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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0241
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Die Idee der Universität [1946]

einfache Vermehrung. Man kann nicht beliebig weitere Fakultäten daneben setzen
nur aus dem Grunde, daß irgendwo ein quantitativ breiter Lehrbetrieb entstanden ist.
Eine Spezialfakultät braucht als Grundlage ein echtes Lebensgebiet.
Der Gedanke ist alt. Zum Beispiel wurde 1803 von der badischen Regierung in Hei-
delberg eine selbständige »staatswirtschaffliehe Sektion« errichtet und vorläufig der
philosophischen Fakultät eingegliedert. Diese Sektion umfaßte: Forstwissenschaft;
Stadt- und Landwirtschafts-, Bergwerks- und Feldmessungskunde; Land- und Wasser-
baukunst; Kunst- und Gewerbekunde; Scheidekunst und Polizeiwissenschaft. Die Sek-
tion umfaßte »alles, was die Kenntnisse, die Erhaltung und Vermehrung, auch rich-
tige Verwendung der Staatskräfte betrifft«.254 Von diesen Wissenschaften und Künsten
blieb später nichts übrig als das, was man dann Nationalökonomie nannte. Nicht ein
echtes, umfassendes Lebensgebiet wurde die Aufgabe jener Sektion. Der Bezug auf die
Staatsverwaltung war keine Idee, sondern eine bloße Nützlichkeit, durch die sich al-
lerhand Dinge empfahlen. Darin steckte aber viel mehr.
Dieses Mehr hat jedoch erst das 19. Jahrhundert hervorgebracht und langsam be-
wußt werden lassen. Ein wirklich neues Lebensgebiet ist, wie immer deutlicher wird,
allein die Technik. Die Technik scheint zwar uralt, sie hat sich entwickelt durch Jahr-
85 tausende. Aber sie blieb bis zum Ende des 18. Jahrhunderts | im Bereich des Handwerk-
lichen. Darum blieb sie eingeordnet in einen im Grunde gleichbleibenden natürlichen
Lebensraum des Menschen. Erst in den letzten anderthalb Jahrhunderten erfolgte der
Einschnitt, der tiefer ist als alle weltgeschichtlichen Ereignisse der Jahrtausende, viel-
leicht so tief, wie die erste Entdeckung der Werkzeuge und des Feuers. Die Technik ist
wie ein selbständiger Riese geworden. Er wächst und schreitet fort zur planmäßigen
einheitlichen Ausbeutung und Verwertung des Erdballs. Er zieht die ihrem eigenen
Werk gegenüber scheinbar ohnmächtig gewordenen Menschen in seinen Bann.
So ist die Frage, ob unter den menschlichen Grundanliegen in gleichwertiger Ob-
jektivität neben Theologie, Jurisprudenz, Medizin liegt, was erst die moderne Welt in
ganzem Umfang mit den Folgen katastrophaler Verwandlung aller Zustände und des
Ganges der Weltgeschichte verwirklicht hat: die Formung des menschlichen Daseins in
der Natur, die Gestaltung der Menschenwelt in der Beherrschung der Naturkräfte, der techni-
schen Welt.
Eine Erweiterung der Universität durch eine vierte Fakultät, nach und neben den
drei anderen »oberen Fakultäten«, der Theologie jurisprudenz, Medizin, ist eine wirk-
liche Aufgabe. Denn nur hier liegt gegenüber dem Früheren ein neues Lebensgebiet
vor uns, das noch in zugleich ordnender und chaotischer Entwicklung steht und in
seinem menschlichen Sinn noch durchaus unklar ist.
Dabei bleibt für alle Menschen die unmittelbare Umwelt, wenn diese auch ihren
Charakter verändert. Von der Familienwohnung bis zu Bauten für öffentliche Zwecke,
von den Straßenanlagen bis zu Mitteln des Verkehrs, des Transports, des Nachrichten-
wesens, von den Einrichtungen von Küche, Schreibtisch und Schlafgelegenheit bis zur
 
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