Metadaten

Frahm, Eckart; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 3): Historische und historisch-literarische Texte — Wiesbaden: Harrassowitz, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32131#0087
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
74

Historische und historisch-literarische Keilschrifttexte aus Assur

Die obige Übersetzung folgt im wesentlichen derjenigen Levines. Wenn sie zutrifft, hätte Kibaba, wie von Fuchs, Die In-
schriften Sargons II. aus Khorsabad, 411 ausgeführt, bereits vier Jahre vor Sargons Feldzug sein Amt verloren und wäre
folglich kaum imstande gewesen, ihm 716 v. Chr. Tribut zu bringen. Zwei mögliche Lösungen für das sich hieraus ergebende
Dilemma lassen sich in Erwägung ziehen. Zum einen kann man vermuten, daß der Verweis auf Kibaba in Z. 6’ unseres Textes
einen Anachronismus darstellt. Zum anderen wäre zu erwägen, ob sich er-bet MU.AN.NA statt auf die Dauer der Tributver-
weigemng nicht vielleicht eher auf das Alter der zu liefernden Pferde beziehen könnte. Daß vier Jahre alte Pferde begehrt
waren, geht u. a. aus der 2001 in Assur gefundenen, noch unveröffentlichten mittelassyrischen Urkunde Ass.2001 .D-1501
hervor, die aus den Nairi-Ländern importierte Pferde verschiedenen Alters auflistet (für eine kurze Diskussion des Textes
siehe Verf., MDOG 134 [2002], 68f.). 18 dieser Tiere waren vier Jahre alt. Sollte sich die Jahresangabe in Z. 42 der Iran-Stele
wirklich auf die Pferde beziehen, könnte Kibaba 716 v. Chr. noch im Amt gewesen sein.

Kibaba ist möglicherweise mit einem gewissen Kibaba/ise zu identifizieren, von dem es in Briefen aus den letzten Jahren der
Regiemngszeit Sargons heißt, er sei in die Thronfolgestreitigkeiten in Ellipi verwickelt gewesen, doch ist dies nicht gesichert;
für eine Diskussion siehe Fuchs, PNA 2/1, 614.

8’f.: Die Ergänzungen in Z. 8’ und am Anfang von Z. 9’ sind sehr unsicher und durch keinerlei Parallelen gestützt. Die Annahme,

daß hier die mangelnde Klugheit der Bewohner Harhars thematisiert wird, scheint jedoch nicht abwegig. Die Ergänzung von
Kibaba bel ällsunu irdudüma folgt Ann., Z. 96, während für Daltä urabbü ellsun das in Ann., Z. 96a bezeugte Daltä (sarru)
Ellibäja urabbü ellsun zu vergleichen ist. Für eine ausführliche Darstellung der politischen Karriere des Daltä, die sich von
737 v. Chr. bis in die späten Regiemngsjahre Sargons verfolgen läßt, siehe Fuchs, SAAS 8, 112-23 (sowie PNA l/II, 373).
Daltä scheint sich konsequent proassyrisch verhalten zu haben und könnte das im vorliegenden Text dokumentierte Ansinnen
der Bewohner Harhars, ihm die Herrschaft anzutragen, durchaus zumckgewiesen haben.

10’f.: Vielleicht ist in Z. 10’ davon die Rede, daß die Bewohner Harhars in Furcht gerieten, als sie der möglichen Folgen ihrer gegen

Sargon gerichteten Aktionen inne wurden; man vergleiche Formulierungen wie iplah libbasun „ihr (der Leute von Ekron) Herz
geriet in Angst" in Sanheribs Annalen (Verf., Einleitung in die Sanherib-Inschriften, 54,Z. 43). Z. 11 ’ scheint auf Hilfstruppen
zu verweisen, die die Harharäer anwarben, um der drohenden Gefahr eines assyrischen Angriffs zu begegnen. Die hierbei
gebrauchte Formuliemng würde, wenn die obige Lesung korrekt ist, stark an einen Passus in Sanheribs Schilderung der
Belagerung Jemsalems im Jahr 701 v. Chr. erinnern. Darin ist von Hiskia und den urbi säbesu damquti „den urbi (= irreguläre
Milizen?) (und) seinen Elitetruppen" die Rede, die der judäische König anläßlich der bevorstehenden assyrischen Attacke
ana dunnun Ursallimu äl sarrütTsu useribüma irsü tilläte „zur Verstärkung seiner königlichen Residenzstadt Jerusalem (in
die Stadt) hatte hineinkommen lassen und als Hilfstmppen gewonnen hatte" (Verf., Einleitung, 54, Z. 55 u. ö. in Sanheribs
Berichten über diese Episode).

12’: Grundsätzlich könnte man für die Lesung der in dieser Zeile erhaltenen Zeichen an u]s-tal-pit-su x „ich zerstörte es ..." (Perf.)

oder an ] x re-bit-su x „... sein Platz ..." denken. Für ersteres scheint das in Ann. 711, iii.b 30 erhaltene ]-su ap-pul [ sprechen,
doch bleibt der Kontext in beiden Fällen unklar. Ann. 711, iii.b 26-35, ein Abschnitt, der mit dem vorliegenden Passus
möglicherweise engere Berührungen aufweist als Sargons übrige Schildemngen der Harhar-Episode, ist leider ebenfalls
äußerst schlecht erhalten. Das auf su folgende Zeichen könnte ein -u[n] sein, doch sicher ist dies nicht.

13’: Ob hier auf Bestechungsgeschenke der Bewohner von Harhar Bezug genommen wird, läßt sich vorerst nicht klären.

14’: Offenbar eine Form von malü D.

15’f.: Die Ergänzungen, insbesondere ina meteq gernja, sind erneut sehr unsicher. Sie bemhen auf der Annahme, daß VAT 10716

die Vorgeschichte der Eroberung Harhars wie folgt darstellt: Kibaba von Harhar wird von seinen uneinsichtigen (Z. 8’f.)
Untertanen abgesetzt ([Z. 9’]), nachdem er, vermutlich außerhalb von Harhar, Sargon Tribut geliefert hat (Z. 6’f.); die
Herrschaft über die Stadt wird Daltä von Ellipi angetragen (Z. 9’). Da den Bewohnern Harhars klar ist, daß diese Handlungen
eine assyrische Vergeltungsaktion provozieren könnten (Z. 10’f.), zumal laut Z. 42 der Iran-Stele bestimmte Tributlieferungen
noch ausstehen, sichern sie sich militärische Verstärkung (Z. 11 ’), indem sie einem oder mehreren auswärtigen Potentaten
reiche Geschenke bringen (Z. 13’). Sargon, der inzwischen weiter im Zagrosraum umhergezogen ist, hört von den Ereignissen,
macht kehrt (Z. 15’) und zieht gegen Harhar, um die Stadt zu annektieren (Z. 16’).

17’: Hier ist offenbar von der auch in anderen Sargon-Texten dokumentierten Umbenennung Harhars die Rede; die Ergänzungen

folgen Ann., Z. 100 (abbi) bzw. Prunk, Z. 63 (azkur). Die dabei anstelle des üblichen MU-.vu anzusetzende ungewöhnliche
Schreibung ,v|u-um-sü] läßt allerdings erneut gewisse Zweifel an der Richtigkeit der Textrekonstruktion aufkommen.

18’: Ergänzt nach Ann. 711, iii.c 2 gleichfalls beschädigt), von dem Tempel ist auch in der Iran-Stele, Z. 44 die Rede.

32) VA 15466 (Kopie: S. 220) Sargon II.

Fundnummer: Ass. 8800; Fundort: cD6V, bei der Westgrenze der Grabung, auf dem Lehmziegel (südliche Umfriedung der
Festungsanlage auf dem Gebiet des ehemaligen Neuen Palastes).

Größeres Bmchstück eines hohlen Tonzylinders (für eine Beschreibung dieser auch als „Tonfäßchen" bezeichneten Inschriftenträger s.
Verf., Einleitung in die Sanherib-Inschriften, 41 f.), 78 x 73 mm. Der linke Rand ist erhalten, die Zeilenanfänge sind jedoch verloren.
Fmhere Kopie, Bearbeitung: -, vgl. O. Pedersen, KbOA, 207 (fälschlich fragend Sanherib zugeschrieben).

Parallelen: S. u.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften