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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0298
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Anhang, dt. Übersetzungsvorlage: Die Gefährdung unserer Universität

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ten in den Wissenschaften selber bei der Lehre zur Wirkung kommen lassen; man
sollte die methodologische Bewußtheit fördern; man sollte die Grenzen des Wissens
erhellen. All das führt dazu, aus der Spezialität durch sie selbst den Zusammenhang
mit dem Ganzen und dem Sinn des Wissens überhaupt zu gewinnen.
Unwirksam scheinen dagegen institutionelle Maßnahmen, die seit Jahrzehnten
bei uns in Deutschland geplant und zum Teil versucht wurden. Man wollte neben die
spezialistische Lehre eine besondere Bildung setzen, sei es durch Studiensemester, die
nur für Bildungszwecke verwendet werden, sei es durch Zwangsvorlesungen und Ex-
amina in Bildungsfächern, sei es durch Einrichtung von Bildungsprofessuren oder gar
Bildungsfakultäten. Der Irrtum liegt darin, daß all dies in den Wissenschaften selber,
nicht neben ihnen zur Geltung kommen müßte. Gerade das Nebeneinander ist rui-
nös. Es erwachsen nur neue Fächer für das, was seinem Wesen nach nicht Fach ist, so-
zusagen Spezialitäten für das Allgemeine. Solche Bildung wird ein im Grunde unver-
bindliches Nebenbei, wie eine Religion, die man auf den Sonntag beschränkt.
Lernen kann man durch Zwang, Bildung läßt sich nur in Freiheit er | werben. Die 3
Studenten sollten nicht beengt werden durch Studienpläne, die ihre gesamte Zeit bean-
spruchen, nicht durch solche Examina, die ausschließlich auf Kenntnisse und Routine
gehen. Vielmehr sollten sie die Freiheit haben, Vorlesungen in allen Fakultäten zu hö-
ren nach ihrer persönlichen Wahl, der Anziehungskraft von Professoren zu folgen, die
ihnen Wesentliches zu sagen haben (wie etwa in der Mitte des vorigen Jahrhunderts
manche Naturforscher zu Ritschi, dem klassischen Philologen, ins Seminar gingen,
um »Methode zu lernen«). Der Gebrauch solcher Freiheit sollte keine nachteiligen Fol-
gen haben durch Mißtrauen seitens der bloßen Spezialisten und durch Bevorzugung
der streberhaften Routiniers bei der Bewertung in den Examinas. In den Examinas sel-
ber sollten das Maß der Bildung, das in den Kenntnissen zur Erscheinung kommt durch
die Art des Vortrags, des Sinns für das Wesentliche, der Urteilskraft, die Bewertung mit-
bestimmen; es sollten aber weder die Quantität von Kenntnissen des Examinanden
den Maßstab geben noch sollten abgesonderte Bildungsprüfungen stattfinden.
Entscheidend werden daher die Persönlichkeiten sein, die als Dozenten in allen Fä-
chern den Geist der Universität bestimmen. Es kommt auf die Aristokratie des Geistes
an. Denn diese Art von Aristokratie ist eine unerläßliche Funktion der Demokratie. Die
Professoren sollten ausschließlich nach ihrer Leistung und verwirklichten Bildung aus-
gewählt werden, und zwar von den Sachkundigen, d.h. von der jeweils bestehenden
geistigen Aristokratie. Damit keine Zunftwirtschaft entsteht, bedarf es der öffentlich
sichtbaren Maßstäbe, nämlich der tatsächlichen Veröffentlichungen der Werke und
ihres Ansehens. So sollte zum Beispiel für den Aufstieg am Ort einer Universität ein Ruf
von außerhalb Bedingung sein. Nur die Öffentlichkeit des Geistes, die demokratisch in
der Gesamtheit der durch ihre Leistung jeweils bestehenden Aristokratie zur Geltung
kommt, soll die Auswahl bestimmen. Der Staat darf diese Selbstverwaltung der Uni-
versitäten nur kontrollieren, um unsachliche Bevorzugungen Ungeeigneter zu verhin-
 
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