch Besitzverzeichnisse und Passagen mit stark memorialem

1364 Hermann, Liber, Epistola, S. 34: »Quia ergo, sicut nostis, preterito nuper natali Domini cum domino
nostro Sansone Remorum archiepiscopo Roma rediens litteras domini pape Innocentii Tornacum de-
tuli, precipientes Tornacensibus ut proprium sibi episcopum eligerent et ab obedientia Noviomensis
episcopi omnino absoluti essent, sicque electo ad episcopatum domno Absalone Sancti Amandi abbate
statim pro eo Romam rogatus sum redire, dumque domini pape responsum expecto, iam ab octavis pa-
sche usque ad octavas pentecostes me Rome demoratum esse conspicio; ne penitus tarn longi temporis
tedio deficiam vel ocio depeream, in Lateranensi palatio restaurationis ecclesie nostre ordinem scribere
aggredior descriptumque vobis transmittere cupio [...].«
1365 So heißt es gleich zu Beginn: Hermann, Liber, Epistola, S. 33: »Quia vero nonnulli vestrum a me pe-
tierunt multociens ut modum constructionis sive restaurationis ecclesie nostre litteris mandando tarn
futuris quam presentibus notificarem, ecce peticioni eorum libenter satisfacere volo, sciens priorum
noticiam plerumque posteris profuisse eorumque ignorantiam sepenumero non parvum detrimentum
intulisse.« ebd.: »Nunc vero, qui iam duobus primis defunctis ego tercius abbas successi ac de prioribus
monachis aut nullum aut paucos superstites video, simul etiam iam quinquagesimum annum restaura-
tionis nostre transisse non ignoro, ecce securior peticioni vestre possum acquiescere.«
1366 Hermann hat bereits in seiner Jugend begonnen die Geschichte des Klosters auf Wachstäfelchen zu
schreiben. Hermann, Liber, Epistola, S. 33: »Nostis autem, ex quo adolescentulus fui me idem facere
voluisse et etiam tabulis aliqua impressisse, sed, dum considerarem primos ecclesie nostre inceptores
adhuc vivere, adulationis notam timuisse si eorum actus viventibus ipsis viderer scribere, sicque ea que
inceperam delevisse.«
1367 So können, um nur ein Beispiel zu nennen, die genauen Angaben über Schenkungen und Besitz wohl
nur mithilfe entsprechender Aufzeichnungen aus Saint-Martin realisiert worden sein. A. d’Haenens,
Heriman de Tournai, S. 169 will den Redaktionsprozess erst 1146 bzw. 1147 beendet sehen.
1368 Hermann, Liber, c. 28, S. 63-64.
 
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