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Psychologie der Weltanschauungen
das spekulative Denken Hegels, sie alle drängen in großartiger Einmütigkeit auf Er-
kenntnisgattungen jenseits Sinneswahrnehmung und formallogischer Begreifbarkeit.
Gemeinsam ist allen eine hierarchische Ordnung der Erkenntnisgattungen und gemein-
sam der Grundgegensatz des Intuitiven und Rationalen, wobei intuitiv und rational
beide einen weiten Umfang haben, der in sich zu gliedern ist. Bestimmt ist alles nur, so-
weit es in die Region des Verstandes tritt. Das Anschauliche als solches ist unbestimmt;
es ist als Sinnliches das Material, als Idee die Erscheinung der Kraft für die Bewegung des
Verstandes.
Die Arten der gegenständlichen Auffassung sind eingeteilt entweder nach Gegen-
ständen (nach den »transzendentalen« Gitterwerken und der Art der Geltung) - mö-
gen sie nun vermeintlich oder wirklich sein - oder nach Charakteren der subjektiven
Einstellung. Im ersteren Fall ist das Ziel eine Kategorienlehre, eine Lehre von allen Ge-
stalten und Formen des Gegenständlichen, im zweiten Fall eine Formenlehre der Er-
lebnisse und Erlebnisbedeutungen bei gegenständlicher Einstellung. Die Einteilung
nach Gegenständen ist eine erkenntnistheoretische oder objektiv gerichtete, die nach
64 Erlebnisweisen | eine deskriptive oder subjektiv gerichtete. Die Erkenntnistheorie in-
teressiert die Frage nach der Realität und Seinsart, dann nach der Erkennbarkeit und
den Bedingungen der Erkennbarkeit der Gegenstände; die Beschreibung der subjekti-
ven Funktionen interessiert die Erlebnisrealität ohne Frage nach Bedeutung der in den
Erlebnisinhalten gegebenen Gegenstände. Dem letzthin ontologisch verankerten In-
teresse steht das letzthin psychologische gegenüber, dem transzendenten ein imma-
nentes. Man muß bei den Einstellungen und Erlebnissen zwar auch immer von den
Gegenständen sprechen, aber die Gegenstände sind hier nur Mittel der Charakterisie-
rung. Es ist in solchem Zusammenhänge gleichgültig, ob die Gegenstände seiende oder
illusionäre, bedeutungsvolle oder bedeutungslose für eine bestimmte Weltanschau-
ung sind. Die Trennung subjektiv-psychologischer und objektiv-erkenntnistheoreti-
scher Betrachtung ist für uns von grundlegender Bedeutung. Beide stehen zwar in en-
ger Beziehung zueinander, aber die Richtung des Interesses ist in beiden Fällen eine
entgegengesetzte. Wir versuchen eine subjektiv gerichtete Charakterisierung.
Es ist die Aufgabe, losgelöst von aller besonderen Weltanschauung und aller Ver-
wertung für Weltanschauung die Arten des Kontemplativen zu beschreiben: Dabei
werden wir an den Anfang die unbestimmte Masse des Anschauens stellen, die von der
einfach sinnlichen Anschauung bis zu Intuitionen sich erstreckt, die über alles ratio-
nal oder ästhetisch Umfaßbare hinausgehen. Diese der intuitiven Einstellung gege-
bene Masse des Anschaulichen ist das Material, das dann in spezifische Formen durch
die ästhetische oder die rationale Einstellung gefaßt wird, jedoch so, daß diese Formen
des Materials nie Herr werden. Vielmehr bleibt die intuitive Einstellung sowohl Vor-
aussetzung für die beiden anderen kontemplativen Einstellungen als auch der über-
greifende Abschluß, der immer wieder über das Geformte hinausgeht.
Psychologie der Weltanschauungen
das spekulative Denken Hegels, sie alle drängen in großartiger Einmütigkeit auf Er-
kenntnisgattungen jenseits Sinneswahrnehmung und formallogischer Begreifbarkeit.
Gemeinsam ist allen eine hierarchische Ordnung der Erkenntnisgattungen und gemein-
sam der Grundgegensatz des Intuitiven und Rationalen, wobei intuitiv und rational
beide einen weiten Umfang haben, der in sich zu gliedern ist. Bestimmt ist alles nur, so-
weit es in die Region des Verstandes tritt. Das Anschauliche als solches ist unbestimmt;
es ist als Sinnliches das Material, als Idee die Erscheinung der Kraft für die Bewegung des
Verstandes.
Die Arten der gegenständlichen Auffassung sind eingeteilt entweder nach Gegen-
ständen (nach den »transzendentalen« Gitterwerken und der Art der Geltung) - mö-
gen sie nun vermeintlich oder wirklich sein - oder nach Charakteren der subjektiven
Einstellung. Im ersteren Fall ist das Ziel eine Kategorienlehre, eine Lehre von allen Ge-
stalten und Formen des Gegenständlichen, im zweiten Fall eine Formenlehre der Er-
lebnisse und Erlebnisbedeutungen bei gegenständlicher Einstellung. Die Einteilung
nach Gegenständen ist eine erkenntnistheoretische oder objektiv gerichtete, die nach
64 Erlebnisweisen | eine deskriptive oder subjektiv gerichtete. Die Erkenntnistheorie in-
teressiert die Frage nach der Realität und Seinsart, dann nach der Erkennbarkeit und
den Bedingungen der Erkennbarkeit der Gegenstände; die Beschreibung der subjekti-
ven Funktionen interessiert die Erlebnisrealität ohne Frage nach Bedeutung der in den
Erlebnisinhalten gegebenen Gegenstände. Dem letzthin ontologisch verankerten In-
teresse steht das letzthin psychologische gegenüber, dem transzendenten ein imma-
nentes. Man muß bei den Einstellungen und Erlebnissen zwar auch immer von den
Gegenständen sprechen, aber die Gegenstände sind hier nur Mittel der Charakterisie-
rung. Es ist in solchem Zusammenhänge gleichgültig, ob die Gegenstände seiende oder
illusionäre, bedeutungsvolle oder bedeutungslose für eine bestimmte Weltanschau-
ung sind. Die Trennung subjektiv-psychologischer und objektiv-erkenntnistheoreti-
scher Betrachtung ist für uns von grundlegender Bedeutung. Beide stehen zwar in en-
ger Beziehung zueinander, aber die Richtung des Interesses ist in beiden Fällen eine
entgegengesetzte. Wir versuchen eine subjektiv gerichtete Charakterisierung.
Es ist die Aufgabe, losgelöst von aller besonderen Weltanschauung und aller Ver-
wertung für Weltanschauung die Arten des Kontemplativen zu beschreiben: Dabei
werden wir an den Anfang die unbestimmte Masse des Anschauens stellen, die von der
einfach sinnlichen Anschauung bis zu Intuitionen sich erstreckt, die über alles ratio-
nal oder ästhetisch Umfaßbare hinausgehen. Diese der intuitiven Einstellung gege-
bene Masse des Anschaulichen ist das Material, das dann in spezifische Formen durch
die ästhetische oder die rationale Einstellung gefaßt wird, jedoch so, daß diese Formen
des Materials nie Herr werden. Vielmehr bleibt die intuitive Einstellung sowohl Vor-
aussetzung für die beiden anderen kontemplativen Einstellungen als auch der über-
greifende Abschluß, der immer wieder über das Geformte hinausgeht.