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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0532
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528 | Schlussfolgerungen

leuten in Erinnerung zu rufen und neu zu definieren.2102 Indem der Graf oder ein
Großer die correctio einer Gemeinschaft förderte, boten sich für ihn immer wieder
Möglichkeiten, in die bestehenden Herrschaftsstrukturen vor allem aufstrebender
Ministerialenfamilien einzugreifen.
Die im Zusammenhang mit einer correctio stehenden Veränderungen in Besitz -
und Herrschaftsstrukturen der Klöster zielen in zwei gegenläufige Richtungen. Ei-
nerseits versuchten die besagten Veränderungen, die vielfältigen Beziehungen zwi-
schen dem Kloster und seinem sozialen Umfeld zu verbessern und zu intensivieren.
Andererseits sollte gerade der Einfluss der Welt von den Mönchen fern gehalten
werden, damit sie nicht von ihren Idealen abwichen. Es sollte zudem vermieden
werde, dass über zu enge Kontakte die Interessen der Verwandten der Mönche Ein-
zug in die Gemeinschaft hielten. Längerfristig wirkte sich dies nämlich, wie noch zu
zeigen sein wird, wiederum negativ auf die Besitz- und Herrschaftsstrukturen des
Klosters aus. Gerade in Hinblick auf die Außenbeziehungen der Klöster wird deut-
lich, welchen Balanceakt eine correctio zu leisten hatte und wie schwierig dieser war.
Die vier Fallbeispiele dieser Studie haben das Phänomen der correctio in ihren
Erscheinungsformen näher beleuchtet und zeigen viererlei:
1. Die correctio einer Gemeinschaft war ein äußerst komplexer und oft langwieri-
ger Prozess, der auf die Überwindung einer institutionellen Krise abzielte. Da
eine solche Krise nicht nur die Gemeinschaft selbst, sondern auch ihr Umfeld
maßgeblich betraf, hatte eine correctio einen äußerst großen Wirkkreis und tan-
gierte die Interessen der unterschiedlichsten Akteure (Bischof, Graf, Große,
Dienstleute, andere Klöster).
2. Die Durchführung und der Erfolg einer correctio waren maßgeblich von der
Unterstützung des sozialen Umfelds und insbesondere des Grafen und des Bi-
schofs abhängig.
3. Die correctio einer Gemeinschaft lässt sich durch Veränderungen in den un-
terschiedlichsten Bereichen fassen (personelle Zusammensetzung, Lebensweise,
Architektur, Rechtsstatus, Besitz- und Herrschaftsstrukturen), hatte aber stets
zwei Zielrichtungen: nämlich eine correctio der inneren und der äußeren Ange-
legenheiten. Die correctiones von Gemeinschaften lassen sich nur adäquat fassen
und bewerten, wenn man sie von Fall zu Fall in ihrem spezifischen Kontext
untersucht und dabei diese beiden Zielrichtungen berücksichtigt.
4. Die correctio eines Klosters hatte neben einer spirituellen stets auch eine politi-
sche Dimension: Veränderungen in den Besitz- und Herrschaftsstrukturen eines
Klosters und seines sozialen Umfelds konnten durch eine correctio bewusst und
2102 S. Vanderputten, Fulcard’s Pigsty; Ders., A Compromised Inheritance; Ders., Monachos hujus ecclesie;
Ders., Penitential Discourse; Ders., Monks, Knights, and the Enactment.
 
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