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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0535
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2. Die Verbindung zwischen correctio interius et exterius 531

kungen waren stets an Dienstleistungen der Mönche geknüpft, oft in Form des
Gebets und des Totengedenkens. Eben dies setzte aber voraus, dass in der Gemein-
schaft ein tadelloses und frommes Leben geführt wurde. Nur so konnten die Mön-
che mit der Unterstützung von außen rechnen, sei es durch reiche Schenkungen,
Dienstleistungen für das Kloster, militärischen Schutz, aber auch Unterstützung
vor Gericht. Entfernte sich ein Kloster von seinen Idealen und seiner gottgefälligen
Lebensweise, verlor es seine Existenzberechtigung und den Rückhalt der Großen,
so dass letztlich der spirituelle Niedergang mit dem wirtschaftlichen einherging.
Stifter bedachten andere Klöster oder nahmen gestiftetes Gut wieder zurück, da die
Mönche ihre Pflichten nicht mehr erfüllten. Aspiranten für ein klösterliches Leben
mieden derartige Klöster, wie im Falle von Saint-Martin, und suchten sich andere
Gemeinschaften.
Der spirituelle Niedergang eines Klosters trat vor allem dann offen zu Tage,
wenn Gemeinschaften durch schwere innerklösterliche Konflikte zerrissen wur-
den. Die discordia spiegelte am deutlichsten die Abkehr von einem engelgleichen
Leben wider, fern aller monastischen Tugenden. Zugleich gingen innerklösterliche
Konflikte nicht selten auf eine zu große Einflussnahme des sozialen Umfelds auf
die Gemeinschaft zurück, was seine Ursache wiederum in einer zu starken Einbin-
dung der Mönche in die Welt hatte.2105 Neben Konflikten trat die irreligiositas der
Mönche schließlich durch jene Aspekte klösterlicher Alltagspraxis hervor, die für
jedermann sichtbar waren, wie beispielsweise die Handhabung der Klausur oder
die Armenspeisung.
All diese Erkenntnisse führen zu folgenden drei Thesen:
1. Die correctio einer Gemeinschaft zielte stets auf beide Bereiche, den inneren wie
den äußeren ab. Die Wiederherstellung eines gottgefälligen Lebens der Mönche
war der Ausgangspunkt einer correctio, legitimierte es doch die Existenz der
Gemeinschaft, ihres Besitzes und ihrer Herrschaft. Veränderungen in diesen äu-
ßeren Angelegenheiten waren aber nur möglich, wenn das soziale Umfeld des
Klosters von der Heiligkeit des Ortes überzeugt war.
2. Eine Abkehr von ihren Idealen schwächte eine Gemeinschaft dahingehend, dass
sie nicht mehr mit der Unterstützung ihres sozialen Umfeldes rechnen konnte:
Für das Kloster bedeutete dies einen Rückgang der Schenkungen, die Entfrem-
dung von Besitz und letztlich auch den schwindenden Rückhalt bei Bischof und
Graf (Besitzbestätigungen, Schlichtungen, Gericht).
3. Die wirtschaftliche Lage einer klösterlichen Gemeinschaft war maßgeblich von
der Lebensweise der Mönche abhängig. Ein besonders frommes Leben der Brü-

2105 S. Patzold, Konflikte im Kloster.
 
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