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Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 2, Band 1): Grundsätze des Philosophierens: Einführung in philosophisches Leben — Basel: Schwabe Verlag, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.69897#0200
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Grundsätze des Philosophierens

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cc. Das historisch Gegebene des Naturseins:
Es ist die räumlich-zeitliche Verteilung des real Gegebenen in der Welt. Diese Tat-
sachen stellt die Naturbeschreibung fest. Wie das Natursein gegenwärtig aussieht, zei-
gen Geographie und Kosmographie und die Beschreibung der Naturgestalten in Mi-
neralogie, Botanik, Zoologie, soweit sie morphologisch-systematisch sind.
Aus dem Gegenwärtigen werden Schlüsse gewonnen auf den zeitlichen Werdegang.
Gegenwärtige Befunde sind Relikte des Vergangenen. Sie sind zwar in ihrer Deutung
hypothetisch; aber die Deutungen gehen von fragwürdigen vorwegnehmenden Phan-
tasien bis zu fast gewissen Feststellungen von zeitlichen Tatsächlichkeiten. So sind die
geologischen Gestein[s] schichten eine Geschichte der Erde in der Zeit des Festgewor-
denseins ihrer Rinde; die Eigenschaften der radioaktiven Einschlüsse lassen das Alter
der Schichten in ihrer absoluten Zeitdauer weitgehend berechnen. Fragwürdig sind
fast alle astronomischen Hypothesen über die Geschichte der Sterne (über die Kosmo-
gonie), aber heute, da sie auf Tatsachen fussen, von wachsendem Interesse.
Was die Zeitdauer angeht, so ist eine Grundtatsache unseres natürlichen Men-
schendaseins, dass die dokumentarisch belegte Geschichte höchstens 6000 Jahre, die
infolge der technischen Verkehrsmöglichkeiten entstandene planetarische Einheits-
geschichte der Menschheit 400 Jahre, das Dasein von Menschen auf der Erdoberflä-
che hunderttausende, das des Lebens hunderte von Millionen Jahren, die Geschichte
der festen Erdrinde aber bis zu einer Milliarde von Jahren gedauert hat. -
Als historisch gegeben sind auch anzusehen die Naturkonstanten, diese unableit-
baren, quantitativ fixierbaren Faktoren, deren Tatsächlichkeit das Sosein des Allgemei-
nen in der Wirklichkeit bestimmt.
dd. Die radikalen Unlösbarkeiten:150
Im Forschen machen wir die Voraussetzung von der Erkennbarkeit der Welt. Ohne
diese Voraussetzung scheint alle Forschung sinnlos. Mit dieser Voraussetzung aber
scheitern wir, wenn wir ihre Consequenzen ziehen.
Doch diese Voraussetzung kann zweierlei bedeuten: Erstens die der Erkennbarkeit
von Gegenständen in der Welt, zweitens die der Erkennbarkeit der Welt im Ganzen. Nur
die erste Voraussetzung trifft zu; man kann in der Welt weiter und weiter schreiten, be-
sondere Gegenstände und universale Zusammenhänge, die doch immer wieder ein Be-
sonderes in der Welt, nicht die Welt sind, erkennen, und man kann nicht wissen, wie
weit, ins Grenzenlose voranschreitend, diese Erkenntnis kommen wird. Die zweite Vor-
aussetzung dagegen trifft nicht zu. Dass sie falsch ist, zeigt sich in radikalen Unlösbar-
keiten, welche zwar der besonderen inhaltlichen Forschung keine Schranken setzen,
wohl aber grundsätzlich eine Grenze des Wissenkönnens zeigen: Wie weit auch Er-
kenntnis kommen wird, sie wird nie die Welt im Ganzen erkennen. Die Welt im Gan-
zen als eine einzige, geschlossene entzieht sich dem Erkennen, ja es gibt sie für uns über-
haupt nicht im Sinne einer widerspruchslosen Denkbarkeit und Erfahrbarkeit.
 
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