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Jaspers, Karl; Immel, Oliver [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 21): Schriften zur Universitätsidee — Basel: Schwabe Verlag, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.51221#0415
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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]

Gibt es einen Weg, aus dieser Zerstreutheit des Spezialistischen, aus der Ziellosig-
keit im Ganzen, der Ratlosigkeit im Bodenlosen zurückzukehren? In der Idee würde
108 die Lösung erfolgen | durch die Eingliederung großer neuer Lebensgebiete, die als sol-
che erkannt und begriffen sind, in die Universität neben Medizin, Jurisprudenz und
Theologie. Die drei bisherigen sind zu wenige. Ihre Gliederung entsprach der Welt des
Mittelalters. Aber ein Fortschritt besteht nicht durch einfache Vermehrung. Man kann
nicht beliebig weitere Fakultäten daneben setzen nur aus dem Grunde, daß irgendwo
ein quantitativ breiter Lehrbetrieb entstanden ist. Eine Fakultät braucht als Grundlage
ein echtes Lebensgebiet.
Der Gedanke ist alt. Zum Beispiel wurde 1803 von der badischen Regierung in Hei-
delberg eine selbständige »staatswirtschaffliehe Sektion« errichtet und vorläufig der
philosophischen Fakultät eingegliedert. Diese Sektion umfaßte: Forstwissenschaft;
Stadt- und Landwirtschafts-, Bergwerks- und Feldmessungskunde; Land- und Wasser-
baukunst; Kunst- und Gewerbekunde; Scheidekunst und Polizeiwissenschaft. Die Sek-
tion umfaßte »alles, was die Kenntnisse, die Erhaltung und Vermehrung, auch rich-
tige Verwendung der Staatskräfte betrifft«.254 Von diesen Wissenschaften und Künsten
blieb später nichts übrig als das, was man dann Nationalökonomie nannte. Nicht ein
echtes, umfassendes Lebensgebiet wurde die Aufgabe jener Sektion. Der Bezug auf die
Staatsverwaltung war keine Idee, sondern eine bloße Nützlichkeit, durch die sich al-
lerhand Dinge empfahlen. In dem Grundgedanken aber steckte viel mehr i.4°°

c) Die Idee der technischen Fakultät
Dieses Mehr hat jedoch erst das 19. Jahrhundert hervorgebracht und langsam bewußt
werden lassen. Ein wirklich neues Lebensgebiet ist allein die Technik. Die Technik
109 scheint zwar uralt, sie hat sich entwickelt durch Jahrtausende. Aber sie blieb | bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts im Bereich des Handwerklichen. Darum blieb sie eingeord-
net in einen im Grunde gleichbleibenden natürlichen Lebensraum des Menschen. Erst

Zu erinnern wäre auch an das Programm, das der Abt Friedrich Wilhelm Jerusalem zur Gründung
der Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig entwarf (1745).
Daraus die Sätze: »Diejenigen, welche in den größesten Welt-Händeln der Welt nutzen, die mit
Einrichtung gemeinnütziger Anstalten, der Handlung, der Verbesserung der Naturalien, der Ver-
mehrung des Gewerbes, und der Landeshaushaltung umgehen; die sich auf mechanische Künste
legen; die zu Wasser und zu Lande, über und unter der Erden, das gemeine Beste suchen, machen
eben einen so wichtigen Theil des gemeinen Wesens, als die Gelehrten aus, und dennoch hat man
bey allen Unkosten, die man auf die Errichtung der Schulen und Academien verwandt hat, für
diese bisher so wenig und oft gar nicht gesorget...
Dem Professor! der Mathematischen Wissenschaften wird es an keinem auch der kostbarsten
Instrumente fehlen, die nöthigsten Versuche in allen Theilen, die er zu lesen hat, anzustellen. Hier
wird wiederum die Mechanic einer der wichtigsten Vorwürffe seyn; daneben aber werden auch
diejenigen, die sich in der höheren Rechenkunst und den übrigen practischen Theilen der Ma-
theseos, im Feldmessen, und in den beiden Arten der Bau-Kunst fürnemlich üben wollen, alle Ge-
legenheit dazu finden...«
 
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