2.2 Erkenntnisinteressen: Philosophie und Seelsorge
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dieses Ziel besser in Angriff nehmen als hinter den schützenden Mauern des
Klosters, ist dem an Thomas, Propst von Beverley, gerichteten Werbeschreiben
Bernhards zu entnehmen, dem er die Freuden eines guten Gewissens für den
Fall in Aussicht stellt, dass dieser in den Zisterzienserorden eintritt:
„Ein gutes Gewissen ist ein großer Reichtum. In der Tat, was könnte im Leben
reicher oder süßer sein? Was auf der Welt ruhiger oder sicherer? Ein gutes Gewis-
sen fürchtet nicht den Verlust irdischer Ding, nicht kränkende Worte, nicht die
Qualen des Körpers, da es doch sogar durch den Tod selbst eher ermutigt als
geschwächt wird.“98
Das gute Gewissen schafft Sicherheit, weil es unter den Bedingungen der Imma-
nenz Übereinstimmung mit Gott verspricht, der aus der Transzendenz alles Sein
und jede Ordnung setzt. Das gute Gewissen assimiliert den Menschen an Gott,
weil es jenes Wissen berge, das man, so Bernhard, mit Gott teilt:
„Ein festes und unerschütterliches Gefäß ist das Gewissen, geeignet, Geheimnisse
zu wahren, keinen Anschlägen ausgesetzt, keiner Gewalt weichend, keinem Auge
und keiner Hand zugänglich mit Ausnahme einzig des Heiligen Geistes, der auch
die Tiefen Gottes ergründet. Was immer ich in ihm hinterlege, werde ich ganz
sicher nicht verlieren: Es wird dies bei Lebzeiten aufbewahren, im Tode aber zu-
rückerstatten. Denn wohin ich auch gehe, geht es mit mir und trägt den Inhalt mit
sich, den es zur Verwahrung empfangen hat. Es ist für den Lebenden da, dem
Toten folgt es: Überall hat es für mich Ehre oder Schande untrennbar bereit, je
nach der Art des Inhalts.“99
In den Diskursen der vita religiosa kam dem Gewissen somit eine klar heilsnot-
wendige Funktion zu; es wurde als Grundlage für den Aufstieg der Seele und die
je persönliche Vervollkommnung begriffen.100 Dieser Aspekt des ,Je-Persön-
98 „Magnae divitiae bona conscientia. Et revera quid ditius in rebus vel dulcius? Quid in terra
quietius atque securius ? Bona conscientia damna rerum non metuit, non verborum contumeli-
as, non corporis cruciatus, quippe quae et morte ipsa magis erigitur quam deicitur.“ Bern-
hard von Clairvaux, ep. 411.3, in: Sämtliche Werke, Bd. 3, S. 812 (Übersetzung ebd., 813).
99 „Sanum vas et inconcussum conscientia, et secretis servandis idoneum, nullis patens insidiis,
nulli violentiae cedens, nulli quippe oculo vel manui accessibilis, excepto dumtaxat Spiritui qui
scrutatur etiam alta Dei. Quidquid in ea reposuero, securus sum quia non perdam: servabit
vivo, defuncto restituet. Nam quocumque vado ego, ipsa it mecum, secum ferens depositum
quod servandum acceperit. Adest vivo, mortuum sequitur; ubique mihi vel gloria, vel confusio
inseparabilis pro qualitate depositi.“ Ders., ep. 42, VI (21), in: Sämtliche Werke, Bd. 2, S. 472-5
(Übersetzung, ebd.).
100 Bertola formuliert: „La coscienza e infatti considerata, dagli scrittori monastici, il fondamen-
to dell’ascensione dell’anima e del perfezionamento individuale.“ E. Bertola, Il problema del-
la coscienza, S. 11.
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dieses Ziel besser in Angriff nehmen als hinter den schützenden Mauern des
Klosters, ist dem an Thomas, Propst von Beverley, gerichteten Werbeschreiben
Bernhards zu entnehmen, dem er die Freuden eines guten Gewissens für den
Fall in Aussicht stellt, dass dieser in den Zisterzienserorden eintritt:
„Ein gutes Gewissen ist ein großer Reichtum. In der Tat, was könnte im Leben
reicher oder süßer sein? Was auf der Welt ruhiger oder sicherer? Ein gutes Gewis-
sen fürchtet nicht den Verlust irdischer Ding, nicht kränkende Worte, nicht die
Qualen des Körpers, da es doch sogar durch den Tod selbst eher ermutigt als
geschwächt wird.“98
Das gute Gewissen schafft Sicherheit, weil es unter den Bedingungen der Imma-
nenz Übereinstimmung mit Gott verspricht, der aus der Transzendenz alles Sein
und jede Ordnung setzt. Das gute Gewissen assimiliert den Menschen an Gott,
weil es jenes Wissen berge, das man, so Bernhard, mit Gott teilt:
„Ein festes und unerschütterliches Gefäß ist das Gewissen, geeignet, Geheimnisse
zu wahren, keinen Anschlägen ausgesetzt, keiner Gewalt weichend, keinem Auge
und keiner Hand zugänglich mit Ausnahme einzig des Heiligen Geistes, der auch
die Tiefen Gottes ergründet. Was immer ich in ihm hinterlege, werde ich ganz
sicher nicht verlieren: Es wird dies bei Lebzeiten aufbewahren, im Tode aber zu-
rückerstatten. Denn wohin ich auch gehe, geht es mit mir und trägt den Inhalt mit
sich, den es zur Verwahrung empfangen hat. Es ist für den Lebenden da, dem
Toten folgt es: Überall hat es für mich Ehre oder Schande untrennbar bereit, je
nach der Art des Inhalts.“99
In den Diskursen der vita religiosa kam dem Gewissen somit eine klar heilsnot-
wendige Funktion zu; es wurde als Grundlage für den Aufstieg der Seele und die
je persönliche Vervollkommnung begriffen.100 Dieser Aspekt des ,Je-Persön-
98 „Magnae divitiae bona conscientia. Et revera quid ditius in rebus vel dulcius? Quid in terra
quietius atque securius ? Bona conscientia damna rerum non metuit, non verborum contumeli-
as, non corporis cruciatus, quippe quae et morte ipsa magis erigitur quam deicitur.“ Bern-
hard von Clairvaux, ep. 411.3, in: Sämtliche Werke, Bd. 3, S. 812 (Übersetzung ebd., 813).
99 „Sanum vas et inconcussum conscientia, et secretis servandis idoneum, nullis patens insidiis,
nulli violentiae cedens, nulli quippe oculo vel manui accessibilis, excepto dumtaxat Spiritui qui
scrutatur etiam alta Dei. Quidquid in ea reposuero, securus sum quia non perdam: servabit
vivo, defuncto restituet. Nam quocumque vado ego, ipsa it mecum, secum ferens depositum
quod servandum acceperit. Adest vivo, mortuum sequitur; ubique mihi vel gloria, vel confusio
inseparabilis pro qualitate depositi.“ Ders., ep. 42, VI (21), in: Sämtliche Werke, Bd. 2, S. 472-5
(Übersetzung, ebd.).
100 Bertola formuliert: „La coscienza e infatti considerata, dagli scrittori monastici, il fondamen-
to dell’ascensione dell’anima e del perfezionamento individuale.“ E. Bertola, Il problema del-
la coscienza, S. 11.