| ... könnte wieder eine Rangordnung 6
im geistigen Leben fühlbar werden114
Ihrem Wunsch, mich zu den Erörterungen Tillichs115 zu äußern, folge ich gern. Ich ver-
mag jedoch in der Kürze nur Thesen ohne genügende Begründung hinzustellen.
1. Die Tatsache, an der Universität diene der Fiktion nach das ganze Haus dem, was
allein in den Dachkammern geschehe, kann ich nicht anerkennen.116 Die Wirklichkeit
der Universität ist bei einer anonymen Minorität der Studenten, die in geistiger Diszi-
plin aus ursprünglichem Wissenwollen117 arbeiten. Diese Wirklichkeit ist Maßstab und
Sinn des Ganzen; die übrigen dienen nicht, sondern tun, je ferner sie bleiben, um so
mehr etwas Sinnloses. Die Situation war von jeher die gleiche: es gehört zum Wesen
der Hochschule, daß eine Minderheit sinnvoll erfüllt, was eine Mehrheit äußerlich
mitzumachen scheint. Das Neue ist nur, daß man heute Fiktion nennen darf, was als
Anspruch gefordert ist, der das ganze trägt.
2. Die Trennung von Tachhochschule und Universität118 bedeutet die Trennung von
Eehre und Forschung, d.h. die Zerstörung der Idee der Universität. Solche Forderung
entspringt aus der Verkennung des Wesens der auf Wissenschaft fundierten Berufe;
ihr Wesen ist, in der Praxis nicht durch bloße Anwendung von Wissen, sondern durch
schöpferisches Eingehen auf die durch das heben entstehenden konkreten Situationen
dem Menschen als Menschen zu dienen. Mediziner, Juristen, Lehrer würden als rou-
tinierte Techniker einen Betrieb in Gang halten, aber den Sinn ihres Tuns verlieren,
wenn sie nicht, ursprünglich zum Forschen geneigt und erzogen, auch in der Praxis
sich forschend verhielten und damit erst dem Leben in seiner Ganzheit offen blieben.
Das Wesen der geistigen Tachberufe hört also auf, wenn es genügen soll, sich auf sie
durch bloße Fachausbildung vorzubereiten. Auch die einfachsten Dinge sind in der
Weise, wie sie genutzt und angewandt werden, gebunden an eine zu erwerbende gei-
stige Haltung, die nicht lösbar ist von der Idee des forschenden Daseins überhaupt. Die Bar-
barisierung der Fachberufe würde eine Verwandlung bedeuten, durch die ihr mensch-
licher Sinn verloren ginge, Kinder keinen rechten Lehrer, Kranke keinen rechten Arzt
mehr fänden; die Vernünftigkeit schwände aus der Welt zugunsten eines schließlich
immer versagenden technischen Verstandes und eines willkürlichen Aberglaubens.
3. Statt der Trennung von Fachschule und Universität wäre ein Ausbau der Tunktio-
nen von Lektoren und Assistenten möglich. Zwar ist auch die zunehmende Verwandlung
der Lehre in didaktisch geschickten Lehrbetrieb verderblich für die geistige Substanz;
denn daß es heute wahrscheinlich didaktisch sehr viel brauchbarere Vorlesungen gibt
im geistigen Leben fühlbar werden114
Ihrem Wunsch, mich zu den Erörterungen Tillichs115 zu äußern, folge ich gern. Ich ver-
mag jedoch in der Kürze nur Thesen ohne genügende Begründung hinzustellen.
1. Die Tatsache, an der Universität diene der Fiktion nach das ganze Haus dem, was
allein in den Dachkammern geschehe, kann ich nicht anerkennen.116 Die Wirklichkeit
der Universität ist bei einer anonymen Minorität der Studenten, die in geistiger Diszi-
plin aus ursprünglichem Wissenwollen117 arbeiten. Diese Wirklichkeit ist Maßstab und
Sinn des Ganzen; die übrigen dienen nicht, sondern tun, je ferner sie bleiben, um so
mehr etwas Sinnloses. Die Situation war von jeher die gleiche: es gehört zum Wesen
der Hochschule, daß eine Minderheit sinnvoll erfüllt, was eine Mehrheit äußerlich
mitzumachen scheint. Das Neue ist nur, daß man heute Fiktion nennen darf, was als
Anspruch gefordert ist, der das ganze trägt.
2. Die Trennung von Tachhochschule und Universität118 bedeutet die Trennung von
Eehre und Forschung, d.h. die Zerstörung der Idee der Universität. Solche Forderung
entspringt aus der Verkennung des Wesens der auf Wissenschaft fundierten Berufe;
ihr Wesen ist, in der Praxis nicht durch bloße Anwendung von Wissen, sondern durch
schöpferisches Eingehen auf die durch das heben entstehenden konkreten Situationen
dem Menschen als Menschen zu dienen. Mediziner, Juristen, Lehrer würden als rou-
tinierte Techniker einen Betrieb in Gang halten, aber den Sinn ihres Tuns verlieren,
wenn sie nicht, ursprünglich zum Forschen geneigt und erzogen, auch in der Praxis
sich forschend verhielten und damit erst dem Leben in seiner Ganzheit offen blieben.
Das Wesen der geistigen Tachberufe hört also auf, wenn es genügen soll, sich auf sie
durch bloße Fachausbildung vorzubereiten. Auch die einfachsten Dinge sind in der
Weise, wie sie genutzt und angewandt werden, gebunden an eine zu erwerbende gei-
stige Haltung, die nicht lösbar ist von der Idee des forschenden Daseins überhaupt. Die Bar-
barisierung der Fachberufe würde eine Verwandlung bedeuten, durch die ihr mensch-
licher Sinn verloren ginge, Kinder keinen rechten Lehrer, Kranke keinen rechten Arzt
mehr fänden; die Vernünftigkeit schwände aus der Welt zugunsten eines schließlich
immer versagenden technischen Verstandes und eines willkürlichen Aberglaubens.
3. Statt der Trennung von Fachschule und Universität wäre ein Ausbau der Tunktio-
nen von Lektoren und Assistenten möglich. Zwar ist auch die zunehmende Verwandlung
der Lehre in didaktisch geschickten Lehrbetrieb verderblich für die geistige Substanz;
denn daß es heute wahrscheinlich didaktisch sehr viel brauchbarere Vorlesungen gibt