Die Idee der Universität [1946] 197
müsse ein Philosoph sozusagen Alleinherrscher sein, ist irrig. Jedes edle Streben muß
die schärfste Konkurrenz neben sich wünschen, dorthin drängen, wo die Bedeuten-
den und Überlegenen sind. Und objektiv entfaltet sich der Einzelne besser und rei-
cher in einer Luft, die es ihm schwer macht, die ihn erregt, zur Reaktion und zur An-
spannung drängt.
Eine zentrale Verwaltung, die alle ihr unterstellten Universitäten gleichmäßig för-
dern will, ist nicht günstig, weder für das Blühen einer einzelnen Universität noch für
das Blühen der Universitäten überhaupt. Sie wird ausgleichen und verteilen. Sie wird
etwa noch einzelne geistige Gebiete an dieser Universität, andere an einer anderen
durch Versammlung einer größeren Zahl hervorragender Persönlichkeiten zum Ge-
deihen bringen. Aber die starke, überragende Kraft einer ganzen Universität wird sie
nicht fördern. Daß in Deutschland die Universitäten von den Ländern verwaltet wur-
den und dadurch mehrere konkurrierende verwaltende Zentralbehörden bestanden,
war ein Vorzug, zumal der Geist des Partikularismus in der Auswahl der Persönlichkei-
ten kaum je zur Geltung kam, vielmehr die Vermischung der deutschen Stämme an
den Universitäten, ihr geistiges Sichdurchdringen im Dienste einer abendländischen
Idee das instinktiv erstrebte Ziel blieb.
Zehntes Kapitel
Die ökonomischen Grundlagen
Zum Studieren und Forschen gehört Muße, zur Muße gehören Mittel, die zumeist
nicht zugleich durch eigene ökonomisch nützliche Arbeit erworben werden können.
Zur Universität gehören Institute, Bibliotheken und die anderen materiellen Vorbe-
dingungen. Daher ist immer die Frage: wovon lebt die Universität, leben die Professo-
ren, die Privatdozenten, die Stu|denten? Und: welche Folgen hat diese ökonomische 127
Abhängigkeit für die geistige Arbeit?
1. Der bisherige Zustand
Bei uns war es bis zum ersten Weltkrieg so: die Universität wurde vom Staat erhalten,
dieser zahlte den beamteten Professoren ihre Gehälter. Der Nachwuchs der Privatdo-
zenten riskierte auf eigene Gefahr die Laufbahn, lebte von mehr oder weniger kleinen
Renteneinkommen und wurde getragen von der früher breiten Schicht der Besitzer
kleiner Vermögen. Nur ein Teil erreichte das Ziel des beamteten Professors. Die Aus-
müsse ein Philosoph sozusagen Alleinherrscher sein, ist irrig. Jedes edle Streben muß
die schärfste Konkurrenz neben sich wünschen, dorthin drängen, wo die Bedeuten-
den und Überlegenen sind. Und objektiv entfaltet sich der Einzelne besser und rei-
cher in einer Luft, die es ihm schwer macht, die ihn erregt, zur Reaktion und zur An-
spannung drängt.
Eine zentrale Verwaltung, die alle ihr unterstellten Universitäten gleichmäßig för-
dern will, ist nicht günstig, weder für das Blühen einer einzelnen Universität noch für
das Blühen der Universitäten überhaupt. Sie wird ausgleichen und verteilen. Sie wird
etwa noch einzelne geistige Gebiete an dieser Universität, andere an einer anderen
durch Versammlung einer größeren Zahl hervorragender Persönlichkeiten zum Ge-
deihen bringen. Aber die starke, überragende Kraft einer ganzen Universität wird sie
nicht fördern. Daß in Deutschland die Universitäten von den Ländern verwaltet wur-
den und dadurch mehrere konkurrierende verwaltende Zentralbehörden bestanden,
war ein Vorzug, zumal der Geist des Partikularismus in der Auswahl der Persönlichkei-
ten kaum je zur Geltung kam, vielmehr die Vermischung der deutschen Stämme an
den Universitäten, ihr geistiges Sichdurchdringen im Dienste einer abendländischen
Idee das instinktiv erstrebte Ziel blieb.
Zehntes Kapitel
Die ökonomischen Grundlagen
Zum Studieren und Forschen gehört Muße, zur Muße gehören Mittel, die zumeist
nicht zugleich durch eigene ökonomisch nützliche Arbeit erworben werden können.
Zur Universität gehören Institute, Bibliotheken und die anderen materiellen Vorbe-
dingungen. Daher ist immer die Frage: wovon lebt die Universität, leben die Professo-
ren, die Privatdozenten, die Stu|denten? Und: welche Folgen hat diese ökonomische 127
Abhängigkeit für die geistige Arbeit?
1. Der bisherige Zustand
Bei uns war es bis zum ersten Weltkrieg so: die Universität wurde vom Staat erhalten,
dieser zahlte den beamteten Professoren ihre Gehälter. Der Nachwuchs der Privatdo-
zenten riskierte auf eigene Gefahr die Laufbahn, lebte von mehr oder weniger kleinen
Renteneinkommen und wurde getragen von der früher breiten Schicht der Besitzer
kleiner Vermögen. Nur ein Teil erreichte das Ziel des beamteten Professors. Die Aus-