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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Verlag Schnell & Steiner [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Statuten der Wilhelmiten (1251-1348): Zeugnisse der Verfassung eines europäischen Ordens : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 5: Regensburg: Schnell + Steiner, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.53725#0203
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199

Wir legen darüber hinaus fest und ordnen mit Bestimmtheit an, darauf zu ach-
ten, dass der Visitator oder Vaterprior einen Prior, solange feststeht, dass dieser
ihm rechtmäßig untergeordnet ist, aus den folgenden zehn Gründen dringend ab-
setzen soll, nämlich bei Ketzerei, offenkundiger Simonie, körperlicher Unrein-
heit, bei Verschwendung oder starker Entfremdung der Kirchengüter, bei Raub,
Mord, schwerwiegender Wahrsagerei, förmlichem Eidbruch, bei Verschwörung
und wenn er Fälscher von Schriftstücken des höchsten Priesters92, hochrangiger
Fürsten oder der Prioren unseres Ordens gewesen ist.
Auch in anderen Fällen, wenn er etwa ein Verächter der heiligen Regel oder
ein Verletzer des Ordens ist, er sich mit den Lastern der anvertrauten Brüder ein-
verstanden zeigt bzw. an einem sehr schlechten Ruf leidet, soll der Visitator oder
Prior des Mutterklosters selbst oder durch seinen Subprior bzw. durch wen auch
immer er es besser vermag, diesen bis zu drei Mal zur Besserung ermahnen, weil
er, wenn er nicht korrigiert würde, auch nicht von selbst nachgeben wollte.9' Es
soll ihm auferlegt werden, dass er im folgenden Kapitel nach Urteil dieses Kapitels
um Verzeihung bittet, durch Absetzung oder eine anderweitige Bestrafung. Dies
soll auch sonst überall beachtet werden, auf dass der Überführte rechtmäßig ab-
gesetzt wird und (damit) nicht nur die Möglichkeit verliert, für sich ein Haus zu
wählen, sondern überdies auch bestraft wird gemäß dem Urteil gegenüber einem,
der sein Amt niederlegt.
Wenn aber dieser, der eine Amtsenthebung verdient, oder der Konvent dessel-
ben, was Gott behüten mag, trotzig sein und sich widersetzen will, den Urteilen
auch nur im Geringsten Folge zu leisten, dann soll er vom Visitator oder vom
Vaterprior der Exkommunikation preisgegeben und sodann von ihm gezüchtigt
werden, so gut er kann und es zu erledigen versteht.94 Wenn sich freilich einer von
ihnen, der zu sich selbst zurückgefunden hat, gegen den Tod seiner Seele wieder
aufrichten und zu seinem Mutterkloster oder dem Haus des Visitators zurückkeh-
ren will, so soll er wie ein reuiger Sohn95 wieder aufgenommen werden.

92 Gemeint ist der Papst.
93 CCPosterior, 36-37, S. 384.
94 Die zitierten zisterziensischen Textpassagen sprechen von einer Gruppe von Straftätern, wäh-
rend die wilhelmitische Regulierung hier nur einen Delinquenten adressiert. Deshalb sind die
variierenden lateinischen Numerus in der Übersetzung im Singular wiedergegeben.
95 Vgl. Lc 15, 11-32.
 
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