Volk und Universität
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Es wäre ein Unheil, wenn Männer ausgesprochen nazistischen Geistes, das heißt
solche, die ihre wissenschaftlichen Leistungen durch nationalsozialistische Einflüsse
haben verbiegen lassen, ihre Denkungsart weiter zur Wirksamkeit bringen dürften,
auch wenn sie nach dem Schema wenig belastet sind. Verfasser nazistischer Schriften
können wegen ihres Verstoßes gegen den Sinn der Wissenschaft und der Humanität
selbstverständlich kein Vertrauen verdienen, auch wenn sie im einzelnen etwas gelei-
stet haben.
Sonst aber sind wissenschaftliche Leistungen und geistige Haltung allein entschei-
dend. Die Wahl von Persönlichkeiten, deren Gesinnung gut ist, die sich jedoch durch
keine gehörige Leistung ausweisen können, wäre ein Ruin für die Universität. »Gute
Leute, aber schlechte Musikanten«220 helfen uns nicht nur nicht, sondern zerstören
den Geist der Hochschule.
Die Wiederaufnahme in die frühere Stellung wird im Zusammenwirken von Lehr-
körper und Regierung erfolgen müssen, wobei dem Urteil des nicht nazistischen Lehr-
körpers entscheidende Bedeutung zukommt. Die Regierung wird mitzuwirken haben
mindestens durch Bestätigung einer mit der Universität solidarischen Diskussion. Da-
bei wird jeder einzelne eine unabnehmbare Verantwortung tragen durch seine Mittei-
lungen, durch Unterlassung der Mitteilung ihm bekannter Tatbestände und durch
seine Urteile. Wie bei jeder Berufung und jeder Habilitation durch die Entscheidun-
gen fast unmerklich Aufbau oder Zerstörung der ganzen Universität stattfindet, so in
gesteigertem Maße hier. Aber nicht eine schnelle Meinung, sondern nur eine ins ein-
zelne gehende Prüfung der Individualität kann zum wahren Ergebnis führen. Wir blik-
ken mit Eifer auf jeden Fall möglichen Irrtums. Wohl können wir einmal betroffen und
in Sorge sein, sowohl wenn wir von der Ausscheidung uns trefflich scheinender Men-
schen hören als auch wenn | uns erstaunliche Berufungen und Bestätigungen bekannt
werden. Aber in beiden Fällen müssen wir zumeist mangels eigener umfassender Nach-
prüfung uns unter Zurückhaltung unseres Urteils damit abfinden.
Ebensosehr wie von den Dozenten hängt das Leben der Hochschule ab von dem
Wert der Studenten. Man fordert für begabte Jugend die Ermöglichung des Studiums
ohne Rücksicht auf Herkommen und Vermögen. Das ist selbstverständlich. Aber gar
nicht selbstverständlich ist der Weg der Verwirklichung. Zunächst: Die Auslese wird
wesentlich an den höheren Schulen stattfinden müssen. Denn die Universität fordert
Vorbildung, ohne die das Studium keinen Sinn hat. Dann aber: Niemand weiß voraus,
was aus einem jungen Menschen werden kann. Unsere Begabtenauslese wird immer
voller Ungerechtigkeiten bleiben, die nur zum Teil ausgeglichen werden könnten
durch Lücken, welche für entsagungsfähige, vom Geiste der Wissenschaften hingeris-
sene, hartnäckig arbeitende Jugend trotz eines Nichtentsprechens bei der Begabten-
prüfung den Weg offenhalten. Wer sich um dies ungeheure Problem bemüht, verwun-
dert sich über die Trivialität der von niemand bezweifelten Forderung, daß die
Begabten aus dem gesamten Volk hervorgehen sollen. Heute kommt es doch nur auf
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Es wäre ein Unheil, wenn Männer ausgesprochen nazistischen Geistes, das heißt
solche, die ihre wissenschaftlichen Leistungen durch nationalsozialistische Einflüsse
haben verbiegen lassen, ihre Denkungsart weiter zur Wirksamkeit bringen dürften,
auch wenn sie nach dem Schema wenig belastet sind. Verfasser nazistischer Schriften
können wegen ihres Verstoßes gegen den Sinn der Wissenschaft und der Humanität
selbstverständlich kein Vertrauen verdienen, auch wenn sie im einzelnen etwas gelei-
stet haben.
Sonst aber sind wissenschaftliche Leistungen und geistige Haltung allein entschei-
dend. Die Wahl von Persönlichkeiten, deren Gesinnung gut ist, die sich jedoch durch
keine gehörige Leistung ausweisen können, wäre ein Ruin für die Universität. »Gute
Leute, aber schlechte Musikanten«220 helfen uns nicht nur nicht, sondern zerstören
den Geist der Hochschule.
Die Wiederaufnahme in die frühere Stellung wird im Zusammenwirken von Lehr-
körper und Regierung erfolgen müssen, wobei dem Urteil des nicht nazistischen Lehr-
körpers entscheidende Bedeutung zukommt. Die Regierung wird mitzuwirken haben
mindestens durch Bestätigung einer mit der Universität solidarischen Diskussion. Da-
bei wird jeder einzelne eine unabnehmbare Verantwortung tragen durch seine Mittei-
lungen, durch Unterlassung der Mitteilung ihm bekannter Tatbestände und durch
seine Urteile. Wie bei jeder Berufung und jeder Habilitation durch die Entscheidun-
gen fast unmerklich Aufbau oder Zerstörung der ganzen Universität stattfindet, so in
gesteigertem Maße hier. Aber nicht eine schnelle Meinung, sondern nur eine ins ein-
zelne gehende Prüfung der Individualität kann zum wahren Ergebnis führen. Wir blik-
ken mit Eifer auf jeden Fall möglichen Irrtums. Wohl können wir einmal betroffen und
in Sorge sein, sowohl wenn wir von der Ausscheidung uns trefflich scheinender Men-
schen hören als auch wenn | uns erstaunliche Berufungen und Bestätigungen bekannt
werden. Aber in beiden Fällen müssen wir zumeist mangels eigener umfassender Nach-
prüfung uns unter Zurückhaltung unseres Urteils damit abfinden.
Ebensosehr wie von den Dozenten hängt das Leben der Hochschule ab von dem
Wert der Studenten. Man fordert für begabte Jugend die Ermöglichung des Studiums
ohne Rücksicht auf Herkommen und Vermögen. Das ist selbstverständlich. Aber gar
nicht selbstverständlich ist der Weg der Verwirklichung. Zunächst: Die Auslese wird
wesentlich an den höheren Schulen stattfinden müssen. Denn die Universität fordert
Vorbildung, ohne die das Studium keinen Sinn hat. Dann aber: Niemand weiß voraus,
was aus einem jungen Menschen werden kann. Unsere Begabtenauslese wird immer
voller Ungerechtigkeiten bleiben, die nur zum Teil ausgeglichen werden könnten
durch Lücken, welche für entsagungsfähige, vom Geiste der Wissenschaften hingeris-
sene, hartnäckig arbeitende Jugend trotz eines Nichtentsprechens bei der Begabten-
prüfung den Weg offenhalten. Wer sich um dies ungeheure Problem bemüht, verwun-
dert sich über die Trivialität der von niemand bezweifelten Forderung, daß die
Begabten aus dem gesamten Volk hervorgehen sollen. Heute kommt es doch nur auf
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