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Grundsätze des Philosophierens
c. Liebe: Dasein wird angezogen von Dasein und vom Begehrten, ist Drang zum Da-
sein in der Mannigfaltigkeit des Drängens3. Daseinsantrieb setzt sich um in Liebe zum
Seienden, zum Anderen, zu sich selbst. Liebe wird zum ursprünglichen Seinsinnewer-
den im Ergreifen des Ewigen in der Zeit.
d. Glaube: Dasein lebt aus einem Vertrauen zu sich selber, im Bewusstsein der Rea-
lität und seiner eigenen Kraft. Daseinsgewissheit setzt sich um in Glaube als Fürwahr-
halten von realiter Unaufzeigbarem im Vertrauen zum Seinsgrunde. Dieser Glaube ist
das Leben aus dem Ursprung in der Erscheinung des Daseins.
5. Die Entfaltung des umgreifenden Seinsbewusstseins. - Was ist, ist uns durch
unsere Praxis und unsere Ergriffenheit zugänglich. Beidem erwächst unser Bewusst-
sein vom Sein, wie es im »Wissen« für uns ist. Dieses Wissen ist der Form nach zu glie-
dern:
1. Wir schauen das Sein an in gegenständlichen Gestalten, und wir denken es durch
Begriffe; mit beidem orientieren wir uns in der Welt und entwerfen unser Gesamtwis-
sen im Weltbild. - 2. Darüber hinaus ist Sein uns gegenwärtig im gegenstandslosen In-
newerden. - 3. All dies Seinsbewusstsein vollendet sich in der Reflexion auf es, im Wis-
sen des Wissens oder im Denken des Denkens, und auf Grund solcher Erhellung im
Transcendieren des Gedankens über alles Denkbare und Anschaubare.
Diese Gliederung der logischen Formen des Wissens ist hier nicht weiter zu verfol-
gen. Seinem Gehalte nach ist das umgreifende Seinsbewusstsein kurz in drei Richtun-
gen seiner Entfaltung zu vergegenwärtigen, die sich gegenseitig fordern und ergänzen:
Wir leben mit Bildern; wir vollziehen unser Grundwissen in Kategorien und Methoden;
wir haben ein Seinsbewusstsein im Ganzen durch contemplative Grundhaltungen.
a. Leben mit Bildern: Wir leben mit mythischen Bildern, von Märchen bis zu Göt-
tergestalten, mit Bildern der Natur, ihrer Seele in den Elementen, den Lebensgestal-
ten, den Landschaften, mit Bildern des Menschen, und diesen entweder in histori-
schen Wirklichkeiten wie Jeremias, Sokratesb, Lionardo, Spinoza, Goethe, oder in
typischen Gestalten, wie denen des Helden, des Heiligen, des Sehers, des Denkers.
Bilder können uns unmittelbar ergreifen; dann wird uns in ihrem Symbol eigent-
liche Wirklichkeit gegenwärtig. Dagegen sehen wir in schwebender Möglichkeit, ohne
zwingende Wirklichkeit, aesthetisch und daher unverbindlich die dichterischen Ge-
stalten, die Naturstimmungen, die Weisen der Weltbilder, die Gehalte des Welt- und
Menschendaseins.
Wird im Symbol der Bilder eigentliche Wirklichkeit erfasst, so ist doch diese nicht
auf anderem Wege gradezu, sondern nur durch das Symbol zugänglich. Das Symbol
bleibt daher schwebend zwischen Gleichnis und Wirklichkeit, wird zum blossen
a Dasein in der Mannigfaltigkeit des Drängens in der Abschrift Gertrud Jaspers hs. Vdg. für Seienden
b Sokrates im Ms. hs. Vdg. für Jesus
Grundsätze des Philosophierens
c. Liebe: Dasein wird angezogen von Dasein und vom Begehrten, ist Drang zum Da-
sein in der Mannigfaltigkeit des Drängens3. Daseinsantrieb setzt sich um in Liebe zum
Seienden, zum Anderen, zu sich selbst. Liebe wird zum ursprünglichen Seinsinnewer-
den im Ergreifen des Ewigen in der Zeit.
d. Glaube: Dasein lebt aus einem Vertrauen zu sich selber, im Bewusstsein der Rea-
lität und seiner eigenen Kraft. Daseinsgewissheit setzt sich um in Glaube als Fürwahr-
halten von realiter Unaufzeigbarem im Vertrauen zum Seinsgrunde. Dieser Glaube ist
das Leben aus dem Ursprung in der Erscheinung des Daseins.
5. Die Entfaltung des umgreifenden Seinsbewusstseins. - Was ist, ist uns durch
unsere Praxis und unsere Ergriffenheit zugänglich. Beidem erwächst unser Bewusst-
sein vom Sein, wie es im »Wissen« für uns ist. Dieses Wissen ist der Form nach zu glie-
dern:
1. Wir schauen das Sein an in gegenständlichen Gestalten, und wir denken es durch
Begriffe; mit beidem orientieren wir uns in der Welt und entwerfen unser Gesamtwis-
sen im Weltbild. - 2. Darüber hinaus ist Sein uns gegenwärtig im gegenstandslosen In-
newerden. - 3. All dies Seinsbewusstsein vollendet sich in der Reflexion auf es, im Wis-
sen des Wissens oder im Denken des Denkens, und auf Grund solcher Erhellung im
Transcendieren des Gedankens über alles Denkbare und Anschaubare.
Diese Gliederung der logischen Formen des Wissens ist hier nicht weiter zu verfol-
gen. Seinem Gehalte nach ist das umgreifende Seinsbewusstsein kurz in drei Richtun-
gen seiner Entfaltung zu vergegenwärtigen, die sich gegenseitig fordern und ergänzen:
Wir leben mit Bildern; wir vollziehen unser Grundwissen in Kategorien und Methoden;
wir haben ein Seinsbewusstsein im Ganzen durch contemplative Grundhaltungen.
a. Leben mit Bildern: Wir leben mit mythischen Bildern, von Märchen bis zu Göt-
tergestalten, mit Bildern der Natur, ihrer Seele in den Elementen, den Lebensgestal-
ten, den Landschaften, mit Bildern des Menschen, und diesen entweder in histori-
schen Wirklichkeiten wie Jeremias, Sokratesb, Lionardo, Spinoza, Goethe, oder in
typischen Gestalten, wie denen des Helden, des Heiligen, des Sehers, des Denkers.
Bilder können uns unmittelbar ergreifen; dann wird uns in ihrem Symbol eigent-
liche Wirklichkeit gegenwärtig. Dagegen sehen wir in schwebender Möglichkeit, ohne
zwingende Wirklichkeit, aesthetisch und daher unverbindlich die dichterischen Ge-
stalten, die Naturstimmungen, die Weisen der Weltbilder, die Gehalte des Welt- und
Menschendaseins.
Wird im Symbol der Bilder eigentliche Wirklichkeit erfasst, so ist doch diese nicht
auf anderem Wege gradezu, sondern nur durch das Symbol zugänglich. Das Symbol
bleibt daher schwebend zwischen Gleichnis und Wirklichkeit, wird zum blossen
a Dasein in der Mannigfaltigkeit des Drängens in der Abschrift Gertrud Jaspers hs. Vdg. für Seienden
b Sokrates im Ms. hs. Vdg. für Jesus