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Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]
wieder das gleiche, da auch die Beleihung mit einer Diätendozentur das Wohlwollen
eines sie in Vorschlag bringenden Lehrstuhlinhabers und Instituts- oder Klinikdirek-
tors zur Voraussetzung hat. Zugleich verbindet sich mit diesem indirekten Laufbahn-
system der Ungeist des Schul- und Richtungsnepotismus, der sich dann auch bei Be-
rufungen auf Lehrstühle weiter auswirkt. Nicht die Schulrichtung darf entscheiden,
sondern nur die Leistung. Die heute oft gehörte Meinung: »Aber meine Schüler gehen
mir doch vor«, ist ein Verderben für die Universität.
225 | Man sagt mit gewissem Recht, daß das Privatdozententum der geradezu unent-
behrliche Boden der früheren Universität war. Der Privatdozent besaß der Idee nach
die vollkommene Freiheit in Forschung und Lehre und war damit die Grundfigur des
akademischen Lebens.
Humboldts Universitätskonzept hat eigentlich diesen Idealtypus des Universitäts-
lehrers ohne die Unterscheidung in Privatdozenten und Ordinarien im Auge gehabt.
Aber hat es diesen Typus des Privatdozenten in seiner reinen Form wirklich gege-
ben? Es gab ihn nur unter der Voraussetzung finanzieller Unabhängigkeit und deshalb
stets nur vereinzelt und dann kaum unterschieden von dem heute ebenfalls nur noch
selten anzutreffenden Privatgelehrten. Das Berufsrisiko war nicht gering. Auch bei gu-
ten Leistungen konnte der Privatdozent der Berufung nicht sicher sein. Patronage gab
bei Berufungen oft den Ausschlag. Die meisten Privatdozenten lebten, sofern sie kein
eigenes Vermögen hatten, von Unterstützungen und heute entfallenen Nebenerwerbs-
möglichkeiten. Denn fast alle heutigen Erwerbsmöglichkeiten sind so gebunden, daß
sie die wirkliche Freiheit des Privatdozenten aufheben. (Vgl. dazu A. Busch: »Die Ge-
schichte des Privatdozenten«, Stuttgart 1959.)
Heute gilt es, die volle geistige Freiheit des Dozenten in Forschung und Lehre unter
völlig anderen sozialen Bedingungen wirklich werden zu lassen. Es ist aber Sache des Staa-
tes geworden, wenn er die freie Entwicklung geistiger Schöpferkraft an seinen Univer-
sitäten will, die sozialen und ökonomischen Bedingungen dieser Freiheit, auch auf das
Risiko des späteren Versagens einiger weniger, herzustellen. Nur die grundsätzliche An-
erkennung der Dozententätigkeit als Beruf wird verhindern, daß sie letztlich jeden An-
reiz verliert und nur von den bloß streberisch Tüchtigen, Mittelmäßigen noch gewählt
wird. Nicht Einzelverbesserungen des bestehenden sozialen Status der Dozenten als Wi-
derruf sbeamte (Assistenten und Diätenempfänger), sondern eine grundsätzliche Än-
derung dieses Status ist deshalb auch um der inneren und äußeren Einheit des Lehrkör-
pers willen zu fordern. Dies ist das finanziell geringste Opfer, das Staat und Gesellschaft
zur Förderung der Wissenschaft im eigensten Interesse bringen können und müssen.
226 | Um den Dozentenberuf zu dem zu machen, was er im Sinne der modernen Wis-
senschaftlichkeit sein soll, nämlich zu einem eigenständigen, zu höchster geistiger
Verantwortlichkeit verpflichtenden Beruf, gehört als soziale Selbstverständlichkeit,
die weiter gar nicht zum Problem gemacht werden sollte, die angemessene Besoldung
und soziale Sicherung des Dozenten. Diese sollte entgegen seinem heutigen Status des
Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]
wieder das gleiche, da auch die Beleihung mit einer Diätendozentur das Wohlwollen
eines sie in Vorschlag bringenden Lehrstuhlinhabers und Instituts- oder Klinikdirek-
tors zur Voraussetzung hat. Zugleich verbindet sich mit diesem indirekten Laufbahn-
system der Ungeist des Schul- und Richtungsnepotismus, der sich dann auch bei Be-
rufungen auf Lehrstühle weiter auswirkt. Nicht die Schulrichtung darf entscheiden,
sondern nur die Leistung. Die heute oft gehörte Meinung: »Aber meine Schüler gehen
mir doch vor«, ist ein Verderben für die Universität.
225 | Man sagt mit gewissem Recht, daß das Privatdozententum der geradezu unent-
behrliche Boden der früheren Universität war. Der Privatdozent besaß der Idee nach
die vollkommene Freiheit in Forschung und Lehre und war damit die Grundfigur des
akademischen Lebens.
Humboldts Universitätskonzept hat eigentlich diesen Idealtypus des Universitäts-
lehrers ohne die Unterscheidung in Privatdozenten und Ordinarien im Auge gehabt.
Aber hat es diesen Typus des Privatdozenten in seiner reinen Form wirklich gege-
ben? Es gab ihn nur unter der Voraussetzung finanzieller Unabhängigkeit und deshalb
stets nur vereinzelt und dann kaum unterschieden von dem heute ebenfalls nur noch
selten anzutreffenden Privatgelehrten. Das Berufsrisiko war nicht gering. Auch bei gu-
ten Leistungen konnte der Privatdozent der Berufung nicht sicher sein. Patronage gab
bei Berufungen oft den Ausschlag. Die meisten Privatdozenten lebten, sofern sie kein
eigenes Vermögen hatten, von Unterstützungen und heute entfallenen Nebenerwerbs-
möglichkeiten. Denn fast alle heutigen Erwerbsmöglichkeiten sind so gebunden, daß
sie die wirkliche Freiheit des Privatdozenten aufheben. (Vgl. dazu A. Busch: »Die Ge-
schichte des Privatdozenten«, Stuttgart 1959.)
Heute gilt es, die volle geistige Freiheit des Dozenten in Forschung und Lehre unter
völlig anderen sozialen Bedingungen wirklich werden zu lassen. Es ist aber Sache des Staa-
tes geworden, wenn er die freie Entwicklung geistiger Schöpferkraft an seinen Univer-
sitäten will, die sozialen und ökonomischen Bedingungen dieser Freiheit, auch auf das
Risiko des späteren Versagens einiger weniger, herzustellen. Nur die grundsätzliche An-
erkennung der Dozententätigkeit als Beruf wird verhindern, daß sie letztlich jeden An-
reiz verliert und nur von den bloß streberisch Tüchtigen, Mittelmäßigen noch gewählt
wird. Nicht Einzelverbesserungen des bestehenden sozialen Status der Dozenten als Wi-
derruf sbeamte (Assistenten und Diätenempfänger), sondern eine grundsätzliche Än-
derung dieses Status ist deshalb auch um der inneren und äußeren Einheit des Lehrkör-
pers willen zu fordern. Dies ist das finanziell geringste Opfer, das Staat und Gesellschaft
zur Förderung der Wissenschaft im eigensten Interesse bringen können und müssen.
226 | Um den Dozentenberuf zu dem zu machen, was er im Sinne der modernen Wis-
senschaftlichkeit sein soll, nämlich zu einem eigenständigen, zu höchster geistiger
Verantwortlichkeit verpflichtenden Beruf, gehört als soziale Selbstverständlichkeit,
die weiter gar nicht zum Problem gemacht werden sollte, die angemessene Besoldung
und soziale Sicherung des Dozenten. Diese sollte entgegen seinem heutigen Status des