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Anzulewicz, Henryk; Breitenstein, Mirko [Hrsg.]; Melville, Gert [Hrsg.]
Die Wirkmacht klösterlichen Lebens: Modelle - Ordnungen - Kompetenzen - Konzepte — Klöster als Innovationslabore, Band 6: Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.54634#0057
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Das urkirchliche Ideal
der Franziskaner als Maßstab
der Kirche
Wilhelm von Ockham im theoretischem Armutsstreit
und als Theoretiker des Imperiums
Volker Leppin

„It remains the case, however, that neither in the Opus Nonaginta Dierum nor
in any of his other works does Ockham attempt to construct a political theory
on the Basis of Franciscan poverty“1. Mit diesem Verdikt begründet Arthur Ste-
phen McGrade ein hohes Maß an Eigenständigkeit der Politiktheorie Wilhelm
von Ockhams gegenüber dessen franziskanischer Herkunft. In der Tat wäre es
zu kurz geschlossen, aus der franziskanischen Armutstheorie Ockhams direkt
seine politische Haltung zugunsten Kaiser Ludwigs des Bayern im Konflikt mit
dem Papst abzuleiten. Aber die folgenden Zeilen sollen doch zeigen, dass der
Zusammenhang enger ist, als McGrade es vermuten lässt: Die theologischen
Grundstrukturen, welche Ockham aufgrund seiner „franziskanischen Option“
(Jürgen Miethke2), entwickelte, zu welcher er im Zuge des franziskanischen
Armutsstreits gelangte, ließen sich, als er sich auf die Seite Ludwigs stellte, er-
staunlich unproblematisch auch auf die Frage des Verhältnisses weltlicher Herr-
schaft zum Papst übertragen.

1 Arthur Stephen McGrade, The Political Thought of William of Ockham. Personal and in-
stitutional principles (Cambridge Studies in Medieval Life and Tought 3,7), Cambridge 1974,
S. 15.
2 Jürgen Miethke, Ockhams Weg zur Sozialphilosophie, Berlin 1969, S. 536; vgk, dies auf-
greifend, Volker Leppin, Wilhelm von Ockham. Gelehrter, Streiter, Bettelmönch, Darm-
stadt 22012, S. 214; dieser Zuordnung zur franziskanischen Option steht nicht entgegen,
dass Ockham seine Wahrnehmung des franziskanischen Problems „in the wider context of
what he perceived as a general ecclesiastical crisis“ stellte (Takashi Shogimen, Ockham
and Political Discourse in the Late Middle Ages [Cambridge Studies in Medieval Life and
Thought. 4,69], Cambridge 2007, S. 38) — den Ausgangspunkt bildete offensichtlich der
Streit um die Armut.
 
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