Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]
257
| Vorwort
ui
Eine Schrift gleichen Titels hat Jaspers 1923 und 1946 in heute zum Teil überholten Fas-
sungen veröffentlicht. Wir haben sie nach vielen zwischen uns geführten Gesprächen
neu zu gestalten versucht.352 Geschrieben wurden die Einleitung und Teil I von Jaspers,
Teil II von Rossmann.353
Die Idee ist dieselbe geblieben, die ganz veränderte Daseinssituation aber verlangt,
daß ihre Erscheinung sich wandelt.
Heute wird die Reform der Universität als eine für den Staat lebensentscheidende
Aufgabe erkannt. Große organisatorische Vorarbeiten sind geleistet worden. Trotzdem
sind viele der um die Reform Bemühten: Forscher und Gelehrte wie die Beauftragten
der Regierungen, von der Sorge bedrückt, ob es in Zukunft noch Universitäten oder
unter ihrem Namen etwas ganz anderes geben wird.
Das Bekenntnis zur Traditionsform genügt nicht mehr. Die Alternative ist heute:
Entweder gelingt die Erhaltung der deutschen Universität durch Wiedergeburt der Idee
im Entschluß zur Verwirklichung einer neuen Organisationsgestalt oder sie findet ihr
Ende im Funktionalismus riesiger Schul- und Ausbildungsanstalten für wissenschaft-
lich-technische Fachkräfte.
Deshalb gilt es, aus dem Anspruch der Idee die Möglichkeiten einer Erneuerung
der Universität in einer den Prinzipien des geistigen Lebens und der modernen Wis-
senschaftlichkeit selber entsprechenden inneren und äußeren Struktur zu entwerfen
und zu beurteilen. An der Lösung dieser Aufgabe möchten wir mithelfen.
Basel und Heidelberg: Karl Jaspers Kurt Rossmann
Dezember 1960
257
| Vorwort
ui
Eine Schrift gleichen Titels hat Jaspers 1923 und 1946 in heute zum Teil überholten Fas-
sungen veröffentlicht. Wir haben sie nach vielen zwischen uns geführten Gesprächen
neu zu gestalten versucht.352 Geschrieben wurden die Einleitung und Teil I von Jaspers,
Teil II von Rossmann.353
Die Idee ist dieselbe geblieben, die ganz veränderte Daseinssituation aber verlangt,
daß ihre Erscheinung sich wandelt.
Heute wird die Reform der Universität als eine für den Staat lebensentscheidende
Aufgabe erkannt. Große organisatorische Vorarbeiten sind geleistet worden. Trotzdem
sind viele der um die Reform Bemühten: Forscher und Gelehrte wie die Beauftragten
der Regierungen, von der Sorge bedrückt, ob es in Zukunft noch Universitäten oder
unter ihrem Namen etwas ganz anderes geben wird.
Das Bekenntnis zur Traditionsform genügt nicht mehr. Die Alternative ist heute:
Entweder gelingt die Erhaltung der deutschen Universität durch Wiedergeburt der Idee
im Entschluß zur Verwirklichung einer neuen Organisationsgestalt oder sie findet ihr
Ende im Funktionalismus riesiger Schul- und Ausbildungsanstalten für wissenschaft-
lich-technische Fachkräfte.
Deshalb gilt es, aus dem Anspruch der Idee die Möglichkeiten einer Erneuerung
der Universität in einer den Prinzipien des geistigen Lebens und der modernen Wis-
senschaftlichkeit selber entsprechenden inneren und äußeren Struktur zu entwerfen
und zu beurteilen. An der Lösung dieser Aufgabe möchten wir mithelfen.
Basel und Heidelberg: Karl Jaspers Kurt Rossmann
Dezember 1960