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Jaspers, Karl; Marazia, Chantal [Hrsg.]; Fonfara, Dirk [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 3): Gesammelte Schriften zur Psychopathologie — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69896#0235
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Die Methoden der Intelligenzprüfung und der Begriff der Demenz

der Anzahl seiner assoziativen Verknüpfungen beruhe. Dasselbe Wort bedeutet also
für verschiedene Individuen durchaus nicht den gleichen Reiz. Diese subjektive Qua-
lität der Reizworte zeigte sich ihm auch in der Dauer der Reaktion in folgender Weise:
In jeder der drei Abteilungen der Reizworte dauerten die inhaltlichen Reaktionen län-
ger als die lautlichen, entsprechend ihrer größeren Schwierigkeit. Aber die Dauer der
Reaktion nahm nicht einfach mit ihrer Qualität zu, sondern hing bei gleicher Quali-
tät ab von dem Reizwort, auf das sie erfolgte. Die Dauer der Reaktionen war überhaupt
am kürzesten auf die Eigenschaftsworte, am längsten auf die Abstracta, und die durch-
schnittliche Dauer der inhaltlichen Assoziationen auf Eigenschaftsworte war beträcht-
lich geringer als die lautlicher Assoziationen auf Abstracta. - Wreschner hat seine
Feststellungen nur an einem einzigen Falle von Idiotie gemacht. Verallgemeinerungen
sind daher ausgeschlossen. Sein umfangreiches Material würde wesentlich nur Bedeu-
tung haben zum Vergleich bei ähnlichen Untersuchungen. Im übrigen ist seine Arbeit
wertvoll durch die Entwicklung der Methodik.
Wenn die inneren und äußeren Assoziationen unter den Reaktionen gezählt wur-
den, so ergab sich, daß Ungebildete durchweg mehr innere Assoziationen haben als Gebil-
dete (Ranschburg, Jung), und daß dasselbe der Fall ist bei Schwachsinnigen. Jung
erklärt den Unterschied als psychologischen: Die Gebildeten nehmen das Assozia-
tionsexperiment mehr im Sinne sprachlicher Assoziation, sie nehmen die Sache leich-
ter; bei den Ungebildeten findet dagegen eine viel größere Beteiligung der übrigen
Gebiete statt, sie nehmen die Versuche mehr als Aufgabe. Dies eigenartige Resultat
158 muß gegen die Verwertung | der Ergebnisse der Assoziationsversuche für die Beurtei-
lung des Vorstellungsschatzes und der Assoziationsrichtungen, und damit der Intelli-
genz, besonders vorsichtig stimmen.
Viertens ist die Methodik der Assoziationsversuche zum Zweck der Intelligenzprü-
fung bereichert worden von Scholl. Unter den Wortpaaren der Assoziationsversuche
unterscheidet Scholl die »erstarrten Urteile und Sprachgewohnheiten« von jenen,
die »als lebendiger, vielleicht ein Urteil vorbereitender Ausdruck von frischen und oft
starken, das Gefühl ergreifenden Erlebnissen« uns entgegentreten.413 Er erinnert an das
charakteristische Merkmal des Intelligenzdefektes der Dementia praecox, das bei erhal-
tenem Besitz alter Kenntnisse in der Unfähigkeit zu neuen Urteilen bestehe und meint,
daß Assoziationsversuche, in deren Reaktionen die angegebene Unterscheidung
gemacht werden könne, sich zur Untersuchung dieser Verblödungsart besonders eig-
nen würden. Er entwickelt zu diesem Zweck in klarer Weise eine Methode, bei der den
Versuchspersonen der »Stoff zu neuen Assoziationen« durch Exposition eines Bildes vor
Beginn des Versuchs gegeben wurde. Je nachdem die Versuchspersonen sich vor jedem
Reizwort das Bild noch einmal anschaulich vorstellen mußten, konnte dieser Stoff
mehr oder weniger aufdringlich eingeführt werden. Die Reizworte standen in irgend-
einer möglichen Beziehung zum Bildinhalt. Dieselben Reizworte wurden in mehreren
Versuchen mit Exposition verschiedener Bilder wiederholt, um so das Verhältnis der
 
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