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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0134
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130 I Jens Röhrkasten

überhaupt eingerichtet werden konnte.25 Gestaltungsmacht ergab sich hier aus
der Fähigkeit religiöser Gemeinschaften, ihre Gründer in Verhandlungen um
den Austausch spiritueller Leistungen gegen materielle Güter von der Notwen-
digkeit zu überzeugen, bei ihren Schenkungen die richtige Wahl zu treffen, also
geeigneten Besitz zu wählen, damit sich ein Kloster überhaupt konstituieren
konnte. War diese Aufgabe für den Kern der Anlage gelöst, nämlich die Kirche
und die Klostergebäude selbst, galt es, den ersten Besitz deutlich zu markieren,
vielleicht durch das Aufstellen von Kreuzen, wie im Fall von La Ferte.26 Nach
der Ausbreitung und Konsolidierung des Ordens scheinen diese Verfahren ver-
einfacht worden zu sein. Potentielle Gründer - egal ob es sich um Außenste-
hende oder Äbte des Ordens handelte, waren gehalten, beim Generalkapitel ei-
nen Antrag zu stellen, der dann geprüft wurde. Neu zu gründende Häuser
wurden Ende des 12. Jahrhunderts nur akzeptiert und in Besitz genommen,
wenn sie auch wirtschaftlich lebensfähig waren.27 28 Diese Entscheidung wurde
vom Generalkapitel erfahrenen Äbten übertragen, die den Standort der Kloster-
anlagen sowie die Lage, Qualität und Art der Besitzungen persönlich in Augen-
schein zu nehmen hatten. Darüber hinaus waren sie verpflichtet, deren recht-
lichen Status zu prüfen. Erst nachdem die Eignung vor Ort festgestellt worden
war, wurde das neue Kloster durch eine vom Mutterkloster ausgesandte Gruppe
von Religiösen in Besitz genommen.23 Durch dieses Verfahren behielten die auf
dem Generalkapitel versammelten Äbte die Kontrolle, delegierten ihre Autorität
aber, um eine Entscheidung zu ermöglichen, der die bestmöglichen Informatio-
nen zugrunde lagen. Einem Abt, der sich nicht an dieses Verfahren hielt, drohten
Sanktionen.29 Im Zentrum dieser Handlungsweise stand die wirtschaftliche
Lebensfähigkeit des neuen Klosters, das den Orden bereichern und die religiöse
Gemeinschaft nicht durch die Einforderung solidarischer materieller Hilfe be-
lasten sollte.
Der nächste Schritt bestand im Aufbau eines zusammenhängenden Klosterbe-
sitzes als Grundlage einer eigenständigen Wirtschaft. Oft war bereits der Grün-
dungsvorgang von einer oder mehreren Schenkungen von außerhalb des Kloster-
areals befindlichen Liegenschaften begleitet, doch hier entstanden - vielleicht
mit der Ausnahme einiger Zisterzienserinnenklöster in Kastilien und den ostel-
25 Lekai, The Cistercians (wie Anm. 1), S. 284; Janet Burton (Hg.), The Foundation History
of the Abbeys of Byland and Jervaulx, York 2006, S. xi-xxii.
26 Georges Duby (Hg.), Recueil des pancartes de l’abbaye de la Ferte-sur-Grosne, 1113-1178
(Recueil des Annales de la Faculte des lettres d’Aix-en-Provence, n.s. 3), Gap 1953, S. 23.
27 Statuta, ed. Canivez (wie Anm. 1), Bd. 1, S. 242, Generalkapitel von 1199 Nr. 54, 55.
28 Ebd.: Bd. 1, S. 244, Nr. 60, 61.
29 Ebd.: Bd. 1, S. 231, Nr. 46.
 
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