508 | IV. Die Abtei von Anchin
von »Reformäbten« zu belegen und Anchin als Zentrum einer »Reformbewegung«
zu sehen.2075
Die enge Verbindung zwischen Anchin und den Gemeinschaften von Mar-
chiennes und Saint-Martin in Tournai legt die Vermutung nahe, dass sie ausgehend
von Anchin vor allem mit den Beschlüssen des Generalkapitels von 1131 vertraut
gemacht wurden.
Ebenfalls auffallend ist, dass ab den 1130er Jahren, also während des Abbatiats
Gossuins, in engen Abständen vermehrt Mönche aus Anchin zu Äbten von Klös-
tern aufstiegen, die direkt oder indirekt mit dem Generalkapitel von 1131 in Ver-
bindung standen.
Nach der Wahl des Leonius zum Abt von Lobbes 1131 wurde bereits ein Jahr
später erneut einem Mönch aus Anchin die Leitung einer Gemeinschaft übertragen.
Die Brüder der Abtei von Crespin wählten Algot zu ihrem neuen Abt.2076 Die Gesta
abbatum Lobbiensium berichten, dass dieser Abt einen Mönch aus Lobbes namens
Lambert mit dem Amt des Klaustralpriors von Crespin betraute.2077 Bedenkt man,
dass dieses Amt, wie der Lall Gossuins mehrmals zeigte, eng mit der inneren cor-
rectio einer Gemeinschaft verbunden war, liegt es nahe anzunehmen, dass auch in
Crespin entsprechende Veränderungen vorgenommen wurden. Dass diese Verände-
rungen mit den 1131 beschlossenen Neuerungen des Generalkapitels in Verbindung
standen, ist nicht von der Hand zu weisen.2078
Wirklich greifbar wird dies aber erst mit dem Lall Aiberts, der, wie bereits an
anderer Stelle gezeigt wurde, ursprünglich Mönch in Crespin war und sich dann für
das Leben eines Inklusen entschieden hatte. Da Zweifel an der Heiligkeit seines Le-
benswandels aufgekommen wäre, wurden zwei der abbates comprovinciales damit
2075 H. Sproemberg, Alvisus; S. Vanderputten, A Time of Great Confusion; A. M. Helvetius, Aspects de
l’influence de Cluny.
2076 Der Druck R. Gibbons bezeichnet Algot als Abt des Klosters S. Crispini, was in der Folge zu Ver-
wechslungen mit der Abtei Saint-Crepin in Soissons führte. J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 199
bezeichnet Algot daher fälschlicherweise als Abt von Saint-Crepin. Auch H. Sproemberg, Alvisus,
S. 129, Anm. 103 muss feststellen, dass ein Abt namens Algot für Saint-Crepin nicht nachgewiesen
ist und führt es auf die Ungenauigkeit der Gallia Christiana zurück. Für die im Hennegau gelegene
Abtei Crespin hingegen ist sehr wohl ein Abt namens Algot bezeugt. VgL dazu E. Treclat, Histoire de
l’abbaye de Crespin, S. 55-62.
2077 Gesta abbatum Lobbiensium, c. 24, S. 327: »Affuit inter alios vir religiosus abbas Crispiniensis Algotus
nomine, qui quendam ex nostris Lambertum nomine, quem claustri sui priorem constituerat, eo secum
forte adduxerat.«
2078 S. Ceglar, Guillaume de Saint-Thierry, S. 304-305 weist darauf hin, dass Wilhelm von Saint-Thierry
zuvor Abt von Crespin war. Er zitiert aus dem Martyrologium Saint-Thierrys (Reims, BM, ms. 349,
fol. 189): »[...] factus est abbas undecimus prior noster in hoc loco domnus Willelmus, qui fuit ante
abbas apud crispeium in haonio, anno gratie m° coxx°ii° [...].«
von »Reformäbten« zu belegen und Anchin als Zentrum einer »Reformbewegung«
zu sehen.2075
Die enge Verbindung zwischen Anchin und den Gemeinschaften von Mar-
chiennes und Saint-Martin in Tournai legt die Vermutung nahe, dass sie ausgehend
von Anchin vor allem mit den Beschlüssen des Generalkapitels von 1131 vertraut
gemacht wurden.
Ebenfalls auffallend ist, dass ab den 1130er Jahren, also während des Abbatiats
Gossuins, in engen Abständen vermehrt Mönche aus Anchin zu Äbten von Klös-
tern aufstiegen, die direkt oder indirekt mit dem Generalkapitel von 1131 in Ver-
bindung standen.
Nach der Wahl des Leonius zum Abt von Lobbes 1131 wurde bereits ein Jahr
später erneut einem Mönch aus Anchin die Leitung einer Gemeinschaft übertragen.
Die Brüder der Abtei von Crespin wählten Algot zu ihrem neuen Abt.2076 Die Gesta
abbatum Lobbiensium berichten, dass dieser Abt einen Mönch aus Lobbes namens
Lambert mit dem Amt des Klaustralpriors von Crespin betraute.2077 Bedenkt man,
dass dieses Amt, wie der Lall Gossuins mehrmals zeigte, eng mit der inneren cor-
rectio einer Gemeinschaft verbunden war, liegt es nahe anzunehmen, dass auch in
Crespin entsprechende Veränderungen vorgenommen wurden. Dass diese Verände-
rungen mit den 1131 beschlossenen Neuerungen des Generalkapitels in Verbindung
standen, ist nicht von der Hand zu weisen.2078
Wirklich greifbar wird dies aber erst mit dem Lall Aiberts, der, wie bereits an
anderer Stelle gezeigt wurde, ursprünglich Mönch in Crespin war und sich dann für
das Leben eines Inklusen entschieden hatte. Da Zweifel an der Heiligkeit seines Le-
benswandels aufgekommen wäre, wurden zwei der abbates comprovinciales damit
2075 H. Sproemberg, Alvisus; S. Vanderputten, A Time of Great Confusion; A. M. Helvetius, Aspects de
l’influence de Cluny.
2076 Der Druck R. Gibbons bezeichnet Algot als Abt des Klosters S. Crispini, was in der Folge zu Ver-
wechslungen mit der Abtei Saint-Crepin in Soissons führte. J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 199
bezeichnet Algot daher fälschlicherweise als Abt von Saint-Crepin. Auch H. Sproemberg, Alvisus,
S. 129, Anm. 103 muss feststellen, dass ein Abt namens Algot für Saint-Crepin nicht nachgewiesen
ist und führt es auf die Ungenauigkeit der Gallia Christiana zurück. Für die im Hennegau gelegene
Abtei Crespin hingegen ist sehr wohl ein Abt namens Algot bezeugt. VgL dazu E. Treclat, Histoire de
l’abbaye de Crespin, S. 55-62.
2077 Gesta abbatum Lobbiensium, c. 24, S. 327: »Affuit inter alios vir religiosus abbas Crispiniensis Algotus
nomine, qui quendam ex nostris Lambertum nomine, quem claustri sui priorem constituerat, eo secum
forte adduxerat.«
2078 S. Ceglar, Guillaume de Saint-Thierry, S. 304-305 weist darauf hin, dass Wilhelm von Saint-Thierry
zuvor Abt von Crespin war. Er zitiert aus dem Martyrologium Saint-Thierrys (Reims, BM, ms. 349,
fol. 189): »[...] factus est abbas undecimus prior noster in hoc loco domnus Willelmus, qui fuit ante
abbas apud crispeium in haonio, anno gratie m° coxx°ii° [...].«