Königseinflüsterer oder Regierungsberater? I 381
chen Auftrag als Songe du Vergier auf Französisch.27 In Jean Goleins französi-
sche Übersetzung der litteralen Erklärung der Krönungszeremonie von
Guillaume Durandus, das Rationale divinorum officiorum, wurde als Aktuali-
sierung und Erweiterung eine französische Beschreibung der neuen Krönungs-
zeremonie der Königin und der Weihe der Oriflamme eingefügt - alles der poli-
tischen und staatstheoretischen Überlegungen entspringende Aspekte der
funktionalen Legitimation des Sakralkönigtums und der Valois-Dynastie.28 So
war die weite Vermittlung der Inhalte, die sich um alle tagesaktuellen politi-
schen Bereiche wie Schisma, England, Primogeniturrecht etc. drehte, gewähr-
leistet. Der Frage, wer die Autoren und die Rat gebenden Köpfe hinter diesen
wegweisenden Texten waren und wie sie sich in das Machtgefüge am Hof ein-
fügten und vor allem wer als Ratgeber das Ohr des Königs hatte, wird im nächs-
ten Abschnitt nachgegangen.
Kleriker als innovative Ratgeber?
Religiöse von den Cölestinern oder der einst in der Bibelexegese tonangebenden
Augustiner-Chorherren von Sankt-Viktor waren als Ratgeber in der Minder-
heit. Die sukzessiven Äbte von Saint-Denis, der Grablege der Könige, waren bei
vielen königlichen Entscheidungen qua Amt dabei und wurden manchmal für
diplomatische Missionen bezüglich des Schismas vom König betraut; die bera-
tenden Beiträge beispielsweise von Philippe de Villette und Guy de Monceaux
sind jedoch schlecht messbar.29 Es sind jedoch diese offiziellen Amtsträger, die
als königliche Ratgeber im conseil die Regierungsarbeit prägten. Johann II.
hatte, nicht ohne den Widerstand des Hochadels und der Bischöfe, erste Versu-
che unternommen, den königlichen Rat und den Zugang zu den entscheidenden
Gremien funktionaler zu organisieren; gouverneurs und conseillers, auch bür-
gerlicher Herkunft, kamen aus den größten und wichtigsten Verwaltungseinhei-
ten, dem hohen Adel (aber nicht ausschließlich den tonangebenden Herzögen),
und ranghohen kirchlichen Würdenträgern.30
27 Le Songe du Vergier. Edition d'apres le manuscrit Royal 19 C IV de la Brit. Library, hg. von
Marion Schnerb-Lievre, Paris 1982.
28 Richard Jackson, The Traite du sacre of Jean Golein, in: Proceedings of the American Philo-
sophical Society 113 (1969), S. 305-324.
29 Siehe Helene Millet, Michel Pintoin, chroniqueur du Grand Schisme d'Occident, in: Au-
trand, Saint Denis et la Royaute (wie Anm. 10), S. 197-219, bes. S. 202f.
30 Raymond Cazelles, Societe politique, noblesse et couronne sous Jean le Bon et Charles V,
Genf 1982, S. 178-182.
chen Auftrag als Songe du Vergier auf Französisch.27 In Jean Goleins französi-
sche Übersetzung der litteralen Erklärung der Krönungszeremonie von
Guillaume Durandus, das Rationale divinorum officiorum, wurde als Aktuali-
sierung und Erweiterung eine französische Beschreibung der neuen Krönungs-
zeremonie der Königin und der Weihe der Oriflamme eingefügt - alles der poli-
tischen und staatstheoretischen Überlegungen entspringende Aspekte der
funktionalen Legitimation des Sakralkönigtums und der Valois-Dynastie.28 So
war die weite Vermittlung der Inhalte, die sich um alle tagesaktuellen politi-
schen Bereiche wie Schisma, England, Primogeniturrecht etc. drehte, gewähr-
leistet. Der Frage, wer die Autoren und die Rat gebenden Köpfe hinter diesen
wegweisenden Texten waren und wie sie sich in das Machtgefüge am Hof ein-
fügten und vor allem wer als Ratgeber das Ohr des Königs hatte, wird im nächs-
ten Abschnitt nachgegangen.
Kleriker als innovative Ratgeber?
Religiöse von den Cölestinern oder der einst in der Bibelexegese tonangebenden
Augustiner-Chorherren von Sankt-Viktor waren als Ratgeber in der Minder-
heit. Die sukzessiven Äbte von Saint-Denis, der Grablege der Könige, waren bei
vielen königlichen Entscheidungen qua Amt dabei und wurden manchmal für
diplomatische Missionen bezüglich des Schismas vom König betraut; die bera-
tenden Beiträge beispielsweise von Philippe de Villette und Guy de Monceaux
sind jedoch schlecht messbar.29 Es sind jedoch diese offiziellen Amtsträger, die
als königliche Ratgeber im conseil die Regierungsarbeit prägten. Johann II.
hatte, nicht ohne den Widerstand des Hochadels und der Bischöfe, erste Versu-
che unternommen, den königlichen Rat und den Zugang zu den entscheidenden
Gremien funktionaler zu organisieren; gouverneurs und conseillers, auch bür-
gerlicher Herkunft, kamen aus den größten und wichtigsten Verwaltungseinhei-
ten, dem hohen Adel (aber nicht ausschließlich den tonangebenden Herzögen),
und ranghohen kirchlichen Würdenträgern.30
27 Le Songe du Vergier. Edition d'apres le manuscrit Royal 19 C IV de la Brit. Library, hg. von
Marion Schnerb-Lievre, Paris 1982.
28 Richard Jackson, The Traite du sacre of Jean Golein, in: Proceedings of the American Philo-
sophical Society 113 (1969), S. 305-324.
29 Siehe Helene Millet, Michel Pintoin, chroniqueur du Grand Schisme d'Occident, in: Au-
trand, Saint Denis et la Royaute (wie Anm. 10), S. 197-219, bes. S. 202f.
30 Raymond Cazelles, Societe politique, noblesse et couronne sous Jean le Bon et Charles V,
Genf 1982, S. 178-182.