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Maul, Stefan M.; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 10, Teilband 1): Einleitung, Katalog und Textbearbeitungen — Wiesbaden: Harrassowitz Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.57036#0152
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Textbearbeitungen: Nr. 14-15

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Gleichwohl erscheint es unwahrscheinlich, daß hiervon einer "eisernen Axt" die Rede war. Während nämlich im
weiteren Verlauf der Handlungsanweisungen sowohl der Pfeil als auch das in der folgenden Zeile genannte, aus
Talg gefertigte Schaf Erwähnung finden (Z. 12ff.). ist von einer Axt im Folgenden keine Rede mehr. Stattdessen
aber soll gemäß Z. 14 dem Sonnengott - gemeinsam mit dem Pfeil und dem aus Fett geformten Schaf - eine
Silbergabe präsentiert werden. Dies legt die Idee nahe, daß sich hinter der Schreibung “ 1 GIN BAR.B AR” eben
diese Silbergabe verbirgt. Es wäre dann von “einem Schekel BAR.BAR” die Rede, und BAR.BAR müßte hier
zumindest sinngemäß für das später erwähnte Silber stehen. Sollte BAR.BAR etwa spielerisch für BABBAR
stehen, das im Sumerischen gewiß aus einem reduplizierten Wort /bar/ entstanden ist und in neuassyrischer Zeit
bisweilen (wenngleich nur in Urkunden und Alltagstexten) als Abkürzung für KÜ.BABBAR = kaspu. “Silber”
verwendet wurde? Zu der Schreibung BAR.BAR vgl. auch den Eintrag in Silbenvokabular A. 15: bar-bar =
na-wi-ir-tum (siehe CAD N/1229a).
Da die Rückseite der Tafel VAT 8255 unlesbar ist. erfahren wir nicht mehr, was mit dem dem Sonnengott
präsentierten Pfeil geschah. Daher kann man nur vermuten, daß mit ihm die “Miasmen weggeschossen” werden
sollten (hierzu siehe P. Taracha. RIA 10. 460 s. v. Pfeil und Bogen. A. II sowie S. M. Maul. BaF 18. 79-80 und
484ff.. 8-11; V. Haas. Materia Magica et Medica Hethitica. 718-722 und ferner J. Scurlock. Magico-medical
means. 180-182. Text Nr. 2. 3). Eine ganz andere Verwendung eines Pfeils ist in E. von Weiher. SpTU 2. Nr. 25.
22 vorgesehen. Dort soll ein aus sieben Drogen hergestelltes Medikament, das Hilfe gegen Schadenzauber und
die von einem Bann verursachten Leiden verspricht, mit einem bronzenen Pfeil siebenmal “geschlagen” (ina
sil-ta-hu siparri(ZAB AR) 7-sü tamahhas(S\G-as)-ma) und dann in Bier. Wasser oder Wein verabreicht werden.
6 Es ist nicht klar, ob das unvollständig erhaltene erste Wort der Zeile ein attributives Adjektiv (fern. PI.) war. das
sich auf die zuvor genannten beiden Becher (2 käsäti) bezieht, oder aber wie das folgende billatu eine Materie
bezeichnete, die in die Becher gefüllt werden sollte. Der Zeilenumbruch spricht für die zweite Möglichkeit.
7 J. Bottero nahm an. daß die Gefäße verschlossen wurden, um die darin enthaltene Flüssigkeit zu kochen (siehe
J. Bottero. Textes culinaires. 51 zu 54). Sehr viel wahrscheinlicher ist freilich, daß die mit Wasser vermengte
Bierwürze in den verschlossenen Gefäßen zu einem alkoholischen Getränk vergoren wurde. Aus Beschreibungen
sog. Löserituale (nam-bür-bi) kennen wir nämlich entsprechende, ausführlicher formulierte Anweisungen
(siehe S. M. Maul. BaF 18. 54 und 121). Die beiden Becher mit dem Getränk waren als Gabe für den Sonnengott
bestimmt.
8f. Zu Herstellung und Ausstattung des Figürchens, das die in Z. If. genannten Beschwerden verkörperte, siehe die
Bemerkungen zu Text Nr. 1-2. 3’-6’.
10 Nach M. Malul (siehe AOAT 221. 172) gehörte die Salbung des “Abbildes der Krankheiten” (gegen
K. R. Veenhof. BiOr 23 [1966]. 310) nicht zu dem hier geschilderten Hochzeitsritus, sondern war “just part
of the toilet of the Figurine. coming after cleaning and clothing it”. Die unten angeführten Parallelen zeigen
allerdings deutlich, daß die in Z. 10 beschriebene Salbung keineswegs in den Kontext der Ausstattung von den
in Heilbehandlungen verwendeten Figürchen zu stellen ist. Ohne Zweifel ist sie auch hier - so wie im weltlichen
Rechtswesen - als ein symbolischer, in gewisser Weise sogar als eine Art sakramentaler Akt zu verstehen, der
Partnern beim Vertragsabschluß den wechselseitig bindenden Charakter der Abmachung vor Augen führen sollte
(hierzu siehe H. Neumann. ZAR 10 [2004]. 88 mit weiterführender Literatur sowie U. Steinert. Aspekte des
Menschseins. 161-163). Das Figürchen, das nicht allein die eingangs genannten Beschwerden, sondern auch
den von den Krankheiten Befallenen verkörpern sollte, ist als Substitut für den zu heilenden Patienten dazu
bestimmt, an dessen Statt das Schicksal des Todgeweihten auf sich zu nehmen. Es wird mit den in Z. 1 ’-5’ nur
spärlich erhaltenen dicenda darauf verpflichtet, diese Rolle anzunehmen (hierzu siehe Text Nr. 3. 66-71 und den
zugehörigen Kommentar). Mit der Salbung wird diese Verpflichtung als verbindlich besiegelt.
Weitere mit der hier kommentierten Stelle sehr verwandte Belege für das Salben von Figürchen in Heilverfahren
des äsipu finden sich z. B. in J. Scurlock. Magico-medical means. 543-545. Text Nr. 232 (= H. Zimmern. BBR 2.
Text Nr. 52). 6 und W. Schramm. Compendium. 46-49. 122-127 und 213-218. Beschwörung 6. Siehe dazu auch
V. Haas. Materia Magica et Medica Hethitica. 259-261. In dem ‘Leitfaden’ zur Durchführung der nam-erim-
bür-ru-da genannten Heilbehandlung nimmt das Berühren des Mundes der Figur “mit Honig. Butterschmalz.
Zedemholz (und) Süßrohr” die Stelle der Salbung ein (Text Nr. 1-2. 9’).
11 Zu dieser Stelle siehe M. Malul. AOAT 221. 170-173 und M. Stol. Epilepsy. 100. Beide gehen zu Recht davon
aus. daß das Ferkel hier als Gattin des männlich gedachten “Abbildes der Krankheiten” galt. Freilich ist - wie
die in diesem Buch präsentierten Therapiebeschreibungen unter Beweis stellen - M. Maluls Grundannahme
schlichtweg unzutreffend, daß “demons and sicknesses possessing a person always play the male role. while the
sick person is perceived as the female partner. even if he is a male”. Auch M. Stol führt mit Verweis auf Z. 11
aus. daß “the “puppet” of diseases is the male partner and the piglet is the “wife” - as the text itself says”. Er
stellt dabei ebenso wenig wie M. Malul in Frage, daß das Logogramm DAM hier assatu. “Ehefrau” gelesen
werden müsse. Das Logogramm DAM ist aber geschlechtsneutral und bezeichnet neben der Ehefrau auch den
Ehemann (akk. mutw, so z. B. in Text Nr. 3. 29). Auch das maskuline Suffix -su in tulabbassu (Z. 9). qaqqadisu
(Z. 10). tahärsu (Z. 11) und taqässu (Z. 17) muß nicht zwangsläufig auf das männliche Geschlecht der salam
mursT geheißenen Puppe deuten. Denn das akkadische Wort salmu ist maskulin und wird im laufenden Text
dementsprechend als grammatisches Maskulinum behandelt. In dem folgenden Gebet hingegen bezieht sich das
 
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