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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0525
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Schlussfolgerungen

521

1. Das Phänomen der correctio

1.1. Situationen und Akteure
Die correctio eines Klosters zielte in den meisten Fällen auf die Überwindung einer
existenziellen Krise ab. In allen vier untersuchten Klöstern gaben vor allem die
schlechte wirtschaftliche Lage der Gemeinschaften und ein gestörtes Verhältnis zu
ihrem sozialen Umfeld Anlass zur correctio. Derartige Krisen traten nicht selten in
schweren Konflikten zu Tage, die zum Teil zwischen der Gemeinschaft und ihrem
Umfeld ausgetragen wurden, weit häufiger aber auch zwischen dem jeweiligen Abt
und den Brüdern. Diese Konflikte waren nicht zuletzt deutliche Zeichen dafür, dass
sich eine Gemeinschaft von ihren ursprünglichen Idealen entfernt hatte, weshalb
auch die jeweils klostereigene Historiographie in diesem Zusammenhang an den
Verlust der religio erinnerte.
In den Fällen Saint-Bertin und Marchiennes ging die Initiative zur correctio vom
jeweiligen Abt der Gemeinschaft aus, scheiterte aber zunächst am Widerstand der
Brüder. Während Lambert von Saint-Bertin seine Mönche in erster Linie zu einer
Verbesserung ihrer Lebensweise ermahnte und dadurch einen innerklösterlichen
Konflikt herauf beschwor, der die Gemeinschaft letztlich zwischen Befürwortern
und Gegnern des Unterfangens spaltete, zielte die correctio Abt Fulchards von Mar-
chiennes auf die Beilegung eines bereits ausgebrochenen innerklösterlichen Kon-
flikts ab. Der Widerstand der Mönche gegen Veränderungen lässt sich in nahezu
allen Beispielen fassen und zeigt, dass eine correctio nur mit Unterstützung von
außen möglich war. In den untersuchten Beispielen kommt vor allem dem Grafen
von Flandern, dem jeweiligen Bischof und nicht zuletzt den Großen der Grafschaft
eine zentrale Rolle zu. In Gemeinschaften, die traditionell eng mit dem Grafenhaus
verbunden waren, weil sie mitunter als Familiengrablege fungierten, zeigte der Graf
vermehrtes Interesse an der Durchführung einer correctio. In diesen Fällen war er
beim Auftakt der correctio nicht nur in personam anwesend, sondern unterstützte
sie auch tatkräftig, indem er zunächst den Widerstand innerhalb und außerhalb des
 
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