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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0285
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Volk und Universität

den Weg an oder die Wege, bei deren tatsächlichem Beschreiten unser Gerechtigkeits-
sinn bisher immer wieder verzweifeln möchte.
Man sprach anklagend »von der faschistischen Geisteshaltung der zum Studium
zugelassenen Jugend«.287 Man mißbilligt die Auswahl der Studierenden. Hier sind die
politischen Schwierigkeiten keineswegs die größten; die Richtlinien der Militärregie-
rung waren schlechthin maßgebend. Aber die Tausende von jungen Menschen, die
das Recht zum Studium haben und wegen des numerus clausus nicht zugelassen wer-
den können,288 sind die größte Sorge für die Hochschullehrer. Schelten ist leicht. Die
Auswahl gerechter zu machen, bemühen sich alle Mitwirkenden. Die Gesichtspunkte
der Auswahl sind vielfach. Ihre Kombination führt zu einem Ergebnis, bei dem leider
auch Zufälle eine unüberwindbare Rolle spielen. Wie weit eine faschistische Gesin-
nung verbreitet ist, weiß niemand. Es ist kein Anlaß zu der Meinung, daß sich die stu-
dentische Jugend von der Jugend überhaupt politisch unterscheide. Nachweislicher
63 Faschismus hat gewiß zur Ausschließung geführt. Die Anschuldigung | der Studieren-
den in ihrer Gesamtheit ist nicht begründet. Ich jedenfalls kenne viele einwandfreie
Studenten und kenne auch solche, die in echter Verwandlung aus dem Wahn vielleicht
um so verläßlicher in bezug auf Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit und demokratische
Grundhaltung geworden sind. Vor allem kenne ich die fleißig arbeitenden, die nicht
von sich reden machen. Wir dürfen auch weiter bei der Auswahl der Studierenden den
Grundsatz aufrechterhalten: Die Universität wird durch die Universität verwaltet un-
ter Aufsicht des Staates. Andere Instanzen - Kirchen, Parteien, Organisationen - ha-
ben da nicht hineinzuwirken.
Als Universität sind wir politischen Mächten gegenüber jederzeit ohnmächtig. Nur die
Macht des Geistes und der Wahrheit steht bei uns - sie braucht Zeit, um wirksam zu
werden. Wir sind ein Ort des geringsten Widerstandes. Jedes Ressentiment kann sich
an uns auslassen. Es will uns oft scheinen, als begegne uns öffentlich wenig freundli-
che Gesinnung. Unsere Leistungen werden meistens mit Schweigen übergangen,
Nichtgefallendes aber wird angeprangert. Das scheint uns nicht die Stimme des Vol-
kes zu sein. Wir möchten allen sagen: Aus dem Volke kommen wir, ihm dienen wir.
Wir hören die Stimme des Volkes in uns selbst, zumal wenn wir uns in der Einmütig-
keit mit Bauern, Handwerkern, Arbeitern, Kaufleuten und all denen bestätigt finden,
mit denen uns Leben und Gespräch zusammenführen. Über alle Instanzen, Staatsäm-
ter, Parteien, Institutionen hinweg wenden wir uns an den Wahrheitswillen im Volk,
an die Reinheit seiner Beweggründe mit der Bitte: Gerechtigkeit für die Universität!
Wir verteidigen deutsche, abendländische Überlieferung. Wir strengen alle Kräfte
an, mit den Wissenschaften unser in dem Umsturz notwendiges neues Bewußtsein
hervorzubilden. Wir arbeiten freudig, wenn wir durch Vertrauen aus dem Volke be-
schwingt werden; wir würden lahm, wenn unser guter Wille auf die Dauer öffentlicher
Ablehnung begegnete.
 
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