Die Idee der Universität. Für die gegenwärtige Situation entworfen [1961]
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Widerrufsbeamten mit der Erteilung der venia legendi einsetzen und nur für höchstens
fünf Jahre widerruflich sein, dann aber, sofern kein begründeter Einspruch der Fakul-
tät erfolgt, in eine dem Beamtenstatus auf Lebenszeit analog gesicherte Position um-
gewandelt werden. Für ausscheidende Dozenten müßten Übergangsmöglichkeiten in
andere Berufe (bei Medizinern etwa in Form von Abfindungen für den Übergang in die
freie Arztpraxis) geschaffen werden.
Unter maßstäblicher Berufung auf den Idealtypus des früheren Privatdozenten
führt man gerne als Gegenargument an, daß der Dozentenberuf durch eine Verbeam-
tung in seinem Wesen aufgehoben und vernichtet würde. Das sogenannte Risiko-Prin-
zip dürfe nicht preisgegeben werden. Aber sowohl der Begriff des Risiko-Prinzips wie
der der Verbeamtung ist hier strittig und anfechtbar.
Nicht nur sind die sozialen Voraussetzungen des sogenannten Risiko-Prinzips
längst entfallen, sondern angesichts der Tatsache, daß Habilitationen heute auf Grund
der Spezialisierung der Forschung in einem viel späteren Alter als früher und kaum
noch vor dem dreißigsten Lebensjahr erfolgen, ist faktisch die Zeitspanne des Risikos
weitgehend mit der Vorbereitungszeit auf die Habilitation identisch geworden. Der
Habilitation kommt damit heute auch eine weit größere Bedeutung als früher zu.
Mit der Habilitation und der Ausübung der Dozententätigkeit aber muß eine ange-
messene Sicherung verbunden sein. Deshalb gilt es, eine verbindliche Charakterisie-
rung des Dozentenberufes hinsichtlich seines sozialen Status herbeizuführen. Es ist
sachlich nicht mehr zu vertreten, den Dozentenberuf in sozialer Rechtlosigkeit zu be-
lassen und ihn als Unter- oder Vorstufe einer Laufbahn zu charakterisieren, die ihrem
Wesen nach gerade keine Laufbahn darstellt. Denn die Berufung auf einen | Lehrstuhl
kann ausbleiben bei Fortdauer der gleichen Tätigkeit unter gleicher Verantwortung.
Nicht eine Verbeamtung im Sinne einer normalen Beamtenlaufbahn mit Beförde-
rungsmöglichkeiten auf Grund von Dienstleistungen und Dienstzeit, sondern eine der
Besonderheit der Dozentur entsprechende finanzielle und soziale Sicherung in Form
eines beamtlichen Sonderstatus auf Lebenszeit bei beschränkter Widerrufsfrist ist un-
erläßlich geworden. Ein solcher Sonderstatus (in Relation zum Sonderstatus der Ordi-
narien und Extraordinarien) wird allein auch die Freiheit der Tätigkeit selber garantie-
ren können, die ohne diese Freiheit zum Erlöschen käme.
Grundsätzlich ist die Dozententätigkeit, die besoldungsrechtlich vom NS-Staat der
Assistententätigkeit gleichgesetzt wurde, von jeder Assistentenverpflichtung zu be-
freien. Denn nur durch die echte Unabhängigkeit des Dozentenberufes kann der Un-
geist jenes Ämterfunktionalismus, der durch eine falsche, dem Wesen der Universität
fremde Gesetzgebung und durch eine teils zunftmäßige, teils bürokratische Amtshier-
archie im Instituts- und Klinikwesen vorherrschend geworden ist, auch zu diesem Teil
überwunden werden.
Nicht durch eine weitere möglichst perfekte funktionelle Differenzierung der be-
stehenden Abhängigkeitsverhältnisse, wie sie heute unter dem Postulat des Ausbaues
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Widerrufsbeamten mit der Erteilung der venia legendi einsetzen und nur für höchstens
fünf Jahre widerruflich sein, dann aber, sofern kein begründeter Einspruch der Fakul-
tät erfolgt, in eine dem Beamtenstatus auf Lebenszeit analog gesicherte Position um-
gewandelt werden. Für ausscheidende Dozenten müßten Übergangsmöglichkeiten in
andere Berufe (bei Medizinern etwa in Form von Abfindungen für den Übergang in die
freie Arztpraxis) geschaffen werden.
Unter maßstäblicher Berufung auf den Idealtypus des früheren Privatdozenten
führt man gerne als Gegenargument an, daß der Dozentenberuf durch eine Verbeam-
tung in seinem Wesen aufgehoben und vernichtet würde. Das sogenannte Risiko-Prin-
zip dürfe nicht preisgegeben werden. Aber sowohl der Begriff des Risiko-Prinzips wie
der der Verbeamtung ist hier strittig und anfechtbar.
Nicht nur sind die sozialen Voraussetzungen des sogenannten Risiko-Prinzips
längst entfallen, sondern angesichts der Tatsache, daß Habilitationen heute auf Grund
der Spezialisierung der Forschung in einem viel späteren Alter als früher und kaum
noch vor dem dreißigsten Lebensjahr erfolgen, ist faktisch die Zeitspanne des Risikos
weitgehend mit der Vorbereitungszeit auf die Habilitation identisch geworden. Der
Habilitation kommt damit heute auch eine weit größere Bedeutung als früher zu.
Mit der Habilitation und der Ausübung der Dozententätigkeit aber muß eine ange-
messene Sicherung verbunden sein. Deshalb gilt es, eine verbindliche Charakterisie-
rung des Dozentenberufes hinsichtlich seines sozialen Status herbeizuführen. Es ist
sachlich nicht mehr zu vertreten, den Dozentenberuf in sozialer Rechtlosigkeit zu be-
lassen und ihn als Unter- oder Vorstufe einer Laufbahn zu charakterisieren, die ihrem
Wesen nach gerade keine Laufbahn darstellt. Denn die Berufung auf einen | Lehrstuhl
kann ausbleiben bei Fortdauer der gleichen Tätigkeit unter gleicher Verantwortung.
Nicht eine Verbeamtung im Sinne einer normalen Beamtenlaufbahn mit Beförde-
rungsmöglichkeiten auf Grund von Dienstleistungen und Dienstzeit, sondern eine der
Besonderheit der Dozentur entsprechende finanzielle und soziale Sicherung in Form
eines beamtlichen Sonderstatus auf Lebenszeit bei beschränkter Widerrufsfrist ist un-
erläßlich geworden. Ein solcher Sonderstatus (in Relation zum Sonderstatus der Ordi-
narien und Extraordinarien) wird allein auch die Freiheit der Tätigkeit selber garantie-
ren können, die ohne diese Freiheit zum Erlöschen käme.
Grundsätzlich ist die Dozententätigkeit, die besoldungsrechtlich vom NS-Staat der
Assistententätigkeit gleichgesetzt wurde, von jeder Assistentenverpflichtung zu be-
freien. Denn nur durch die echte Unabhängigkeit des Dozentenberufes kann der Un-
geist jenes Ämterfunktionalismus, der durch eine falsche, dem Wesen der Universität
fremde Gesetzgebung und durch eine teils zunftmäßige, teils bürokratische Amtshier-
archie im Instituts- und Klinikwesen vorherrschend geworden ist, auch zu diesem Teil
überwunden werden.
Nicht durch eine weitere möglichst perfekte funktionelle Differenzierung der be-
stehenden Abhängigkeitsverhältnisse, wie sie heute unter dem Postulat des Ausbaues
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