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https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0151
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Theorie für die Praxis
Klöster als Innovationslabore der säkularen Gesellschaft
im spätmittelalterlichen Westeuropa?
Martin Kintzinger
1. Kloster und Labor: Drei Fragen
Kloster und Labor - ein Widerspruch? Im ehemaligen Kloster Lorch kann, so
verspricht es die Website, jedermann das „Kloster Laboratorium“ besuchen, um
die Herstellung und Verarbeitung von Heilkräutern zu erleben.1 Das aktive Be-
nediktinerkloster (und Wirtschaftsimperium) Andechs wirbt entsprechend auf
seiner Homepage unter dem Schlagwort der klösterlichen Qualität damit, dass
seine Klosterbrauerei ein „voll ausgestattetes Labor“ sei.2
Klöster werden in der allgemeinen Wahrnehmung gewöhnlich mit Alterität
assoziiert, dem Anderen gegenüber und in der weltlichen Gesellschaft. Die Fas-
zination, die heute von kultureller Alterität ausgeht, sucht eine Aneignung des
Anderen, um daraus selbst Nutzen zu ziehen oder daran Gefallen zu finden und
so führt der Weg auch in klösterliche Kräuter- und Biergärten.
Klöster werden stets mit einer besonderen Wissenskultur in Verbindung
gebracht. Mit der Vorstellung eines Labors verbunden ist dabei nicht nur das
intern und über Generationen tradierte, spirituelle oder gelehrte Wissen, das
in der Büchersammlung der Bibliothek seinen sichtbarsten Ausdruck findet.3
Im Labor gewonnene Erkenntnis muss zugleich nutzbar sein für die umge-
bende Gesellschaft und das Potential besitzen, impulsgebend in seiner Umwelt
zu wirken. Notwendig und entgegen dem Ideal klösterlicher Stabilität wird
damit vorausgesetzt, dass es im Kloster Veränderungen gab, intellektuelle
1 https://www.stadt-lorch.de/de/Startseite/Freizeit-i-_-i-Tourismus/Kloster-i-Laboratorium.
html (Zugriff 3.10.2018)
2 https://andechs.de/brauerei/brauverfahren/qualitaetssicherung/kloesterliche-qualitaet/
(Zugriff 3.10.2018).
3 Vgl. Martin Kintzinger, Monastische Kultur und die Kunst des Wissens im Mittelalter, in:
Nathalie KRUPPA/Jürgen Wilke (Hgg.), Kloster und Bildung im Mittelalter (Veröffentli-
chungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 218. Studien zur Germania Sacra 28), Göt-
tingen 2006, S. 15-47; Ders., Das Geheimnis des Wissens oder: St. Gallen und die Wissens-
kultur im mittelalterlichen Europa, in: Das Kloster St. Gallen und seine Schulen. Zum 200.
Klöster als Innovationslabore der säkularen Gesellschaft
im spätmittelalterlichen Westeuropa?
Martin Kintzinger
1. Kloster und Labor: Drei Fragen
Kloster und Labor - ein Widerspruch? Im ehemaligen Kloster Lorch kann, so
verspricht es die Website, jedermann das „Kloster Laboratorium“ besuchen, um
die Herstellung und Verarbeitung von Heilkräutern zu erleben.1 Das aktive Be-
nediktinerkloster (und Wirtschaftsimperium) Andechs wirbt entsprechend auf
seiner Homepage unter dem Schlagwort der klösterlichen Qualität damit, dass
seine Klosterbrauerei ein „voll ausgestattetes Labor“ sei.2
Klöster werden in der allgemeinen Wahrnehmung gewöhnlich mit Alterität
assoziiert, dem Anderen gegenüber und in der weltlichen Gesellschaft. Die Fas-
zination, die heute von kultureller Alterität ausgeht, sucht eine Aneignung des
Anderen, um daraus selbst Nutzen zu ziehen oder daran Gefallen zu finden und
so führt der Weg auch in klösterliche Kräuter- und Biergärten.
Klöster werden stets mit einer besonderen Wissenskultur in Verbindung
gebracht. Mit der Vorstellung eines Labors verbunden ist dabei nicht nur das
intern und über Generationen tradierte, spirituelle oder gelehrte Wissen, das
in der Büchersammlung der Bibliothek seinen sichtbarsten Ausdruck findet.3
Im Labor gewonnene Erkenntnis muss zugleich nutzbar sein für die umge-
bende Gesellschaft und das Potential besitzen, impulsgebend in seiner Umwelt
zu wirken. Notwendig und entgegen dem Ideal klösterlicher Stabilität wird
damit vorausgesetzt, dass es im Kloster Veränderungen gab, intellektuelle
1 https://www.stadt-lorch.de/de/Startseite/Freizeit-i-_-i-Tourismus/Kloster-i-Laboratorium.
html (Zugriff 3.10.2018)
2 https://andechs.de/brauerei/brauverfahren/qualitaetssicherung/kloesterliche-qualitaet/
(Zugriff 3.10.2018).
3 Vgl. Martin Kintzinger, Monastische Kultur und die Kunst des Wissens im Mittelalter, in:
Nathalie KRUPPA/Jürgen Wilke (Hgg.), Kloster und Bildung im Mittelalter (Veröffentli-
chungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 218. Studien zur Germania Sacra 28), Göt-
tingen 2006, S. 15-47; Ders., Das Geheimnis des Wissens oder: St. Gallen und die Wissens-
kultur im mittelalterlichen Europa, in: Das Kloster St. Gallen und seine Schulen. Zum 200.