Albert der Große zwischen Natur,
Macht und Wirkung
Ein Individuum in klösterlicher Gemeinschaft
Henryk Anzulewicz’'
„Es gibt Leute, die nichts wissen, aber auf jede Weise die Verwendung der Philo-
sophie bekämpfen wollen, und am meisten bei den Predigerbrüdern, wo ihnen
keiner entgegentritt. Sie sind wie unvernünftige Tiere, die das begeifern, was sie
nicht kennen“.1 Mit diesen Worten rechnet der Dominikaner Albertus Magnus in
seinem in Köln im Jahre 1250 verfassten Kommentar zum siebten Brief des
Pseudo-Dionysius Areopagita mit seinen Widersachern ab. Sie hätten kein Ver-
ständnis für die Philosophie und ihre Nützlichkeit bei der Begründung und Ver-
teidigung des christlichen Glaubens und würden die Beschäftigung mit der Phi-
losophie mit allen Mitteln zu unterbinden versuchen. Nicht überraschend und
dennoch pikant ist die Tatsache, dass die beklagten Anfeindungen vor allem aus
den eigenen Reihen des Predigerordens kamen. Die zu dieser Zeit geltende Or-
denssatzung schloss zunächst, wie im Folgenden noch zu erfahren sein wird, das
profane Wissen und die Philosophie aus dem Studium nahezu gänzlich aus.2
Zu Alberts Kritikern gehörten offenbar nicht nur seine dominikanischen
Mitbrüder, sondern auch manche Kölner Weltgeistliche, die seine philosophi-
schen und naturwissenschaftlichen Studien und Forschungen unheimlich fan-
den und verschmähten. Als ein vielsagendes Indiz dafür wird eine Mönchsdar-
stellung am Chorgestühl des Kölner Domes vom Anfang des 14. Jahrhunderts
angesehen. Sie zeigt einen Mönch, der hinter einem Schild hockend eine Mutter-
* Für die kritische Lektüre des Beitrags und seine sprachliche Revision, Kommentare und
Anregungen danke ich Philipp A. Anzulewicz (Bonn).
1 Albertus Magnus, Super Dionysu epistulas, hier: ep. VII, ed. Paul Simon, in: Sancti doctoris
Ecclesiae Alberti Magni [...] Opera omnia [...] (Editio Coloniensis XXXVII/2), Münster
1978, S. 504.28-32: quidam, quia, nesciunt, omnibus modis velint impugnare usum philoso-
phiae, et maxime in praedicatoribus, ubi nullus eis resistit, tamquam bruta animalia blasphe-
mantes in bis quae ignorant. Vgl. Heinrich Ostlender, Albertus Magnus, Köln 41984, S. 28.
2 Siehe unten Anm. 12.
Macht und Wirkung
Ein Individuum in klösterlicher Gemeinschaft
Henryk Anzulewicz’'
„Es gibt Leute, die nichts wissen, aber auf jede Weise die Verwendung der Philo-
sophie bekämpfen wollen, und am meisten bei den Predigerbrüdern, wo ihnen
keiner entgegentritt. Sie sind wie unvernünftige Tiere, die das begeifern, was sie
nicht kennen“.1 Mit diesen Worten rechnet der Dominikaner Albertus Magnus in
seinem in Köln im Jahre 1250 verfassten Kommentar zum siebten Brief des
Pseudo-Dionysius Areopagita mit seinen Widersachern ab. Sie hätten kein Ver-
ständnis für die Philosophie und ihre Nützlichkeit bei der Begründung und Ver-
teidigung des christlichen Glaubens und würden die Beschäftigung mit der Phi-
losophie mit allen Mitteln zu unterbinden versuchen. Nicht überraschend und
dennoch pikant ist die Tatsache, dass die beklagten Anfeindungen vor allem aus
den eigenen Reihen des Predigerordens kamen. Die zu dieser Zeit geltende Or-
denssatzung schloss zunächst, wie im Folgenden noch zu erfahren sein wird, das
profane Wissen und die Philosophie aus dem Studium nahezu gänzlich aus.2
Zu Alberts Kritikern gehörten offenbar nicht nur seine dominikanischen
Mitbrüder, sondern auch manche Kölner Weltgeistliche, die seine philosophi-
schen und naturwissenschaftlichen Studien und Forschungen unheimlich fan-
den und verschmähten. Als ein vielsagendes Indiz dafür wird eine Mönchsdar-
stellung am Chorgestühl des Kölner Domes vom Anfang des 14. Jahrhunderts
angesehen. Sie zeigt einen Mönch, der hinter einem Schild hockend eine Mutter-
* Für die kritische Lektüre des Beitrags und seine sprachliche Revision, Kommentare und
Anregungen danke ich Philipp A. Anzulewicz (Bonn).
1 Albertus Magnus, Super Dionysu epistulas, hier: ep. VII, ed. Paul Simon, in: Sancti doctoris
Ecclesiae Alberti Magni [...] Opera omnia [...] (Editio Coloniensis XXXVII/2), Münster
1978, S. 504.28-32: quidam, quia, nesciunt, omnibus modis velint impugnare usum philoso-
phiae, et maxime in praedicatoribus, ubi nullus eis resistit, tamquam bruta animalia blasphe-
mantes in bis quae ignorant. Vgl. Heinrich Ostlender, Albertus Magnus, Köln 41984, S. 28.
2 Siehe unten Anm. 12.