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Jaspers, Karl; Kaegi, Dominik [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 8): Schriften zur Existenzphilosophie — Basel: Schwabe Verlag, 2018

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https://doi.org/10.11588/diglit.69895#0242
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Anhang 3: Übersetzungsvorlage
zu »A Note on Existenzphilosophie and Existentialism«343
Typoskript
Durchschlag: DLA, A: Jaspers
Die allem bestimmten Denken vorausgehende Stimmung der modernen Lebenswirk-
lichkeit zeigte Nietzsche: »Ich beschreibe, was kommt, was nicht mehr anders kom-
men kann, die Heraufkunft des Nihilismus.« Weil dieses Äusserste für Nietzsche und
für Kierkegaard überwältigend gegenwärtig war, orientiert sich heute die Philosophie
an ihnen. Weil das Äusserste aber schon von Anfang an aller ursprünglichen Philoso-
phie die Frage gab, wurde unsere Philosophie wieder fähig, die alte Philosophie fast als
gegenwärtige zu vernehmen. Der Name Existenzphilosophie hat seine Herkunft von
Kierkegaards Begriff der Existenz. Sie kann diesen Namen entbehren; denn das ihr We-
sentliche ist die eine ewigea Philosophie, wie sie heute unter den Bedingungen unse-
res Zeitalters ihre Form und Sprache sucht. Existenzphilosophie kann als der Versuch
der Überwindung des Nihilismus gelten.
Entweder wird der Nihilismus mit einer Tapferkeit ergriffen, die als Tapferkeit sel-
ber schon nicht mehr Nihilismus ist. Oder es drängt eine unabhängige Philosophie
zur Wirklichkeit, die durch das Fegfeuer des Nihilismus gegangen ist, und die nun aus
dem Ursprung der Überlieferung wieder die Gehalte gewinnt, aus denen der Mensch
wirklich existiert. Aber solche Philosophie kann nicht mit dem Erdenken des Mensch-
seins abschliessen. Sie gelangt über den Menschen hinaus. Sie ergreift, was selber erst
den eigentlichen Menschen ermöglicht. Denn der Mensch ist nicht er selbst in seiner
Freiheit ohne die Macht, durch die er ist. Existenz ist nicht ohne Transzendenz.
Nun ist durch das Wort Existenz eine Gemeinsamkeit moderner Philosophie be-
zeichnet, die dazu geführt hat, fast alle Philosophie, sofern sie heute nicht Logistik
oder Positivismus ist, Existenzphilosophie zu nennen. So entstand in der Öffentlich-
keit so etwas wie ein Gespenst, das es nicht gibt.
Mir scheint, dass der Ursprung dieses Namens Existenzialismus [sic] bei Sartre liegt.
Er ist der Mann, der in der Welt das breiteste Echo gefunden hat. Ohne Sartre wäre ver-
mutlich die Sache auf engere Kreise beschränkt geblieben und wäre dort kaum als eine
Einheit begriffen worden, da die Philosophien, die heute unter dem einen Namen ge-
hen, ganz ungemein, ja radikal in ihren Grundlagen verschieden sind. Weil Sartre als

a eine ewige hs. Vdg. für eine, ewige
 
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