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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0531
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1. Das Phänomen der correctio | 527

einen vielfältigen Klosterbesitz sorgten, der auf den unterschiedlichsten Einnah-
mequellen fußte.2100
Veränderungen in den Besitzstrukturen lassen sich nicht zuletzt auch in den
Gemeinschaften selbst fassen. Wenngleich die Mönche zu Besitzlosigkeit angehal-
ten waren, machen Beispiele wie Saint-Bertin und Marchiennes deutlich, dass eben
dieses Ideal im Lauf der Zeit sehr weit in den Hintergrund getreten war und wie-
der in Erinnerung gerufen werden musste. Durch die mensa conventualis und die
Konventualpfründen war der Eigenbesitz der Mönche sogar strukturell in den Ge-
meinschaften verankert. In Saint-Bertin gab es zudem eine eigene mensa zum Un-
terhalt der Diener und zur Speisung der Armen, die durch die correctio wieder eben
dieser Verwendung zugeführt wurde, wodurch nicht zuletzt die Praxis der caritas
gewährleistet werden sollte. Der starke und schnelle Anstieg von Klostereintritten
deutet darauf hin, dass auch die innerklösterlichen Besitzstrukturen Veränderun-
gen erfahren hatten, da der Abt ansonsten seiner Alimentationspflicht nicht hätte
nachkommen können.
Veränderungen in den Herrschaftsstrukturen
Eng mit der Restitution von Besitz verbunden ist die Frage nach den Herrschafts-
strukturen der Klöster. Die zum Teil vor Gericht, aber zum Teil auch außerge-
richtlich erreichten Einigungen waren meist Kompromisse, die darauf abzielten,
das Verhältnis zwischen Laien und Kloster wieder in Erinnerung zu rufen, neu
zu definieren und neu auszuhandeln. Die »Usurpation« von Klosterbesitz war vor
allem für Ministerialenfamilien ein probates Mittel, um von Seiten des Klosters
und der Großen als vollwertige Partner anerkannt zu werden.2101 Fragen um Be-
sitz- und Herrschaftsrechte dienten aber nicht nur dazu, das Verhältnis zwischen
dem Kloster und seinen Dienstleuten oder Lehnsträgern zu bessern, sondern auch
dazu, das Verhältnis zwischen dem Kloster und den vermittelnden Autoritäten neu
zu definieren. Mit Appellationen an das gräfliche oder bischöfliche Gericht aner-
kannten die Streitparteien deren Autorität und bekannten sich zu ihr. Gerade in
Grenzregionen wie dem Gebiet der Scarpe oder in dem neu gegründeten Bistum
Arras spielten diese Fragen der Loyalität eine bedeutende politische Rolle. Nicht
zuletzt konnte die correctio eines Klosters aber auch dazu dienen, das Verhältnis
zwischen dem Grafen beziehungsweise den Großen und den jeweiligen Dienst-
2100 Heriman, Les miracles, III, c. 18, S. 236.
2101 S. Vanderputten, Monks, Knights, and the Enactment; Ders., A Compromised Inheritance; Ders., Mo-
nachos hujus ecclesie; Ders., Penitential Discourse.
 
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