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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Verlag Schnell & Steiner [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Statuten der Wilhelmiten (1251-1348): Zeugnisse der Verfassung eines europäischen Ordens : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 5: Regensburg: Schnell + Steiner, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.53725#0171
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A.84: Von der Visitation
Bei der Durchführung einer Visitation soll der Visitator besondere Vorsicht und
Sorgfalt anwenden, auf dass er aufrichtig und gründlich die Verfehlungen korri-
giert und die Beachtung des Friedens mehrt, und, so sehr er es vermag, die Seelen
der Brüder in gesunder Ordensdisziplin zu einer höheren Achtung ihres Priors
und zur Gnade der gegenseitigen Liebe in Christus führe. Nichtsdestoweniger
soll derjenige, der zu visitieren ist, Vorsorge treffen, dass er gemäß den Gesetzen
des Ordens dem Visitator gegenüber gehorsam und ergeben auftritt, und dass er
sich um die Vervollkommnung seines Hauses, so sehr er es vermag, bemüht, wie
er gleichsam (ja) dem Herrn Rechenschaft (hierfür) ablegen wird.
Folglich soll bei Ankunft des Visitators der Prior jenes Hauses oder, falls dieser
abwesend ist, derjenige, der seinen Platz einnimmt, die Brüder mit Eifer ermah-
nen, bitten und belehren, damit sie aufrichtig und vertrauensvoll - öffentlich oder
privat, je nachdem, was sie als besser erachten, - erkennen, darlegen und Vorschlä-
gen, was zu korrigieren ist. Er möge indes darauf achten, dass niemand dies durch
irgendeine Handlungsweise verhindert oder, weil er es getan hat, Kummer berei-
tet. Er soll sich hüten, dass er in Gegenwart des Visitators oder nach dessen Fort-
gang irgendeinem der Brüder eine Bestrafung zufügt oder ihn beschimpft bzw.
sich über ihn entrüstet. Sogar, wenn irgendwer mit wenig Vorsicht oder wenig
Besonnenheit gesprochen hat, soll er (der Prior) mit diesem in wohlwollender
Gefälligkeit nach dem Rat des Visitators nachsichtig sein. Kommt es vor, dass er
selbst ein solcher Visitator ist, achte er darauf, dass er nicht jedem Geist glaubt,
sondern dem Fall, welchen er (noch) nicht kennt, sorgfältig nachgehen, nachfra-
gen und die (dann) erkannte Sachlage vernunftvoll mit Eifer für den Orden und
mit der Zuneigung väterlicher Liebe ausbessern soll.
Ferner soll er verbieten, dass sie beginnen, sich immer wieder auf das zurückzu-
ziehen, was sie als (bereits) angemessen Gebessertes kennen, dass sie den Dingen
Unsicheres hinzudichten, und dass sie durch leere Verdächtigungen die Seelen ih-
rer Väter oder Brüder durcheinanderbringen. Wenn irgendeiner dies getan hat,
soll ihn der Visitator angemessen ermahnen und züchtigen.
 
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