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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0482
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478 | IV. Die Abtei von Anchin

Leclercq, die Abschrift auf die Zeit um 1165 datieren zu können, das heißt in die
Spätzeit Abt Gossuins oder die Frühzeit Abt Alexanders.1919 Über die Nutzung der
Werke Bernhards lässt sich recht wenig sagen, da kaum größere Gebrauchsspuren
zu erkennen sind. Aus einer der oben erwähnten Bücherlisten des 13. Jahrhunderts
erfährt man allerdings, dass die Werke Bernhards zu dieser Zeit unter anderem für
die täglichen Tischlesungen benutzt wurden.1920
Die besondere Affinität der Mönche aus Anchin für Bernhard von Clairvaux
und die Zisterzienser lässt sich auch aus den historiographischen Texten der zwei-
ten Hälfte des 12. Jahrhunderts sehr deutlich erkennen. Neben den beiden bereits
erwähnten Briefen Bernhards von Clairvaux, die Eingang in die Historia monas-
terii gefunden hatten, sei hier auf die Continuatio des Auctarium verwiesen.1921
Sie erinnert daran, dass Abt Simon I. 1179 nach Rom gereist war, um das III. Late-
rankonzil zu besuchen. Auf seinem Rückweg habe er in Clairvaux Halt gemacht,
dort Reliquien Bernhards erhalten und diese nach Anchin gebracht, wo sie würdig
aufbewahrt wurden.1922 Während Simons Besuch in Clairvaux als Ausdruck seiner
persönlichen Verehrung für Bernhard und die dortigen Lebensweise gewertet wer-
den darf, lässt die Translation der Reliquien darauf schließen, dass der große Zister-
zienser auch in der Gemeinschaft von Anchin besonderes Ansehen und Verehrung
genoss. Die Continuatio des Auctarium weist zudem gleich mehrmals daraufhin,
dass zisterziensische Abte zu Bischöfen erhoben wurden, und erinnert an die Zis-
terzienserabtei von Vaucelles, die sich während einer schweren Hungernot äußerst
fürsorglich gegenüber den Armen verhalten hatte.1923

1919 J. Leclercq, Etudes sur Saint-Bernard et le texte de ses ecrits, S. 42.
1920 Die sermones Bernhards finden sich in der zweiten Bücherliste des 13. Jahrhunderts. Sie wird eingelei-
tet mit den Worten: »in hoc libro legitur ad mensam in paschate annotino, in expositione evangelii de
divite et Lazaro.« VgL auch: D. Nebbiai-Dalla Guardia, Les listes medievales de lectures monastiques,
S. 283-288; vgl. zudem W. Williams, The Anchin Manuscript, S. 245: »At Anchin itself it was custo-
mary front the end oft he twelfth Century onwards to read the sermons of St Bernard in the refectory,
and portions of the Vita S. Bernardi were incorporated as lections in the divine office as recited there.«
1921 Zur Verfasserschaft und Entstehungszeit dieses Textes vgl. J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 31-
32.
1922 Zum Laterankonzil vgl. Continuatio Aquicinctina, S. 417; zu den Reliquien vgl. ebd., S. 418: »Symon
abbas Aquicinensis in reditu ipsius concilii Clarevallis divertit, et reliquias domni Bernardi, eiusdem
cenobii abbatis, petitas obtinuit, et in hoc Aquicinensi monasterio decenter reposuit.«
1923 Continuatio, S. 411: »Andreas quidam abbas de ordini Cisterciensi«, ebd., S. 421: »Petrus abbas Cister-
tiensis.« Zur Rolle von Vauclaire vgl. ebd., S. 415: »Estas pluviosa et dampnosa messem augusti mensis
et autumpnalem vindemiam protelavit. Per Galliam et Germaniam panis inopia multos affligit. Sub hac
tempestate multi monachi et milites in hac regione elemosinas largas pauperibus tribuerant, inter quos
Valcellenses monachi eminebant.«
 
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