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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0133
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Die Wirtschaftsformen des Zisterzienserordens I 129

Eine systematische Untersuchung dieser Thematik, also der Gründungsabläufe,
liegt noch nicht vor, doch ist davon auszugehen, dass es bei den Verhandlungen
im Anfangsstadium zwischen dem Mutterhaus der Tochtergemeinschaft einer-
seits und den Stiftern andererseits oft darum ging, unterschiedliche Entwürfe
des zukünftigen Klosters zu harmonisieren.22 Dabei musste das Einzelkloster
oder der Orden mit Stiftern von ganz unterschiedlicher Wirtschaftskraft, poli-
tischer Macht und sozialem Status verhandeln. Die Schwierigkeiten dieses Vor-
gangs erscheinen deutlich in der Beschreibung der Gründung des Klosters
Meaux durch den Grafen von Albemarle, der zwar sein Kreuzzugsgelübde durch
eine Klostergründung ablösen will, aber nicht bereit ist, auf den Ort in seinem
Besitz zu verzichten, der von einem Zisterzienser dazu ausgewählt worden ist.23
Bereits in diesem Stadium mussten ein Bündel von Fähigkeiten eingesetzt wer-
den, das die eigentliche Gestaltungsmacht des Klosters ausmachte. Dazu ge-
hörte ein auf das politische und kirchliche Umfeld anzuwendendes diplomati-
sches Verhandlungsgeschick, Verständnis des wirtschaftlichen Potentials der
betreffenden Liegenschaften sowie Rechtskenntnisse, um den formalen Status
von Schenkungen richtig einschätzen zu können. Schenkungen von Liegen-
schaften und Rechten konnten einem Kloster Verbindlichkeiten, juristische
Auseinandersetzungen oder die Einbindung in neue Nachbarschaftsverhält-
nisse oder sogar ein neues politisches Umfeld regelrecht aufzwingen. Derartige
Gefahren galt es zu erkennen und zu vermeiden. Wenn dies nicht gelang, droh-
ten teure Rechtsstreitigkeiten, die sich über Jahre hinziehen konnten.24 Darüber
hinaus bestand die Gestaltungsmacht auch in der Entwicklung eines planeri-
schen Entwurfs von der Seite der Religiösen, der sicherstellen musste, dass die
Ortswahl für die neue Gemeinschaft geeignet war, dass die - zumindest in der
Frühzeit - immer den religiösen Idealen untergeordnete Wirtschaftsstruktur
spiel einer zeitlich begrenzten Verlegung in: Heike Reimann, Die historische Bedeutung des
Zisterzienserklosters Dargun für die mittelalterliche Entwicklung eines mecklenburgisch-
pommerschen Grenzgebietes, in: Schich (Hg.), Zisterziensische Wirtschaft (wie Anm. 12),
S. 48-63, hier S. 51-52; zu den Bedrohungen des Zisterzienserinnenklosters ter Hagen durch
Sturmfluten: Lucienne Cnockaert, De stichtmg der Cistercienzerinnen abdij ter Hagen on-
der Axel (1236), in: Citeaux in de Nederlanden 8, 1957, S. 121-131, hier S. 127-128.
22 Es wird in vielen Fällen kaum möglich sein, die genauen Umstände der Gründungen zu re-
konstruieren, da diese nicht nur durch Lücken in den Quellen, sondern auch durch Legenden
verdeckt werden, z. B. Nicole Donnet, Les origines de l’abbaye de Val Notre-Dame, in: Ci-
teaux 12, 1961, S. 133-155; Anselme Dimier, Quelques legendes de fondation chez les cister-
ciens, in: Studia monastica 12, 1970, S. 97-105, hier S. 98-100.
23 Chronica monasterii de Melsa, ed. Edward Bond, 3 Bde. (Rolls Series 43), London 1866-68,
Bd. 1, S. 76-77.
24 Das norditalienische Zisterzienserinnenkloster Rifreddo mag als Beispiel dienen, Boyd, A
Cistercian Nunnery (wie Anm. 12), S. 48, S. 66, S. 123-138; Janet Burton, The Estates and
Economy of Rievaulx Abbey in Yorkshire, in: Citeaux 49, 1998, S. 29-94, hier: S. 44-45.
 
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