148 I Martin Kintzinger
Mobilität bestand, Entdeckungen möglich waren und die Mönche nicht nur
nach der Kontinuität der Tradition, sondern auch nach der Herausforderung
des Neuen suchten.4
Für ein Kloster als Wirtschaftsbetrieb beispielsweise muss es darum gehen,
bewährte Traditionen in der Herstellung und Vermarktung seiner Produkte der
Nachfrage des Marktes anzupassen und betriebswirtschaftlich auf der Höhe der
Zeit zu bleiben. Dies war im Mittelalter nicht anders als es heute noch ist. Die
Andechser Mönche konnten diesen Anspruch unter ihrem seit 2003 amtieren-
den, 2015 wiedergewählten Abt Johannes Eckert erfolgreich umsetzen. Eckert
hat über ein Thema der Ethik in der Unternehmenskultur an der Universität
München promoviert und ist als Ethikberater in der Fortbildung für Manager
gefragt. 2006 allerdings wurde ihm Mitverantwortung für die Insolvenz eines
dem Kloster angeschlossenen Gastronomiebetriebes vorgeworfen. Eine sechs-
stellige Summe wurde als Schadenersatz dem Kläger, einem Geschäftsmann als
Unternehmenspartner des Klosters, zugesprochen. Das urteilende Landgericht
stellte jedoch lakonisch fest, dass nicht das Kloster verurteilt werden könne,
sondern nur der Abt als Aufsichtsratsvorsitzender des insolventen Unterneh-
mens und ein weiterer Pater als dessen Vorstandsmitglied. Ungeachtet des Klos-
tervermögens unterlägen die beiden verurteilten Mönche als Ordensmänner
hingegen dem Armutsgelöbnis, seien also besitzlos und könnten für Schadens-
ersatzzahlungen nicht herangezogen werden. Der Kläger ging folgerichtig leer
aus und der Gerichtssprecher räsonierte: „Wenn bei den beiden nichts zu holen
ist, kann man sich den Titel übers Bett hängen“?
Aufgebaut aus einer traditionellen Bierbrauerei hatte das Wirtschaftsimpe-
rium Andechs dessen Cellerarius, Pater Anselm Bilgri, seit 1994 Prior des Klos-
ters. Er hatte die „Marke Andechs“ als „Dreiklang aus Kirche, Wirtshaus und
Kultur“ geformt. Seine Hoffnungen, 2003 zum Abt gewählt zu werden, wur-
den dennoch enttäuscht. Der Konvent wählte statt seiner den Ethiker Eckert,
weil manchen Bilgris strikter ökonomischer Kurs doch zu weit ging und man
ihm vorwarf, „er orientiere sich bei der Auslegung des Gebots ,Ora et labora‘
Geburtstag der Katholischen Kantonssekundarschule „Flade“. Katalog zur Jahresausstel-
lung der Stiftsbibliothek St. Gallen, St. Gallen 2009, S. 11-30.
4 VgL Stefan Weinfurter, Wissenstransfer und kulturelle Innovation in karolingischer Zeit -
Einleitung, in: Julia BECKER/Tino LiCHT/Stefan Weinfurter (Hgg.), Karolingische Klös-
ter. Wissenstransfer und kulturelle Innovation (Materiale Textkulturen 4), Berhn/München/
Boston 2015, S. 3-6.
5 Spiegel online GmbH, Wirtschaft (31. Mai 2007): Kloster Andechs. Abt muss Schadenersatz
zahlen. URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/kloster-andechs-abt-muss-schadenersatz-
zahlen-a-486004.html - Download vom 31. Mai 2016.
Mobilität bestand, Entdeckungen möglich waren und die Mönche nicht nur
nach der Kontinuität der Tradition, sondern auch nach der Herausforderung
des Neuen suchten.4
Für ein Kloster als Wirtschaftsbetrieb beispielsweise muss es darum gehen,
bewährte Traditionen in der Herstellung und Vermarktung seiner Produkte der
Nachfrage des Marktes anzupassen und betriebswirtschaftlich auf der Höhe der
Zeit zu bleiben. Dies war im Mittelalter nicht anders als es heute noch ist. Die
Andechser Mönche konnten diesen Anspruch unter ihrem seit 2003 amtieren-
den, 2015 wiedergewählten Abt Johannes Eckert erfolgreich umsetzen. Eckert
hat über ein Thema der Ethik in der Unternehmenskultur an der Universität
München promoviert und ist als Ethikberater in der Fortbildung für Manager
gefragt. 2006 allerdings wurde ihm Mitverantwortung für die Insolvenz eines
dem Kloster angeschlossenen Gastronomiebetriebes vorgeworfen. Eine sechs-
stellige Summe wurde als Schadenersatz dem Kläger, einem Geschäftsmann als
Unternehmenspartner des Klosters, zugesprochen. Das urteilende Landgericht
stellte jedoch lakonisch fest, dass nicht das Kloster verurteilt werden könne,
sondern nur der Abt als Aufsichtsratsvorsitzender des insolventen Unterneh-
mens und ein weiterer Pater als dessen Vorstandsmitglied. Ungeachtet des Klos-
tervermögens unterlägen die beiden verurteilten Mönche als Ordensmänner
hingegen dem Armutsgelöbnis, seien also besitzlos und könnten für Schadens-
ersatzzahlungen nicht herangezogen werden. Der Kläger ging folgerichtig leer
aus und der Gerichtssprecher räsonierte: „Wenn bei den beiden nichts zu holen
ist, kann man sich den Titel übers Bett hängen“?
Aufgebaut aus einer traditionellen Bierbrauerei hatte das Wirtschaftsimpe-
rium Andechs dessen Cellerarius, Pater Anselm Bilgri, seit 1994 Prior des Klos-
ters. Er hatte die „Marke Andechs“ als „Dreiklang aus Kirche, Wirtshaus und
Kultur“ geformt. Seine Hoffnungen, 2003 zum Abt gewählt zu werden, wur-
den dennoch enttäuscht. Der Konvent wählte statt seiner den Ethiker Eckert,
weil manchen Bilgris strikter ökonomischer Kurs doch zu weit ging und man
ihm vorwarf, „er orientiere sich bei der Auslegung des Gebots ,Ora et labora‘
Geburtstag der Katholischen Kantonssekundarschule „Flade“. Katalog zur Jahresausstel-
lung der Stiftsbibliothek St. Gallen, St. Gallen 2009, S. 11-30.
4 VgL Stefan Weinfurter, Wissenstransfer und kulturelle Innovation in karolingischer Zeit -
Einleitung, in: Julia BECKER/Tino LiCHT/Stefan Weinfurter (Hgg.), Karolingische Klös-
ter. Wissenstransfer und kulturelle Innovation (Materiale Textkulturen 4), Berhn/München/
Boston 2015, S. 3-6.
5 Spiegel online GmbH, Wirtschaft (31. Mai 2007): Kloster Andechs. Abt muss Schadenersatz
zahlen. URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/kloster-andechs-abt-muss-schadenersatz-
zahlen-a-486004.html - Download vom 31. Mai 2016.