Metadaten

Thomas; Burkhardt, Julia [Hrsg.]
Von Bienen lernen: das "Bonum universale de apibus" des Thomas von Cantimpré als Gemeinschaftsentwurf : Analyse, Edition, Übersetzung, Kommentar (Teilband 2): Analyse, Edition, Übersetzung und Kommentar — Regensburg: Schnell + Steiner, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53742#0328
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5
10
15
20
25
30

BUA 11,10

323

in meiner Heimat betrifft, möchte ich nun kurz darlegen. Ich bin zu Fuß in
eine mir unbekannte Stadt gekommen und war von der langen Reise so
ermüdet, dass ich vor übermäßiger Schwäche bald glaubte, mein Herz werde
mich im Stich lassen. Als unsere Brüder das Haus des Priesters betreten
hatten, konnten sie nicht einmal ein Stückchen des tiefschwarzen Brotes 5
bekommen, von dem sich das Gesinde ernährte. Sie gingen also weit und
breit durch die ganze Stadt und hatten überhaupt nichts, bis sie am Ende der
Stadt von einer gewissen armen Frau ein Stück Brot aus Kleie erhielten,
eine Gabe, die recht groß war; für mich war es freilich das größte Geschenk.
Wir setzten uns also unter einen Strauch und verspeisten das Brot. Und 10
obgleich die Ähren des Strohs, die in dem Brot waren, den Gaumen der
Essenden quälend reizten, war ich dennoch niemals in meinem Leben von
einer so süßen und genussvollen Speise erfreut worden. Ich habe also -
nicht ohne großen Schmerz im Herzen - überlegt, was jene heiligen Männer
an vielen Orten und zu viel schwierigeren Zeitpunkten ertragen haben, das 15
ich nicht einmal einen Tag lang ertragen konnte. Ich werde also über solche
Dinge schweigen, die jenen oft begegnen.
[10] Eine Sache, die ich nun anfüge, sollte von allen erwogen werden: Bei
unseren Klerikern unterscheidet man eine dreifache Lebensart. Die
Säkularkleriker arbeiten im Studium, die Säkular- oder Regularkanoniker 20
verwenden große Sorge auf das Singen von Stundengebeten; Mönche aber
oder andere Religiose mühen sich gründlich mit ihren Regelsatzungen und
deren Befolgung ab, und bei all diesen Tätigkeiten sind sie jeweils mit ihrer
Lebensart zufrieden. Die Prediger- oder Minderbrüder aber scheinen -
entsprechend der Vorgaben ihrer Orden - diese drei Lebensarten zugleich 25
und auf einmal einzuhalten. Sie studieren mit den Klerikern, sie verwenden
mit den Kanonikern Sorge auf das Singen der Stundengebete, mit den
Mönchen aber und anderen Religiösen in ihren Konventen versuchen sie,
Anklagen, Züchtigungen, Fasten und zum Teil die Stille sowie beinahe
tägliche und allgemeine Lehrstunden nach der Komplet einzuhalten, neben 30
jenen Dingen, die im Inneren sind; so gibt es bei den Predigerbrüdem für
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften