Metadaten

Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0186
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Idee der Universität [1946]

III

| I. Das geistige Leben

Wenn die Universität der Wissenschaft dient und wenn die Wissenschaft Sinn hat da-
durch, daß sie einem umfassenden geistigen Leben angehört, so ist dieses geistige Le-
ben die eigentliche Bewegung an der Universität.
Die Universität ist nur eine Gestalt unter anderen, die dieses geistige Leben an-
nimmt, hier durch Institution und geordnete Zusammenarbeit der Hochschule. Um
die Idee der Universität und die aus ihr erwachsende Institution zu verstehen, ist da-
her zunächst das sie tragende geistige Leben überhaupt und vor allem das Wesen der
Wissenschaft zu erörtern.

Erstes Kapitel
Das Wesen der Wissenschaft"
1. Grundcharakter der Wissenschaft
Wissenschaft ist die methodische Erkenntnis, deren Inhalt zwingend gewiß und allge-
meingültig ist.200 Mit diesem Satze sind drei Grundzüge wissenschaftlichen Wissens
ausgesprochen:
Erstens ist Wissenschaft nur zusammen mit einem methodischen Bewußtsein: ich
weiß mit dem Wissen von dem Wege, der mich zu einem Ergebnis führt; ich weiß mit
dem Wege zugleich den Standort und die Grenzen des jeweils bestimmten Sinns von
Wissen. Das Gegenteil wissenschaftlichen Wissens ist das unmethodische Meinen und
das fraglose Hinnehmen auf guten Glauben hin. Ist der Inhalt dieses nur hinnehmen-
den Wissens etwas, das zugleich Ergebnis wissenschaftlicher Forschung ist, so ist diese
Weise des Wissens dennoch nicht wissenschaftlich, sondern wird Ausgang eines Wis-
senschaftsaberglaubens,201 weil das innerlich unkontrollierte Hinnehmen mich ver-
fallen läßt an beliebigen Inhalt und mich | schutzlos an ihn ausliefert. Denn das Wis- 13
sen, das mit dem Wissen der Methode zugleich seine Relativität behält, nämlich in
bezug auf den Standpunkt und auf die Weise und den Sinn dieser Wißbarkeit, das wird
als Inhalt des Wissenschaftsaberglaubens fälschlich absolut.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften