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III. Die Rezeptionsgeschichte
spielte bei der Zusammenstellung eine Rolle, weshalb zwei Handschriften das Bie-
nenkapitel aus dem Liber de natura rerum oder Abhandlungen anderer Autoren über
Bienen mit dem „Bienenbuch“ kombinieren.50 Solche Überlieferungszusammenhän-
ge sind stets auch ein starkes Argument für die Etablierung von Abhängigkeiten zwi-
schen verschiedenen Exemplaren, wie am Beispiel der österreichisch-böhmischen
Überlieferungsgruppe an anderer Stelle zu zeigen sein wird.51
III.3. Der Umgang mit Buch und Text
IIL3.1. Handschriften im Umlauf: Schreiben, Bestellen,
Kaufen und Sammeln
Spätestens wenn man die Befunde zu den mittelalterlichen Provenienzen der Hand-
schriften mit den heutigen Aufbewahrungsorten abgleicht, wird deutlich, wie stark
die Exemplare des Bonum universale de apibus über die Jahrhunderte Besitzer wech-
selten und so in neue Archivzusammenhänge gelangten. Solche Migrationen von Bü-
chern, denen Prozesse des Bestellens, Kaufens oder Sammelns vorausgingen, lassen
sich in zahlreichen Fällen dank kurzer, bisweilen an marginalen Stellen notierter Ver-
merke auch für die mittelalterliche Rezeption nachweisen. Auf diese Weise künden
sie von den Mühen der Abschrift wie auch von dem Streben nach Memoria, von
selbstbewussten Kopisten-Identitäten und sogar von Konkurrenzen innerhalb der
eigenen Zunft.52
Länge, Form, Inhalt und Tonfall variieren bei solchen Vermerken beträchtlich. In
der Regel wurde knapp die Beendigung der Arbeit vermerkt, ein Schreibername ge-
nannt und ein Datum bezeichnet, häufig unter Verweis auf ein nahendes Kirchen-
fest,53 die Amtszeit eines kirchlichen Vorstehers54 oder eines weltlichen Herrschers.
Als ein Prager Gelehrter zu Beginn des 15. Jahrhunderts einen Codex als seinen Besitz
50 BouIogne-sur-Mer, Bibliotheque municipale, cod. 99, fol. 1-4: capitulum de apibus-, Kiel, Univer-
sitätsbibliothek, cod. Bord. 51, fol. 1-14: textus apum secunum diversos doctores compilatus, d.h.
Textauszüge über Bienen aus Ambrosius oder Plinius.
51 S. hierzu Kapitel IV.2.5. sowie grundlegend zu dieser Problematik Divizia, Texts and Transmission.
52 S. hierzu erneut Derolez, Pourquoi les copistes.
53 Vgl. beispielsweise Bruxelles, Bibliotheque Royale, cod. II. 1445, fol. 134r: scriptus et completus in
die sanctorum martirum gervasii et prothasii per manus fratris ottonis sacerdotis de delf ordinis
canonicorum regularium Anno domini Mo ccco xlixo. Der Feiertag der Heiligen Gervasius und
Protasius wird am 19. Juni begangen. Dank dieses Hinweises ist belegt, dass der Regularkanoniker
Otto von Delft die Abschrift am 19. Juni 1449 beendete.
54 Ein Bezug auf die Amtszeit des Abtes der Benediktinerabtei Hasnon findet sich in Douai, Biblio-
theque municipale, cod. 338, fol. 138v: Explicit Uber de apibus 1472 quem scripsitN. pater Egidius
de Campis huius monasterii sacerdos professus anno supra nostro tempore N. Laurentii de Yvo-
riaco abbatis et secundo sue conversionis anno. Orale pro eo.
III. Die Rezeptionsgeschichte
spielte bei der Zusammenstellung eine Rolle, weshalb zwei Handschriften das Bie-
nenkapitel aus dem Liber de natura rerum oder Abhandlungen anderer Autoren über
Bienen mit dem „Bienenbuch“ kombinieren.50 Solche Überlieferungszusammenhän-
ge sind stets auch ein starkes Argument für die Etablierung von Abhängigkeiten zwi-
schen verschiedenen Exemplaren, wie am Beispiel der österreichisch-böhmischen
Überlieferungsgruppe an anderer Stelle zu zeigen sein wird.51
III.3. Der Umgang mit Buch und Text
IIL3.1. Handschriften im Umlauf: Schreiben, Bestellen,
Kaufen und Sammeln
Spätestens wenn man die Befunde zu den mittelalterlichen Provenienzen der Hand-
schriften mit den heutigen Aufbewahrungsorten abgleicht, wird deutlich, wie stark
die Exemplare des Bonum universale de apibus über die Jahrhunderte Besitzer wech-
selten und so in neue Archivzusammenhänge gelangten. Solche Migrationen von Bü-
chern, denen Prozesse des Bestellens, Kaufens oder Sammelns vorausgingen, lassen
sich in zahlreichen Fällen dank kurzer, bisweilen an marginalen Stellen notierter Ver-
merke auch für die mittelalterliche Rezeption nachweisen. Auf diese Weise künden
sie von den Mühen der Abschrift wie auch von dem Streben nach Memoria, von
selbstbewussten Kopisten-Identitäten und sogar von Konkurrenzen innerhalb der
eigenen Zunft.52
Länge, Form, Inhalt und Tonfall variieren bei solchen Vermerken beträchtlich. In
der Regel wurde knapp die Beendigung der Arbeit vermerkt, ein Schreibername ge-
nannt und ein Datum bezeichnet, häufig unter Verweis auf ein nahendes Kirchen-
fest,53 die Amtszeit eines kirchlichen Vorstehers54 oder eines weltlichen Herrschers.
Als ein Prager Gelehrter zu Beginn des 15. Jahrhunderts einen Codex als seinen Besitz
50 BouIogne-sur-Mer, Bibliotheque municipale, cod. 99, fol. 1-4: capitulum de apibus-, Kiel, Univer-
sitätsbibliothek, cod. Bord. 51, fol. 1-14: textus apum secunum diversos doctores compilatus, d.h.
Textauszüge über Bienen aus Ambrosius oder Plinius.
51 S. hierzu Kapitel IV.2.5. sowie grundlegend zu dieser Problematik Divizia, Texts and Transmission.
52 S. hierzu erneut Derolez, Pourquoi les copistes.
53 Vgl. beispielsweise Bruxelles, Bibliotheque Royale, cod. II. 1445, fol. 134r: scriptus et completus in
die sanctorum martirum gervasii et prothasii per manus fratris ottonis sacerdotis de delf ordinis
canonicorum regularium Anno domini Mo ccco xlixo. Der Feiertag der Heiligen Gervasius und
Protasius wird am 19. Juni begangen. Dank dieses Hinweises ist belegt, dass der Regularkanoniker
Otto von Delft die Abschrift am 19. Juni 1449 beendete.
54 Ein Bezug auf die Amtszeit des Abtes der Benediktinerabtei Hasnon findet sich in Douai, Biblio-
theque municipale, cod. 338, fol. 138v: Explicit Uber de apibus 1472 quem scripsitN. pater Egidius
de Campis huius monasterii sacerdos professus anno supra nostro tempore N. Laurentii de Yvo-
riaco abbatis et secundo sue conversionis anno. Orale pro eo.