6. Die spirituelle Prägung der Gemeinschaft in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts 479
6.2. De novitiis instruendis
Als ein besonders bedeutendes Werk der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, das
sich mit Aspekten des monastischen Lebens befasst, darf die Schrift De novitiis in-
struendis gelten. Die ältere Forschung ging lange Zeit davon aus, dass dieses Werk
Gossuin zuzuschreiben sei.1924 Die jüngere Forschung und zuletzt vor allem die
Untersuchung Breitensteins haben allerdings gezeigt, dass dieses Werk aus der
Feder eines anonymen Verfassers aus Anchin stammte.
Der Traktat De novitiis instruendis ist nur in einer einzigen Handschrift vom
Ende des 16. Jahrhunderts überliefert. Neben diesem Werk finden sich darin insge-
samt 38 weitere Texte, die in Verbindung mit dem Kloster von Anchin stehen.1925
Breitenstein ist der Überzeugung, dass es sich bei dem darin überlieferten Text
von De novitiis instruendis um eine schnell angefertigte, aber relativ getreue Ab-
schrift eines älteren Textes handelt, dessen Glossierung übernommen wurde.1926
Dieses Werk stehe zudem in engem Zusammenhang mit weiteren Texten dieser
Handschrift. So wird es in der Handschrift als pars secunda de novitiis instruendis
bezeichnet, was die Frage nach der pars prima aufwirft. Angesichts der Tatsache,
dass in De novitiis instruendis auf die mores Abt Gossuins verwiesen wird, geht
Breitenstein davon aus, dass es sich dabei um einen intertextuellen Bezug handelt
und damit auf die Vita secunda Gossuins verwiesen wird, die sich in besonderem
Maße mit den Tugenden dieses Abtes von Anchin befasst. Da dieser Text, der somit
mit der pars prima gleichgesetzt werden kann, ab 1184 entstanden ist, muss die Ab-
fassung von De novitiis instruendis ebenfalls in diese Zeit fallen.1927
Auch wenn dieses Werk damit erst in die letzten Jahrzehnte des 12. Jahrhunderts
zu datieren ist und offensichtlich nicht aus der Hand Gossuins stammen kann, steht
es dennoch in enger Verbindung mit diesem und soll daher im Folgenden unter-
sucht werden.
Im Prolog von De novitiis instruendis findet sich der Hinweis, dass die folgenden
Ausführungen die doctrina Gossuini widerspiegeln. Betrachtet man nun allerdings
1924 J. Leclercq, Pierre le Venerable et l’eremitisme clunisien, S. 120; bereits etwas vorsichtiger in der For-
mulierung Ders., Deux opuscules sur la formation des jeunes moines, S. 388; G. Constable (Hg.), The
Letters of Peter the Venerable, Bd. 2, S. 52-53; ebenfalls zunächst unreflektiert P. Riehe, L’enfant dans
la societe monastique au XIIC siede, S. 689-701, dann ebenfalls etwas vorsichtiger Ders., Les traites
pour la formation des novices, S. 371-377.
1925 Es handelt sich um die Handschrift Douai, BM, ms. 827. Zum Inhalt dieser Handschrift vgl. die nicht
ganz vollständige Beschreibung in Ch. Dehaisnes, Catalogue generale, Bd. 6, S. 548-551. Ausführlich
beschrieben wird diese Handschrift von M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 141-143.
1926 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 47-50.
1927 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 54-55; zur Entstehung der Vita secunda Gosui.ni vgl. ebd.,
S. 39.
6.2. De novitiis instruendis
Als ein besonders bedeutendes Werk der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, das
sich mit Aspekten des monastischen Lebens befasst, darf die Schrift De novitiis in-
struendis gelten. Die ältere Forschung ging lange Zeit davon aus, dass dieses Werk
Gossuin zuzuschreiben sei.1924 Die jüngere Forschung und zuletzt vor allem die
Untersuchung Breitensteins haben allerdings gezeigt, dass dieses Werk aus der
Feder eines anonymen Verfassers aus Anchin stammte.
Der Traktat De novitiis instruendis ist nur in einer einzigen Handschrift vom
Ende des 16. Jahrhunderts überliefert. Neben diesem Werk finden sich darin insge-
samt 38 weitere Texte, die in Verbindung mit dem Kloster von Anchin stehen.1925
Breitenstein ist der Überzeugung, dass es sich bei dem darin überlieferten Text
von De novitiis instruendis um eine schnell angefertigte, aber relativ getreue Ab-
schrift eines älteren Textes handelt, dessen Glossierung übernommen wurde.1926
Dieses Werk stehe zudem in engem Zusammenhang mit weiteren Texten dieser
Handschrift. So wird es in der Handschrift als pars secunda de novitiis instruendis
bezeichnet, was die Frage nach der pars prima aufwirft. Angesichts der Tatsache,
dass in De novitiis instruendis auf die mores Abt Gossuins verwiesen wird, geht
Breitenstein davon aus, dass es sich dabei um einen intertextuellen Bezug handelt
und damit auf die Vita secunda Gossuins verwiesen wird, die sich in besonderem
Maße mit den Tugenden dieses Abtes von Anchin befasst. Da dieser Text, der somit
mit der pars prima gleichgesetzt werden kann, ab 1184 entstanden ist, muss die Ab-
fassung von De novitiis instruendis ebenfalls in diese Zeit fallen.1927
Auch wenn dieses Werk damit erst in die letzten Jahrzehnte des 12. Jahrhunderts
zu datieren ist und offensichtlich nicht aus der Hand Gossuins stammen kann, steht
es dennoch in enger Verbindung mit diesem und soll daher im Folgenden unter-
sucht werden.
Im Prolog von De novitiis instruendis findet sich der Hinweis, dass die folgenden
Ausführungen die doctrina Gossuini widerspiegeln. Betrachtet man nun allerdings
1924 J. Leclercq, Pierre le Venerable et l’eremitisme clunisien, S. 120; bereits etwas vorsichtiger in der For-
mulierung Ders., Deux opuscules sur la formation des jeunes moines, S. 388; G. Constable (Hg.), The
Letters of Peter the Venerable, Bd. 2, S. 52-53; ebenfalls zunächst unreflektiert P. Riehe, L’enfant dans
la societe monastique au XIIC siede, S. 689-701, dann ebenfalls etwas vorsichtiger Ders., Les traites
pour la formation des novices, S. 371-377.
1925 Es handelt sich um die Handschrift Douai, BM, ms. 827. Zum Inhalt dieser Handschrift vgl. die nicht
ganz vollständige Beschreibung in Ch. Dehaisnes, Catalogue generale, Bd. 6, S. 548-551. Ausführlich
beschrieben wird diese Handschrift von M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 141-143.
1926 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 47-50.
1927 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 54-55; zur Entstehung der Vita secunda Gosui.ni vgl. ebd.,
S. 39.