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Frahm, Eckart; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 3): Historische und historisch-literarische Texte — Wiesbaden: Harrassowitz, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.32131#0017
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Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur

Records of Assyria and Babylonia aus der Feder desselben
Autors oder E. Ebelings, B. Meissners und E. Weidners Die
Inschriften der altassyrischen Könige von 1926. 22 Es ist Ernst
Weidner, der sich bei der systematischen Erschließung der
Königsinschriften aus Assur und anderer „historischer" Texte
von dort die wohl größten Verdienste erworben hat. Über viele
Jahre hinweg identifizierte er, unter Rückgriff auf die im
Berliner Museum aufbewahrten Originale sowie durch
Konsultation der Grabungsfotos ihm unzugänglicher Inschriften,
neues einschlägiges Textmaterial, etablierte Textzu-
sammenschlüsse und veröffentliche die Ergebnisse seiner Arbeit
in zahlreichen Einzelartikeln 23 sowie in seiner 1959 erschiene-
nen Monographie Die Inschriften Tukulti-Ninurtas I. und seiner
Nachfolger.

Wichtige, z. T. auf Weidners Arbeiten aufbauende
Überblicksdarstellungen, in denen der Versuch unternommen
wurde, sämtliche assyrischen Königsinschriften einschließlich
derer aus Assur katalogartig zu sammeln und gmndsätzliche
Trends in der Entwicklung der Gattung herauszuarbeiten, stell-
ten die zwei von R. Borger bzw. W. Schramm vorgelegten
Bände der Einleitung in die assyrischen Königsinschriften von
1961 und 1970 dar. Der erste Teil beschäftigt sich mit den
Inschriften des 2. Jahrtausends, der zweite mit denen der Jahre
934-722 v. Chr. Die beiden Werke repräsentieren eine neue
Etappe in der Erschließung der Gattung.

Die jüngste Phase der wissenschaftlichen Arbeit an den
Königsinschriften aus Assur ist vor allem mit dem Namen A. K.
Graysons verbunden. 1972 legte Grayson in Assyrian Royal
Inscriptions 1: From the Beginning to Ashur-resha-ishi I. in der
Tradition von Luckenbills ARAB stehende Übersetzungen der
größtenteils in Assur gefundenen Inschriften der früheren assy-
rischen Könige vor. Im Rahmen des ambitionierten Torontoer
RIM-Projekts, das sich die Edition sämtlicher mesopotamischer
Herrscherinschriften zum Ziel gesetzt hat, folgten dann mehrere
Jahre später in Gestalt von RIMA 1-3 vollständige Bearbeitungen
aller bekannten assyrischen Königsinschriften von den Anfängen
bis zum Jahre 745 v. Chr. 24 Die Inschriften der späteren assyri-
schen Könige liegen noch nicht in neuen Bearbeitungen des
RIM-Projekts vor, doch sind auch sie in den letzten Jahren
Gegenstand verschiedener monographischer Arbeiten gewor-
den. 25

22 Der Begriff „altassyrisch" schließt hier noch die Herrscher der mittelassyri-
schen Zeit mit ein.

23 Besonders wichtig sind Weidners Beiträge in MVAG 26/2 (1921), AfO 3
(1926), 66-77, AfO 6 (1930/31), 75-94, AfO 12 (1937-39), 144-48, AfO 13
(1939/40), 204-18,A/O 14 (1941-44), 40-53, AfO 17 (1954-56), 257-93,AfO
18 (1957/58), 342-60, AfO 20 (1963), 113-16 und AfO 21 (1966), 35-41. Für
weitere einschlägige Arbeiten Weidners siehe R. Borger, HKL 1,609-23 und
HKL 2, 313-19.

24 A. K. Grayson, Assyrian Rulers of the Third and Second Millennia BC. (to
1115 BC), RIMA 1 (1987) (der Band sollte zusammen mit der wichtigen
Rezension von O. Pedersen in BiOr A1 [1990], 686-707 benutzt werden);
ders., Assyrian Rulers of the Early First Millennium BC. I (1114-859), RIMA
2 (1991); ders., Assyrian Rulers of the Early First Millennium BC. II (858-
745), RIMA 3 (1996). Kopien und Bearbeitungen der im Istanbuler Muse-
um aufbewahrten Tonknaufinschriften aus Assur veröffentlichte Grayson
zusammen mit V. Donbaz in Royal Inscriptions on Clay Cones from Ashur
now in Istanbul (1984).

25 H. Tadmor, The Inscriptions ofTiglath-pileser III, King ofAssyria (1994), A.
Fuchs, Die Inschriften Sargons II. aus Khorsabad (1994), Verf., Einleitung
in die Sanherib-Inschriften (1997), R. Borger, Beiträge zum Inschriftenwerk
Assurbanipals (1996). Für die Inschriften Asarhaddons ist nach wie vor Bor-
gers Die Inschriften Asarhaddons, Königs von Assyrien (1956) heranzuzie-
hen; für zusätzliches Material siehe B. Porter, Images, Power, and Politics
(1993), 177-80. Es ist zu beachten, daß die Könige der spätassyrischen Peri-
ode ihre wichtigsten und umfangreichsten Inschriften nicht länger in Assur
hinterließen, sondem in Kalhu, Dür-Sarrukln und Ninive.

Daß die Erschließung der bislang ausgegrabenen assyrischen
Königsinschriften aus Assur trotz der hier genannten und ande-
rer Publikationen nicht als endgültig abgeschlossen gelten kann,
wurde spätestens deutlich, als O. Pedersen 1997 seinen Katalog
der beschrifteten Objekte aus Assur (KbOA) vorlegte. Dieses
nach Objektgmppen angeordnete Verzeichnis aller in Assur
gefundenen beschrifteten Objekte mit Ausnahme der Tontafeln
listet - neben dem publizierten Material - auch zahlreiche in den
Museen zu Berlin und Istanbul aufbewahrte Königsinschriften
auf, die noch nicht veröffentlicht sind. Zwar scheint es sich bei
den meisten von ihnen um Duplikate zu schon bekannten Texten
zu handeln, doch werden auch nicht wenige singuläre Inschriften
aufgeführt. Und auch unter den - von Pedersen bereits 1986 in
Archives and Libraries in the City of Assur behandelten -
Tontafeln findet sich eine ganze Reihe noch unveröffentlichter
Texte, die im engeren oder weiteren Sinne historischen Inhalts
sind.

Zur Auswahl der im vorliegenden Band behandelten Texte

Ziel der vorliegenden Arbeit ist, einige der bislang unpublizier-
ten oder nur in Form von Kompositkopien und -editionen greif-
baren historischen Texte aus Assur in Kopie und Bearbeitung
vorzulegen. Bei der Auswahl war es notwendig, in zweierlei
Hinsicht Beschränkungen vorzunehmen: Zum einen galt es, sich
auf solche Texte zu konzentrieren, die tatsächlich mit einigem
Recht als „historisch" gelten dürfen. Zum anderen hatte der
Schwerpunkt dabei auf dem Material zu liegen, das im Rahmen
des von S. M. Maul geleiteten Heidelberger Projekts zur
Erschließung der nichtadministrativen Tontafeltexte aus Assur
gesammelt und studiert wird.

In gewisser Weise sind sämtliche schriftlichen Hinter-
lassenschaften einer verflossenen Zivilisation als „historisch" zu
qualifizieren. Selbst der scheinbar bedeutungsloseste „Wäsche-
zettel" kann, wenn nicht isoliert betrachtet, dem modernen
Wissenschaftler dabei helfen, geschichtliche Zusammenhänge
zu rekonstmieren. Im engeren Sinne historisch sind freilich nach
mehrheitlicher Auffassung nur ganz bestimmte Texte. Wenn
man die berühmte Definition Johan Huizingas aufgreift, wonach
Geschichte „die geistige Form (ist), in der sich eine Kultur über
ihre Vergangenheit Rechenschaft gibt", 26 dann sind als histo-
risch diejenigen Schriftzeugnisse anzusehen, in denen ein ver-
gangenes Geschehen zur Darstellung kommt mit dem Ziel, es
für die Menschen der Gegenwart und der Zukunft intellektuell
greifbar zu machen.

Für welche mesopotamischen Textgattungen trifft dies zu?
W. W. Hallo hat die keilschriftliche Überliefemng in monumen-
tale, kanonische und archivalische Texte eingeteilt. 27 Die erstge-
nannte Textgruppe bilden Hallo zufolge die Henscherinschriften,
die nach der Maßgabe größtmöglicher Zeitresistenz gestaltet
sind. Die bevorzugten Inschriftenträger dieser Texte, die
Tatenberichte von oft sehr unterschiedlicher Länge enthalten
können, sind haltbare Medien wie Stein oder gebrannter Ton.
Anbringungsorte können unzugängliche Felsformationen oder
Gründungsdepots in Tempeln und Palästen sein, die einer vor-
zeitigen Entsorgung der fraglichen Inschriften Hindernisse ent-
gegensetzen, und verfaßt sind die Texte in der Regel in der dem

26 J. Huizinga, „Über eine Definition des Begriffs Geschichte", in: Wege der
Kulturgeschichte: Studien (Übers. W. Kaegi), München 1930, 86.

27 Siehe W. W. Hallo, Origins, 151 f.
 
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